Auf der Alm wachsen die besten Kräuter

Eine Kräuterhex, die Kommunikationsdesign studiert hat? Das muss man erst suchen! Man findet sie in der Zammer Sanatoriumstraße, wo Mag. Michaela Thöni-Kohler (so ihr bürgerlicher Name), im Bauernhaus ihrer Schwiegereltern einen kleinen Kräuterladen betreibt. Eigentlich ist es ein alter Stadel, der sich besonders gut für ihren Beruf als Kräuterhexe oder sagen wir besser Kräuterfachfrau eignet. Michaela Thöni-Kohler:  „Warm und zugig muss es sein, damit die Feuchtigkeit entweicht und die Kräuter nicht schimmeln, außerdem mögen die Insekten keine Zugluft, also habe ich hier die besten Voraussetzungen, meine gesammelten Kräuter optimal trocknen zu können.“

Heil- und Genusskräuter

Der Sommer ist Sammelzeit und da macht sich Michaela während Schönwetterperioden (die Kräuter sollen trocken geerntet werden), regelmäßig ins Venet-Almgebiet auf, weil dort oben die besten Kräuter wachsen. „Unsere Familie besitzt droben sogar eine eingezäunte Wiese, auf der keine Kühe weiden und die ziemlich reichhaltige Ernte an Heil- und Genusskräutern liefert.“ Dass Kräuter, die in höheren Regionen wachsen, intensivere Wirkstoffe ausbilden, erklärt Michaela so: „In den angelegten Kräutergärten im Tal werden die Pflanzen gehegt, gepflegt und gegossen, in den Wiesenflächen der mittleren Regionen finden sie auch noch recht angenehme Verhältnisse vor, aber droben im Alm- und Berggebiet müssen sie sich unter schwierigen Bedingungen behaupten. Das macht sie widerstandsfähiger, dadurch entfalten sie größere Heilkraft. Außerdem bekommen sie auch mehr UV-Licht ab, was ebenfalls zur intensiveren Wirksamkeit beiträgt.“

Quelle: k. Wilhelm/Michaela Thöni-Kohler
Die Kräuterhexe beim Sammeln.

Geduld gehört dazu

Etwas Geduld braucht man dennoch, wenn man auf die Wirkung der Kräuter vertraut, egal ob man sie als Tee, als Tropfen oder als Kräuterschnapsl zu sich nimmt. Bei mehrwöchigen Kuren, so Michaela, können die Pflanzen die erhoffte heilsame Wirkung am besten entfalten. Danach sollte man die Kräuter wieder absetzen oder die Zusammensetzung ändern, weil auch bei Kräutern ein Gewöhnungseffekt eintreten kann.

Hirschgeweih-Werkzeug

Eine ihrer bevorzugten Heilkräuter ist die Meisterwurz, weil diese bei vielen Beschwerden lindernd wirkt – wie zum Beispiel bei Bauchweh, Magenverstimmungen und Fieberanfällen – und das Immunsystem und die Abwehr gegen Infektionskrankheiten stärkt.  Um die Meisterwurz zu ernten, muss man aber bis zum Herbst warten. Im Oktober und November, kurz bevor der Boden friert, macht Michaela sich auf in die Höhen, um die anstrengende Arbeit des Ausgrabens zu erledigen. Denn wie der Name schon sagt, wirkt nur die Wurzel der Meisterwurz meisterlich. Michaela trägt dabei ein besonderes Werkzeug in ihrem Korb: „Man soll nicht mit Metall nach den Wurzeln graben, also verwende ich dazu ein Hirschgeweih. Das eignet sich sehr gut für diese Arbeit!“

Altes Wissen wiederentdeckt

Michaela Thöni-Kohler gibt ihr Wissen in Büchern („Das Tiroler Kräuterbuch – 80 Heilpflanzen für Wohlbefinden und Genuss“, Tyrolia Verlag), aber auch in Seminaren und Exkursionen weiter. Was sie besonders freut: Dass nicht nur Touristen, sondern auch viele Einheimische dabei sind, die neugierig darauf sind, altes Wissen wiederzuentdecken. „Mich selbst hat schon mein Opa auf die Wichtigkeit der Kräuter hingewiesen, aber als Teenager hat mich das nicht so interessiert. Wie ein kleines Pflänzchen musste ich dabei auch erst zur Reife heranwachsen. Aber heute bin ich mit Leib und Seele eine Kräuterhex!“

Zuschriften: Irene Prugger freut sich über Rückmeldungen. Bitte per Mail an: irene.prugger@inode.at oder auf dem Postweg an die Redaktion der
Tiroler Bauernzeitung, Brixner Straße 1, 6020 Innsbruck

- Bildquellen -

  • K.WilhelmA7643: k. Wilhelm/Michaela Thöni-Kohler
  • PHOTO 2022 06 30 11 46 38: Irene Prugger
- Werbung -
AUTORIrene Prugger
Vorheriger ArtikelTotschnig: „Lebensmittelversorgung hat für mich absolute Priorität“
Nächster ArtikelWeniger Verwaltung, mehr Bürgerarbeit!