ASP: Schweinepreise um rund 25 % eingebrochen

Branchenvertreter pochen auf Schulterschluss entlang der Wertschöpfungskette

Jüngste Funde von mit Afrikanischer Schweinepest (ASP) infizierten Wildschweinen in Deutschland haben zu einer massiven Verunsicherung der gesamten Branche geführt. Zu den Leidtragenden zählen auch heimische Schweinebauern, weshalb Werner Habermann, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf, einen Schulterschluss entlang der gesamten Wertschöpfungskette einfordert. “Auch die Verarbeitungsbetriebe müssen sich in dieser schwierigen Situation zur heimischen Produktion bekennen und dem Wunsch der Kunden nach regionalen Produkten nachkommen.”

Überdruckventil China geschlossen

Während in Österreich der Selbstversorgungsgrad mit Schweinefleisch seit Jahren um die 100 % beträgt, wird in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern deutlich über dem Eigenbedarf produziert. Mit einer Eigenversorgungsquote von 117 % hat sich Deutschland in den letzten Jahren zum Europameister bei Schweinefleischexporten entwickelt, informiert Habermann. China war mit Abstand das wichtigste Abnehmerland deutscher Schweinefleischexporte. Von Jänner bis Juni 2020 konnten rund 230.000 t Schweinefleisch im asiatischen Raum abgesetzt werden – der Markt war somit komplett geräumt. “Mit dem Fund eines einzigen ASP-infizierten Wildschweins wurden diese Exporte untersagt und das Überdruckventil geschlossen. Was übrig bleibt: Für diese Mengen müssen Abnehmer auf dem europäischen Binnenmarkt gefunden werden”, klagt Habermann.

Möglichst lokale Produktion und nicht möglichst billig

Innerhalb der letzten Monate ist der heimischen Schweinepreis laut dem Experten um fast 25 % eingebrochen. Der Verkaufserlös für ein Mastschwein sei um rund 45 Euro abgesackt. “Die Schweinebauern stehen wieder einmal mit dem Rücken zur Wand. Für viele Betriebe ist die Schweinehaltung der Hauptbetriebszweig – diese sind dadurch in ihrer Existenz bedroht”, zeigt Franz Rauscher, Obmann der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf, auf. Alleine in den letzten Jahren hätten mehr als 5.000 Schweinehalter die Produktion aufgegeben.

Durch ASP-bedingte Exportbeschränkungen werden heimische Verarbeitungsbetriebe mit Lockangeboten aus Deutschland konfrontiert, kritisieren Habermann und Rauscher. “Es wird versucht, deutsches Schweinefleisch deutlich unter dem Normalpreis zu verramschen, wodurch die heimische Landwirtschaft und auch die Schlachtbranche noch mehr unter Druck gesetzt wird”, fordert Rauscher von den Verarbeitungsbetrieben, auf diese Lockangebote nicht einzusteigen. “Es braucht jetzt das Bekenntnis, Lebensmittel möglichst lokal und nicht möglichst billig produzieren zu wollen.”

Vom Produzenten bis zum Konsumenten

Bei Schweinefleisch wird in Österreich seit Jahren die durchgängige Herkunftskennzeichnung umgesetzt. In der Verkaufstheke kann dadurch Fleisch von österreichischen Schweinen eindeutig von importiertem Fleisch unterschieden werden. “Wenn es um Lebensmittel geht, soll jeder Konsument eine echte Wahlfreiheit haben, um sich bewusst für heimische, regionale Produkte entscheiden zu können”, so Rauscher.

Die heimische Landwirtschaft und Schweinehaltung sind im internationalen Vergleich kleinstrukturiert. Die wichtigsten Absatzmärkte für österreichisches Schweinefleisch werden auch künftig die Theken des Lebensmitteleinzelhandels sowie die Gastronomie sein – und nicht Exporte in den asiatischen Raum. Ein gemeinsames Handeln aller Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette sichert nicht nur längerfristig eine nachhaltige Produktion, sondern verringert auch die Abhängigkeit von Absatzmöglichkeiten am Weltmarkt, sind Habermann und Rauscher überzeugt. AIZ

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  • Wild Pig In The Old Forest: losonsky – stock.adobe.com
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