Extensiv genutztes Grünland beherbergt eine hohe Artenvielfalt, übernimmt als Kohlenstoffspeicher eine wichtige Funktion für den Klimaschutz und ist Ort der Futter- und Nahrungsmittelproduktion. Diese Ökosystemleistungen sind jedoch gefährdet, wenn zu intensiv genutzt wird. Forscher des UFZ haben nun im Fachmagazin Remote Sensing of Environment beschrieben, wie man mittels Satellitendaten und dem Einsatz von Methoden des maschinellen Lernens die Landnutzungsintensität beurteilen kann.
Im Juni 2015 startete die Raumfahrtmission Sentinel-2 mit dem Erdbeobachtungssatellit Sentinel-2A, im März 2017 wurde Sentinel-2B auf die Reise geschickt. Seitdem kreisen die beiden Satelliten im Weltall in einer Höhe von fast 800 Kilometern und liefern als Teil des Copernicus-Programms der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) unter anderem Daten für den Klimaschutz und die Landüberwachung. Alle drei bis fünf Tage machen sie Aufnahmen im sichtbaren und infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, die dank einer sehr hohen Auflösung von bis zu 10 Metern beste Voraussetzungen liefern, um zum Beispiel Veränderungen der Vegetation zu erkennen. Diese frei zugänglichen Daten nutzte ein interdisziplinäres Forscherteam des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), um daraus beispielhaft für die Jahre 2017 und 2018 zu untersuchen, wie intensiv in Deutschland Grünland genutzt wird – eine Fläche, die nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 4,7 Millionen Hektar und damit fast 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmacht. „Wir brauchen mehr Informationen zur Landnutzungsintensität von Grünland, um die Stabilität und die Funktionsweise unserer Ökosysteme besser verstehen zu können. Je intensiver Grünland genutzt wird, umso stärker werden die Primärproduktion, der Stickstoffeintrag oder die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaveränderungen beeinflusst“, sagt Erstautor Dr. Maximilian Lange. Er forscht als Wissenschaftler im UFZ-Department Remote Sensing, das in das gemeinsam von UFZ und Universität Leipzig betriebene „Remote Sensing Centre for Earth System Research“ eingebettet ist.
Der UFZ-Wissenschaftler leitete nun für Deutschland aus den Satellitendaten mit einer Auflösung von 20 Metern flächendeckend Aussagen zur Mahdhäufigkeit, zur Intensität der Beweidung durch Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen sowie zur Düngung ab. „Das Ausmaß dieser drei Managementarten entscheidet maßgeblich über die Nutzungsintensität“, sagt Maximilian Lange. Für die Mahdfrequenz definierte er Klassen von 0 (nicht gemäht) bis 5 (fünf Mal pro Jahr gemäht), aus einem Mix aus Anzahl, Art und Alter der Tiere errechnete er die Beweidungsintensität von 0 bis 3 (stark beweidet); bei der Düngung unterschied er zwischen gedüngt und nicht gedüngt. Diese drei Kategorien fasste er zu einem Index zusammen, der die Bewirtschaftungsintensität einer Grünlandfläche von „extensiv“ bis „intensiv“ wiedergibt.
Um aus der Menge an Messwerten, die die Forscher aus den Satellitenaufnahmen erhielten, Informationen zu den drei Nutzungsparametern herauszuziehen, setzte er auf die Künstliche Intelligenz (KI). „KI kann sehr effizient Informationen aus komplexen Daten gewinnen, die der Mensch nicht mehr erfassen kann. Algorithmen des maschinellen Lernens können mittels Referenzdaten Muster in den Satellitendaten erkennen, die wir dann auswerten und weiterverwenden können, um flächenhafte Aussagen zu treffen“, sagt der Forscher. Bei den Referenzdaten setzte Maximilian Lange auf Freilanddaten aus drei Biodiversitäts-Exploratorien, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Hainich, in der Schorfheide und der Schwäbischen Alb finanziert.
Um zu beurteilen, wie genau maschinelles Lernen aus den Satellitendaten die tatsächliche Grünlandnutzung erkennt, setzte Lange auf zwei Algorithmen: zum einen auf Random Forest, eine Standardmethode in der Fernerkundung zur Klassifizierung der Landbedeckung, zum anderen auf die Deep Learning-Methode CNN (Convolutional Neural Networks), die vor allem in der Bildverarbeitung eingesetzt wird. Das Ergebnis: „Beide Methoden bilden die Realität gut ab, die CNN-Methode sogar noch etwas besser“, sagt Lange. Um in einem weiteren Schritt die Plausibilität der Satellitendaten zu untersuchen, überprüfte er die Ergebnisse in vier exemplarischen Regionen in Deutschland. Zwei dieser Regionen (Oberallgäu, Dithmarschen) sind für ihre intensive Grünlandnutzung bekannt, während eine in der Nähe des Biosphärenreservats Rhön nur moderat und die andere als Naturschutzgebiet in Sachsen-Anhalt nur gering bewirtschaftet wird. Auch bei diesem Abgleich stimmten die Ergebnisse aus der Fernerkundung mit denen aus der Praxis überein.
Insgesamt fand das UFZ-Team für Deutschland heraus, dass das Grünland 2018 weniger intensiv genutzt wurde als im Jahr 2017. „Dies ist vor allem auf die Dürre im Jahr 2018 und den damit verbunden Produktivitätsverlust des Grünlands zurückzuführen“, sagt Dr. Daniel Doktor, Letztautor der Publikation und Leiter der Arbeitsgruppe Landbedeckung am UFZ. Den Berechnungen zufolge wurden beispielsweise im Jahr 2018 64 Prozent des Grünlands nicht gemäht, 2017 waren es nur 36 Prozent. „Die Ergebnisse zeigen auch, wie regional unterschiedlich Grünland in Deutschland genutzt wird. In Regionen wie dem Allgäu oder in Schleswig-Holstein ist die Pflege zum Teil sehr intensiv, in Brandenburg oder Teilen Sachsens dagegen deutlich extensiver“, bilanziert er. Diese Auswertung sei aber erst ein Anfang. Um mit den Algorithmen des maschinellen Lernens zu noch genaueren Aussagen zu kommen, seien präzisere Managementdaten aus weiteren Regionen Deutschlands nötig.
https://www.ufz.de/land-use-intensity/de
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- Gruenland: UFZ