Der Bodentemperatur per Infrarot auf der Spur

Infrarot (IR)-Thermometer sind bereits relativ kostengünstig erhältlich. In der Landwirtschaft eröffnen diese Geräte neue Möglichkeiten bei der Messung von Boden- oder Blatttemperatur.

1) Messung der Bodentemperatur am 16. Februar: links -4,5 °C in 6 cm Bodentiefe; rechts ?3,3 °C an der Bodenoberfläche. ©Willi Peszt
1) Messung der Bodentemperatur am 16. Februar: links -4,5 °C in 6 cm Bodentiefe; rechts ?3,3 °C an der Bodenoberfläche. ©Willi Peszt
Infrarot-Thermometer eignen sich zur Messung der Oberflächentemperatur vieler Gegenstände. Breite Anwendungsgebiete gibt es bei Temperaturmessungen an Gebäuden und Maschinen. Damit lassen sich beispielsweise Isolationsfehler an Mauerwerk, Wasserleitungen oder im Stall aufspüren. Im landwirtschaftlichen Ackerbau eignen sich diese Geräte gut zur einfachen Bestimmung der Boden- und Blatttemperatur. IR-Thermometer mit ausreichender Genauigkeit (meist ±1 bis ±2 °C) sind in der Preisspanne von etwa 60 bis 200 Euro im Baumarkt oder Elektronikhandel erhältlich.

Bodentemperatur

2) Die Blatttemperatur der Zimmerpflanze beträgt hier 26,6 °C (links), die Raumtemperatur wurde an einem weißen Blatt Papier mit 26 °C ermittelt (rechts). ©Willi Peszt
2) Die Blatttemperatur der Zimmerpflanze beträgt hier 26,6 °C (links), die Raumtemperatur wurde an einem weißen Blatt Papier mit 26 °C ermittelt (rechts). ©Willi Peszt
Im Ackerbau ist die Bodentemperatur der entscheidende Faktor, der insbesondere im Frühjahr den sachgerechten Bearbeitungszeitpunkt bestimmt. Optimal für eine Bodenbearbeitung sind laut Dietmar Näser (www.gruenebruecke.de) Bodentemperaturen über 8 °C. Erst ab dieser Temperatur wird das strukturaufbauende Bodenleben (z. B. Actinobakterien) aktiv. In der Natur sieht man das beispielsweise am Erblühen der wilden Steinobstarten (z. B. Schlehen).
Vielfach wird der Boden schon bearbeitet, wenn er zwar ausreichend abgetrocknet, aber noch zu kalt ist. Die nachteiligen Folgen sind nicht sofort sichtbar, weil bei einem aufgefrorenen Boden die Erde relativ schön krümelt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um stabile Krümel, die durch Ton-Humus-Komplexe gefestigt sind. Bereits beim nächsten Niederschlag besteht die Gefahr der Verschlämmung. Um dies zu vermeiden, braucht es ausreichende Bodentemperaturen, damit das Bodenleben eine stabile Krümelstruktur aufbauen kann.
Damit eine Messung mit einem IR-Thermometer ausreichend exakte Ergebnisse bringt, sollte der Boden mit einem Spaten in der Bearbeitungstiefe freigelegt werden. Die Temperaturmessung sollte dann im Bereich der Bearbeitungstiefe erfolgen. Abbildung 1 zeigt den deutlichen Temperaturunterschied zwischen Bearbeitungshorizont und Bodenoberfläche. Nach längeren Kälteperioden erwärmt sich der Boden nur langsam von der Oberfläche aus nach unten.

Blatttemperatur

Grüne Blattflächen erwärmen sich im Sonnenlicht stärker als z. B. ein weißes Blatt Papier. Im Sommer bzw. bei stärkerer Sonneneinstrahlung müssen die Pflanzen ihre Blätter durch Transpiration kühlen. Dafür ist eine ausreichende Wasseraufnahme erforderlich. Ist zu wenig Wasser verfügbar, dann kann die Blatttemperatur deutlich höher sein als die Umgebungstemperatur – ein typisches Signal für Wasserstress.
Abbildung 2 zeigt den Unterschied zwischen Blatt- und Raumtemperatur. Die Messung war im Februar nur an einer Zimmerpflanze möglich. Die Blatttemperatur liegt hier um etwa 0,6 °C über der Umgebungstemperatur. Im Freiland würde dies auf stressfreie Bedingungen hindeuten. Ingrid Hörner, Sachverständige für Bodenfruchtbarkeit, Trebur (D), nennt folgende Bedingungen für den sachgerechten Einsatz eines IR-Thermometers:

  • Die Pflanzenblattoberfläche muss trocken sein.
  • Windstärke bis maximal 5 m/sec.
  • Bei der Messung das Sonnenlicht im Rücken halten.
  • Das Thermometer sollte zuverlässig sein.
  • IR-Messungen am Laub nur während der Temperaturspitzen und den sonnigsten Stunden des Tages vornehmen. Stresssymptome sind am wahrscheinlichsten zwischen 11 und 16 Uhr im Sommer und zwischen 13 und 15 Uhr im Winter.
  • Achtung – an überdurchschnittlich kühlen Tagen lässt sich Pflanzenstress mit einem IR-Thermometer nicht messen.
  • Nach Durchzug einer Wolkendecke sollte die Messung erst erfolgen, wenn die Pflanze für zumindest zwei Minuten dem Sonnenlicht ausgesetzt war.
  • Der Messstrahl des Thermometers sollte immer senkrecht in der Blattmitte auftreffen.
  • Weiters sollte der Messstrahl nicht ins Leere gehen oder auf den Boden zeigen. Auch dies würde das Ergebnis verfälschen.
  • Je mehr Proben, umso zuverlässiger wird die Messung – deshalb immer mehrere Blätter testen, die Ergebnisse notieren und da­raus den Mittelwert bilden.
  • Zur Auswertung sollte schließlich die Temperaturdifferenz zwischen der durchschnittlichen Blatttemperatur und der Temperatur der Umgebungsluft ermittelt werden. Die Größe dieser Temperaturdifferenz ist ein direktes Maß für den Stressgrad der Pflanzen.

Die Temperaturdifferenzen sind wie folgt zu bewerten:
• Sehr gute Bedingungen für die Pflanze herrschen, wenn die Blätter nur um 1 bis 2 ° C wärmer sind als die Umgebungsluft.
• Temperaturdifferenzen ab etwa 4 °C zeigen Stress für die Pflanzen an.
• Sind die Blätter 10 °C wärmer als die Umgebungsluft, zeigt der Bestand ernsthaften Wasserstress. Die Ursache des Problems muss sofort bestimmt und behoben werden.
• Ursache Trockenheit – Bewässerung oder Reduktion der unproduktiven Verdunstung durch Hacken (sofern möglich).
• Ursache Unterbodenverdichtung – Tiefe der Verdichtungszone mittels Bodensonde feststellen. In der Folge günstige Bedingungen abwarten (z. B. im Sommer nach der Ernte bei trockenem und warmem Boden) und auf die festgestellte Tiefe lockern (nicht unnötig tief arbeiten!).
• Ursache gestörte Kalium-Aufnahme bei Trockenheit – Kalium-Blattdüngung.
Generell gilt: “Je kühler die Pflanzen während der Vegetationsperiode bleiben, desto höher wird der Ertrag und desto besser ist die Qualität der Ernte.
Aufschlussreich kann auch die Messung der Blatttemperatur der zwischen den Kulturpflanzen stehenden “Unkräuter” sein. Meist sind diese kühler. Beikräuter, die in einem akzeptablen Ausmaß auftreten, können auch nützlich sein – sie fördern die Artenvielfalt und das Bodenleben und kühlen auch den Bestand.
Rückmeldungen, Anregungen und Fragen: Willi Peszt, LK Burgenland, Tel. 02682/702 606.

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