„Die heimische Ferkelproduktion steht kurz vor einer Zäsur“, warnte Johann Stinglmayr, Geschäftsführer der VLV-Ferkelringe, Anfang dieser Woche bei einer Pressekonferenz über die Zukunft der Sauenhalter in Oberösterreich. Obwohl es noch nie so eine „professionelle und leistungsstarke Ferkelerzeugung“ gab wie derzeit, ziehen sich immer mehr bäuerliche Familienbetriebe aus der Produktion zurück. Hauptgrund dafür sei jedoch nicht die aktuell schlechte Preis- und Absatzsituation: „Die Bauern sind die Volatilität am Schweinemarkt gewohnt, aber sie haben das Vertrauen in stabile Rahmenbedingungen verloren“, so Stinglmayr.
Er kritisierte, dass Produktionsauflagen und Tierschutzmaßnahmen nicht mehr von politischen Entscheidungsträgern getroffen werden, sondern den Bäuerinnen und Bauern von NGO‘s und Handelsketten diktiert werden. Aktuell werde von diesen „selbsternannten Experten“ eine systematische Vollnarkose bei der Ferkelkastration als Tierwohlmaßnahme verkauft. Die Wahl der richtigen Dosierung zwischen Schmerzfreiheit und geringer Sterblichkeit sei jedoch eine Gradwanderung. Als „hochproblematisch“ bezeichnet Stinglmayr die Aufwachphase: „Wer einmal diesen mehrstündigen Kampf der betroffenen Tiere gesehen hat weiß, das ist keine Tierwohlmaßnahme.“ Das Thema Ferkelkastration sei derzeit nur eines von vielen, doch bringe es laut Stinglmayr „das Faß aktuell einfach zum Überlaufen.“
Ferkelerzeuger brauchen Planungssicherheit
Bei der Sauenhaltung gab es in den vergangenen Jahren einen eindeutigen Produktionsrückgang zu verzeichnen (siehe Grafik). Auch Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, selber Ferkelzüchter, sieht deshalb diese Branche als Einkommens-Grundlage für viele Familiebetriebe in Oberösterreich stark in Gefahr: „Die permanenten Angriffe und Forderungen von NGO‘s gefährden die heimische Ferkelproduktion. Sie glauben mit diesen Forderungen kleine Betriebe erhalten zu können, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die Betriebe werden aus dem Markt gedrängt“, so Hiegelsberger. Auf den Betrieben herrsche große Unsicherheit sowie ein fehlender Zukunftsglaube. Stinglmayr und Hiegelsberger sehen nur noch wenig Zeit diesem Trend entgegenzuwirken und die Ferkelerzeugung aufrechtzuerhalten. Ansonsten sei die Selbstversorgung mit Schweinefleisch in Österreich bald Geschichte.
Die Umstellung auf die Sauen-Gruppenhaltung und die Einführung von Bewegungsbuchten im Abferkelbereich seien für die Ferkelerzeuger bereits zwei massive Veränderungen seit dem EU-Beitritt gewesen. Es brauche daher wieder Planungssicherheit: „In solche Systeme kann man nur investieren, wenn man 20 bis 25 Jahre Zeit für die Abschreibung hat“, erklärte der VLV-Ferkelringe-Geschäftsführer.
Aktuell liegt der Ferkelpreis mit circa 55 Euo pro Tier auf dem schlechtesten Wert seit dem EU-Beitritt. Stinglmayr rechnet jedoch zu Jahresende mit einem Durchschnittspreis von 65 Euro je Ferkel. Im Vergleich dazu lag der Durchschnittspreis 2017 bei
81 Euro pro Ferkel: „Das wäre jener Preis den die Branche langfristig bräuchte um Investitionen tätigen zu können und die Abschreibung zu gewährleisten“, so Stinglmayr.
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