Die Verfügbarkeit und der Preis von Erdgas bestimmen aktuell die Politik und auch den internationalen Finanzmarkt. Fast täglich beherrschen Meldungen über die nationalen Füllstände, Wartungsarbeiten an Pipelines oder auch die Gas-Notfallpläne der einzelnen Staaten, die Medien. Aber auch die heimische Landwirtschaft kämpft mit den Folgen der unsicheren Gas-Versorgung. Direkte Auswirkung der prekären Gas-Situation seien vor allem horrend gestiegene Düngermittelpreise: „Die Herbstaussaat auf Oberösterreichs Feldern naht. Bleibt Mineraldünger weiter für die Bäuerinnen und Bauern unerschwinglich oder fällt gar die Produktion aus, dann werden wir geringere Ernten und Qualitäten sehen“, fürchtet Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger. Um das deutlich zu machen, rechnet sie vor: „Eine Halbierung des Düngers führt zu einer Ertragsreduktion von circa einem Viertel.“
Marktprämienverordnung fehlt bis dato im EAG
Langer-Weninger will daher „raus aus der Abhängigkeit und rein in die Unabhängigkeit.“ Beste Maßnahme hierfür sei der Ausbau der erneuerbaren Energien. Investitionen in neue, erneuerbare Energiequellen werden derzeit auf Hochtouren getätigt. Auch Bäuerinnen und Bauern im ganzen Land haben die Notwendigkeit der Energiewende und die Chancen, die sich daraus für sie ergeben, bereits erkannt. „Die heimische Land- und Forstwirtschaft ist höchst motiviert und auch fähig dazu, die Energiewende stark zu pushen. Es gibt beinahe kein Hof-Dach mehr, dass keine PV-Anlagen installiert hat“, so Langer-Weninger.
Viele würden auch gerne Wärme und Strom in Biomasse- oder Biogas-Anlagen für die Bevölkerung zur Verfügung stellen. Einzig die gesetzlichen Grundlagen dafür fehlen bis dato. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ist zwar beschlossen, es mangle aber immer noch an einer zentralen Verordnung zur Umsetzung der EAG-Ziele, der Marktprämienverordnung.
Ohne dieser fehle es vielen bäuerlichen Energie-Erzeugern und Klein-Kraftwerksbetreibern an der notwendigen Rechtssicherheit für den Bau und Betrieb einer Biomasse- bzw. Biogas-Anlage. Aber nicht nur an der Umsetzung mangle es, sondern auch beim Verordnungsinhalt, wie Christoph Pfemeter vom Biomasseverband Österreich schildert: „Die im Entwurf festgesetzte Mindestvergütung muss an die erhöhten Bau- und Investitionskosten angepasst werden. Die Investitionskosten haben sich bei kleinen Anlagen um bis zu 40 Prozent (%) erhöht, das muss sich auch in der Marktprämienverordnung widerspiegeln.“
„Mit Biomasse haben wir eine nachhaltige Alternative zu Erd-gas direkt vor der Haustür.“
Michaela Langer-Weninger
Die Marktprämie garantiert einen Mindestabnahmepreis. Liegt dieser unter den Erzeugungskosten für Strom, müssen voll funktionsfähige Anlagen bei fallendem Strompreis abschalten. Gerade kleine Stromproduzenten würden diese Absicherung, brauchen, um überhaupt investieren zu können. „Eine Erhöhung des anzulegenden Wertes von 10 bis 15 %, also deutlich über 2 Cent/KWh, würde hier schon ausreichen“, so der
Experte.
Langer-Weninger unterstützt den Vorschlag des Biomasseverbandes, die Marktprämie deutlich zu erhöhen, erkennt aber auch die Notwendigkeit zum Handeln: „Es ist wichtig, bei der Gesetzgebung nichts zu überstürzen und genaue, umsetzbare Regelungen zu treffen. Doch jetzt im Klein-Klein stecken zu bleiben, wenn ein großes Problem vor der Haustüre steht, ist auch keine Alternative. Ich fordere vom Energieministerium die gesetzlichen Grundlagen zum Ausbau der erneuerbaren Energien rasch fertigzustellen. Nur so können wir uns von der Abhängigkeit vom Russengas lösen und Österreich in Richtung Klimaneutralität und Energie-Autarkie führen.“
In OÖ ist Biomasse Nummer eins unter den Erneuerbaren
In Oberösterreich nimmt Biomasse unter den erneuerbaren Energieträgern mit 48 % bereits den ersten Platz ein, gefolgt von Wasserkraft (36 %) und der Wind- und Solarenergie (16 %). „Diesen Anteil können wir aber noch ordentlich und dabei trotzdem nachhaltig ausbauen. Große Ressourcen bieten in Oberösterreich die Wälder. Laufend wächst dort mehr Holz nach, als genutzt wird. Der Holzvorrat beläuft sich inzwischen laut Waldinventur auf 166 Millionen Vorratsmeter – Tendenz steigend“, weiß Langer-Weninger. Aber auch die Verwertung von Feldresten, Wirtschaftsdünger und biogenen Abfällen biete noch ungenutztes Potenzial. „Durch die Nutzung dieser Energie-Rohstoffe vom Feld bzw. aus der Abfallwirtschaft kommt es zu keiner Konkurrenz von Energie- und Lebensmittelproduktion“, betont Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger. Vielmehr gehe es hier darum, ungenutztes Potenzial zu nutzen.
Aktuelle Situation in OÖ und vorhandenes Potenzial
Der Österreichische Biomasseverband geht davon aus, dass bis 2030 Bioenergie in Höhe von 340 Petajoule (PJ) nutzbar gemacht werden kann. Umgerechnet sind das 94 Terrawattstunden (TWh) und damit mehr Energie als in Österreich pro Jahr an Strom verbraucht wird (73 TWh). Bis 2050 wären sogar 450 PJ möglich.
Aktuell werden 59 Biogasanlagen sowie 340 Nahwärmeanlangen in Oberösterreich betrieben. Letztere leisten einen enormen Beitrag zur Wärmeversorgung, erzeugen sie doch jährlich aus einer Million Schüttraummeter Hackgut, 310 Megawatt an Wärmeleistung. Das reicht umgerechnet für 71.400 Haushalte, wenn man als Maßstab ein Energiesparhaus mit dem Jahresbedarf von 7.000 Kilowattstunden heranzieht. „Diese Anlagen versorgen die Haushalte aber nicht nur unkompliziert mit nachhaltiger Wärme aus der Region, sondern erzielen eine CO2-Reduktion von 156.000 Tonnen im Vergleich zu fossilen Energieträgern“, weiß die Agrarlandesrätin. Rechnet man noch die klimafreundliche Energieerzeugung (Strom und Abwärme) durch die 59 Biogasanlagen hinzu, werden pro Jahr rund 240.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) durch den Betrieb von Biomasse-Anlagen eingespart. „So geht Energiewende“, betont Langer-Weninger abschließend.
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- MLW Hackschnitzel C Hermann Wakolbinger: Foto: Hermann Wakolbinger