Üblicherweise werden die Sommermonate – aufgrund des geringeren Eierbedarfs – dazu genutzt die Ställe zu leeren sowie zu reinigen, um diese nach etwa drei Wochen wieder mit Junghennen zu belegen. Ob die Stallungen aber auch heuer wieder im vollen Umfang befüllt werden, sei derzeit noch mit großen Unsicherheiten verbunden. So bringe der Krieg in der Ukraine, neben Leid und Not über Millionen von Menschen, nämlich auch direkte Auswirkungen auf die heimische Lebensmittelerzeugung mit sich.
Große Unsicherheit – Ernte in Ukraine wird in Frage gestellt
Ob es dieses Jahr Weizen, Mais, Sonnenblumen und Soja aus der Ukraine – der sogenannten Kornkammer Europas – geben wird, ist stark von der Entwicklung des Krieges abhängig. Denn zum einen sei es derzeit nicht möglich, von dort Lagerbestände in die EU zu importieren und zum anderen werde es im Frühjahr durch fehlende Landarbeiter in der Ukraine eine massive Einschränkung der Aussaat geben: „Ukrainische Männer wurden eingezogen und kämpfen derzeit an der Front“, zeigt sich Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, besorgt. Darüber hinaus fehle es an Diesel für die Traktoren, welcher von der Armee beschlagnahmt wurde. Dadurch werde die diesjährige Ernte stark in Frage gestellt.
Dabei ist die Ukraine das weltgrößte Anbaugebiet für Sonnenblumen und liefert alleine mehr Soja als die gesamte EU zusammen. Falls die Ukraine also in den nächsten Wochen kein Soja säen kann, werde die Versorgung mit Donausoja – welches hierzlande für die gentechnikfreie Fütterung von Hühnern verwendet wird – schwierig werden. Weiters dämpfe die zunehmende Dürre im südlichen Österreich und in Ungarn die Ernteerwartungen für 2022.
Geflügelbranche stark von Rohstoffimporten abhängig
Die Geflügelwirtschaft ist jedoch stark von Rohstoffimporten abhängig. Kann die Versorgung mit Futtermitteln also in den nächsten Monaten nicht sichergestellt werden, müssen bereits jetzt Tierbestände reduziert werden. „Es ist zu hinterfragen, ob wir uns in der EU eine vierprozentige Flächenstilllegung und die Herstellung von Treibstoffen aus Getreide in nächster Zeit noch leisten können. Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich sieht dringenden Bedarf, die Stilllegung auszusetzen, um die Versorgung mit Tierfutter zu sichern. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU von 2023 bis 2027 muss bezogen auf Green Deal, Stilllegung etc. im Lichte der neuen Entwicklungen punktuell neu diskutiert werden“, betont Waldenberger.
Erzeugerpreis muss um fünf Cent pro Ei steigen
Weiters konnte in den vergangenen Jahren im Gegensatz zu Fleisch- oder Milchprodukten für Eier keine Preissteigerung erzielt werden. „Der Stellenwert, sodass wir kostendeckend produzieren können war nie da, doch jetzt brauchen wir dringend eine Preissteigerung. Der Handel muss in den nächsten Wochen ein klares Signal setzen, ansonsten können wir für die heimische Eierversorgung nicht mehr garantieren“, hält Franz Karlhuber, Obmann der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG), fest. Im Land ob der Enns möchten Legehennenhalter auch künftig verlässlicher Lieferpartner für Frischeier sein. Doch um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten, müsse der Erzeugerpreis pro Ei in allen Haltungsstufen um mindestens fünf Cent ohne Mehrwertsteuer angehoben werden. Für den Konsumenten bedeute dies, dass eine Zehner-Packung Eier um 50 Cent teurer werde: „Rechnet man dies auf den Jahresverbrauch hoch, ergeben sich pro Konsument Zusatzkosten von ungefähr 15 Euro jährlich“, so Karlhuber. Die Preisanhebung ermögliche der Landwirtschaft nicht nur eine Abfederung der Kostensteigerung, sondern auch die Beibehaltung der gentechnikfreien Fütterung sowie weiterer hoher Tierwohlstandards, die hierzulande gegeben sind.
Aus dem Ruder gelaufen: Futterpreise steigen enorm
Denn seit September 2020 sei der Preis für Legehennenfutter um 13,30 Euro pro 100 Kilogramm gestiegen. Aktuell liege der Futterpreis bei einer Abnahme von drei Tonnen nun bei circa 44 Euro pro 100 Kilogramm ohne Mehrwertsteuer. Weitere Preissteigerungen wurden bereits angekündigt. Denn aufgrund der schlechten Rohstoffverfügbarkeit durch die Ukrainekrise gehen einzelne Futtermittellieferanten von weiteren 20 bis 25 Prozent Futterkostensteigerungen aus. „Derzeit ist es für Legehennenhalter mit Ackerbau finanziell günstiger, die Legehennenhaltung zu beenden und sich auf den Verkauf von Ackerfrüchten zu konzentrieren“, betont Gerold Sterrer, Obmann-Stellvertreter des Geflügel-Verbandes Oberösterreich. Aufgrund der höheren Futterkosten spreche man bei der Junghenne von einer Preissteigerung von 85 Cent je Henne, was einem Plus von 50 Prozent gleichkomme: „Das bedeutet, dass eine Junghenne im Herbst 2022 ungefähr einen Euro mehr kosten wird als noch vor zwei Jahren“, so Sterrer ergänzend.
Konsumenten-Anforderungen erfüllt: Abgeltung jetzt wichtig
Das Ei habe eine rasante Qualitätsentwicklung durchgemacht und wurde von einem „No-Name Produkt“ zu einem Lebensmittel mit Rückverfolgbarkeit. Weiters arbeite man in der Geflügelwirtschaft daran energieautark zu werden. „Unsere Bauern haben – im Sinne der Konsumenten – wie zum Beispiel im Tierwohlbereich sehr viel investiert“, so Karlhuber. Nun brauche es jedoch eine faire Abegeltung. „Schaffen wir es nicht die gestiegenen Futterpreise abzufedern, können viele die Stallungen nicht mehr nachbesetzen. Denn Legehennenbetriebe können so nicht mehr kostendeckend arbeiten“, so Sterrer abschließend.
Quelle: Foto: LK OÖ
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- Gerold Sterrer, Obmann-Stellvertreter des Geflügel-Verbandes OÖ, Franz Waldenberger, Präsident der LK OÖ und Franz Karlhuber, Obmann der ZAG (v. l.): Foto: LK OÖ
- Während der Preis für Obst, Gemüse und Kartoffeln sowie von Molkereiprodukten, Fleisch und Wurstwaren gestiegen ist, blieb der Eierpreis nahezu gleich. Preissteigerungen in der Eierwirtschaft wurden somit nicht abgegolten. Jetzt sei es dringend an der Zeit dies nachzuholen.: Foto: adobestock.com – Apiwat; grafik: BZ JANK; Quelle: Rollama/KEYQUEST