Bessere Filter für besseren Schutz

Landwirte sind bei ihrer Arbeit auf dem Feld einer Vielzahl von potenziellen Schadstoffen ausgesetzt, allen voran Substanzen von Pflanzenschutzmitteln. Dementsprechend wichtig sind hochwertige Kabinen mit entsprechend modernen mehrstufigen Filtersystemen.

Über Schuhe und Kleidung können Fahrer große Partikel in die Kabine tragen.

Pflanzenschutzmittel helfen wesentlich bei der Maximierung von Erträgen und tragen damit dazu bei, dass die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln gesichert bleibt. Es gibt Schätzungen, nach denen ohne Pestizide jedes Jahr weltweit 78 Prozent der Obst- , 54 Prozent der Gemüse- und 32 Prozent der Getreideernten vernichtet würden. Als Abwehrmittel gegen Insekten, Pilze und Pflanzen, die das Wachstum von Nutzpflanzen beeinträchtigen können, sind diese Mittel für stabile Ernten essenziell. Entsprechend umfangreich kommen sie zum Einsatz: Mehrere Millionen Tonnen Pestizide leisten weltweit jährlich ihren Dienst.

Leider können diese Mittel aber auch die menschliche Gesundheit gefährden. Zu den Risikoanwendern gehören Menschen, die große landwirtschaftliche Fahrzeuge wie Traktoren, Erntemaschinen und selbstfahrende Sprühgeräte bedienen. Insbesondere bei Wind oder beim Abbremsen vor einer Kurve können die Fahrer mit schädlichen Mengen von Staub, Aerosolen, Gasen oder Dämpfen von außen in Kontakt kommen – und damit auch Spuren der Chemikalien aufnehmen, die sie auf dem Feld versprühen.

Sicherheitsfilter

Um diesen Gefahren vorzubeugen, führt an der Filtration der Kabinenluft kein Weg vorbei. Folglich definiert auch die EU-Norm EN 15695 diesen Vorgang als Eckpfeiler der Bedienersicherheit und definiert vier Kabinenkategorien. Diese reichen von keinerlei Schutzwirkung (Kategorie 1), über Schutz vor Stäuben (Kat. 2, herkömmliche Traktorkabinen), Schutz vor Stäuben und Aerosolen (Kat. 3) bis hin zu einem umfassenden System (Kat. 4), das auch Dämpfe beinhaltet. Kabinen der beiden letzteren Kategorien wurden speziell für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln konstruiert. Hierzu gehört neben dem geeigneten Filtersystem etwa auch ein definierter Überdruck in der Kabine mit einer entsprechenden Anzeige. Während die Fahrerkabinen neuer Selbstfahrer in der Regel entsprechenden Schutz bieten, ist dieser bei Traktoren in vergleichsweise geringem Ausmaß verfügbar. Teilweise ist jedoch eine Aufrüstung von Modellen der Kategorie 2 zu einem geringen Kostenaufwand möglich.

Generell ist auch beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln in geschlossenen Kabinen grundsätzlich die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu tragen. Lediglich in Kabinen der Kategorie 4 kann auf diese komplett verzichtet werden. Möglich wird das u. a. durch spezielle Filtersysteme in der Maschine. „Ihr überwiegend mehrstufiger Aufbau kann das gesamte Spektrum an unterschiedlichen Stäuben, Aerosolen, gasförmigen und dampfförmigen Verunreinigungen zuverlässig abscheiden“, so Giacomo Menzio von Freudenberg Filtration Technologies. Voraussetzung dafür ist, dass das Filtersystem gut eingebaut ist und einwandfrei arbeitet. Vorgaben des Herstellers zum Filterwechsel bzw. Anzeigen im Fahrzeug sind zu beachten.

Bei mehrstufigen Filtern fängt jede Schicht eine andere Partikelgröße ab, von groben bis hin zu Partikeln im Nanobereich. Das Filtermedium der ersten Schicht kümmert sich um größere Partikel und faserigen Staub. Gegen grobe Partikel hat sich eine offene Faltenstruktur besonders bewährt. Die nachfolgenden Aerosol- und Dampfschichten scheiden mit immer feineren Medien Partikel im Nanometer- und ppm-Bereich (parts per million) ab und erfordern dazu unterschiedliche Filtrationsmaterialien. So muss die Aerosolschicht die Anforderungen an hocheffiziente Schwebstofffilter (HEPA-Filter) erfüllen, die typischerweise in Reinraumanwendungen oder Operationssälen in Krankenhäusern vorkommen.

Auch die Gesetze der Physik helfen dabei, die hohen Filtrationsanforderungen zu erfüllen. Je kleiner die Partikel werden, desto stärker folgen sie der sogenannten Brownschen Molekularbewegung der umgebenden Luftmoleküle. „Die Aerosole schweben innerhalb des Filtermaterials umher, wodurch es wahrscheinlicher wird, dass sie sich an einer Faser festsetzen“, so Maik Sieh von Freudenberg Filtration Technologies. Dieser Effekt tritt vor allem bei Partikeln im Nanometerbereich auf und kann dabei helfen, Aerosolfilter noch effizienter zu machen.

Kohlenstoff wird aktiv

Bei den gasförmigen Molekülen ist die Herausforderung noch größer. Sie folgen zwar ebenfalls der Brownschen Bewegung, sind aber aufgrund ihrer mikroskopischen Größe noch schwieriger zu fassen. Deshalb wird ein spezielles Material benötigt. Aktivkohle gilt in diesem Zusammenhang als die beste Wahl. Aufgrund ihrer Oberfläche – 5 Gramm Aktivkohle haben die innere Oberfläche eines Fußballfeldes – schließt sie organische Gasmoleküle wirksam in ihrer porösen Struktur ein.

In der Dampffiltrationsstufe kommt oft eine Mischung aus Aktivkohle und Keramik zum Einsatz, um den Filter noch stabiler zu gestalten. Dies ist wichtig, da landwirtschaftliche Arbeiten oft starke Maschinenvibrationen erzeugen. Gesinterte Keramik beispielsweise bietet dem fragilen Kohlenstoff die nötige robuste Struktur. Durch den Sinterprozess entsteht eine wasserbeständige Oberfläche, die den harten Umwelteinflüssen und physikalischen Bedingungen beim Sprühen standhält.

Auch Umluft wird gefiltert

Bedienern landwirtschaftlicher Maschinen sollte bewusst sein, dass Verunreinigungen selbst durch das Öffnen von Türen oder Fenstern nach drinnen gelangen können – etwa während einer Pause. Über Schuhe und Kleidung können Fahrer große Partikel in die Kabine tragen. Auch Verunreinigungen wie diese gilt es, mit allen Mitteln abzufangen. „Die Filtration der Luft, die die Lüftungsanlage umwälzt, ist ebenfalls wichtig. Nur so lässt sich eine für den Fahrer angenehme Luftqualität erreichen“, erklärt Sieh.

Eine Kabine muss deshalb nicht nur einen Überdruck gewährleisten, damit keine Schadstoffe von außen eindringen. Sie braucht auch entsprechende Umluftfilter, um Verunreinigungen aus der Kabinenluft selbst zu entfernen. Für die kommenden Jahre rechnen Experten mit wichtigen Entwicklungen im Bereich der Filtration. Neben der anhaltenden Nachfrage nach mehrstufigen Filtern wird sie weiterhin die Aufgabe beschäftigen, wie sich die Leistung von Innenraumluftfiltern optimieren lässt. „Die Digitalisierung wird die Branche in naher Zukunft prägen, wenn intelligente Wartung zur Routine wird“, so Menzio. Er glaubt, dass Vorfiltrationsstufen beitragen werden, die Lebensdauer von Innenraumluftfiltern zu verlängern, insbesondere unter den extremen, für landwirtschaftliche Anwendungen typischen Arbeitsbedingungen.

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  • Traktor mit Fahrer: peopleimages.com - stock.adobe.com
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AUTORred. M.S.
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