Betreiber von Biogasanlagen in Planungsnot

Bereits seit drei Jahren weisen die Interessenvertreter der Biogasanlagenbetreiber darauf hin, dass es gesetzliche Nachfolgeregelungen braucht, da in den nächsten Wochen die Förderverträge des Bundes für Biogasanlagen auslaufen werden. Eine

Aussteigen oder die Biogasanlage weiter betreiben mit einem Effizienz-gekoppelten Nachfolgetarif und Einschränkungen beim Substrateinsatz - diese Wahl bietet die geplante Novelle zum Ökostromgesetz. ©Agrarfoto.com
Aussteigen oder die Biogasanlage weiter betreiben mit einem Effizienz-gekoppelten Nachfolgetarif und Einschränkungen beim Substrateinsatz – diese Wahl bietet die geplante Novelle zum Ökostromgesetz. ©Agrarfoto.com
Der Strommarkt befindet sich im Umbruch”, betonte Wirtschaftsminister und ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Beim Energiekongress in Salzburg vergangene Woche führte der Minister aus: “Sinkende Energiepreise, die Verwerfungen am europäischen Markt und neue politische Weichenstellungen, wie die Klimaziele der EU und des Pariser Abkommens, erfordern neue Wege. Um unsere Versorgungssicherheit auch in Zukunft zu wahren, erneuerbaren Energien auszubauen und zugleich leistbar zu halten, forcieren wir derzeit ein zweiteiliges Ökostrompaket.”

Entwurf einer Novelle zum Ökostromausbau

Im Zuge einer ersten Novelle soll der Ökostromausbau “mit raschen Optimierungen” vorangetrieben werden. Der Entwurf liege bereits vor. Zum Beispiel soll die gemeinsame Nutzung von Erzeugungsanlagen -also primär Photovoltaik – in Mehrfamilienhäusern ermöglicht werden. “Derzeit ist das sehr kompliziert und nahezu ungenutzt. Indem wir dieses Modell vereinfachen und unbürokratischer anbieten, können wir vorhandene Potenziale besser heben”, sagte Mitterlehner. Weiters plant Mitterlehner eine Entbürokratisierung bei der Anerkennung von Ökostromanlagen, verbesserte Antragsfristen für Windkraftanlagen und ein höheres Kleinwasserkraft-Förderkontingent. Ebenfalls ein wichtiges Thema sind Biogasanlagen, für welche die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen geplant sind.

Ausstiegshilfe geplant

Im Regierungsprogramm von 2013 ist festgehalten, dass bestehende, hocheffiziente wärmegeführte Biogasanlagen der zweiten Generation (Schwer-punkt Reststoffverwertung) durch Nachfolgetarife gesichert werden sollen. Für alle anderen Biogasanlagen sei eine “Stranded Cost”-Lösung anzustreben. Nicht oder weniger effizienten Biogasanlagen soll also der geordnete Ausstieg ermöglicht werden. Viele Biogasanlagenbetreiber sehen darin aber ein Problem, denn mit Inkrafttreten des Ökostromgesetzes 2002 starteten viele Betreiber mit hohen Investitionen in ihre Anlagen. Die Förderverträge des Bundes laufen in den nächsten Wochen aus. Die Biogasanlagenbetreiber forderten eine Verlängerung der Verträge. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Kompost & Biogas, Bernhard Stürmer, erklärte der BauernZeitung: “Da der Großteil der Anlagen mit Grund und Boden aus der Landwirtschaft für das Versprechen der Politik im Jahr 2002 eingestanden ist, sind nun viele bäuerliche Existenzen bedroht.” Die Interessenvertretung weise seit mehr als drei Jahren darauf hin, dass es eine Nachfolgeregelung für Biogasanlagen brauche. Denn mit dem Auslaufen des Ökostromtarifs stünden viele Betreiber vor der Situation, dass noch bestehende Kredite nicht mehr zurückgezahlt und bestehende Verpflichtungen, wie die Wärmelieferung, nicht mehr bedient werden könnten.

Leistungen der Branche nicht in Abrede stellen

Den seit einem halben Jahr vorliegenden Novellen-Entwurf zum Ökostromgesetz sieht die Biogasbranche als “das absolute Minium” an. Seitens der Arge Kompost & Biogas stünde man hinter den Forderungen nach mehr Effizienz und dem verstärkten Einsatz von agrarischen Reststoffen als Substrat. Allerdings ließe man sich als Branche die bereits erreichten Weiterentwicklungen nicht in Abrede stellen, so Stürmer. So stieg der Effizienzgrad von rund 50 Prozent (%) auf mehr als 55 % an. Die Betreiber investierten Millionen in Wärmenetze und Wärmedienstleistungen. Auch die Technikkomponenten auf den Anlagen entwickelten sich weiter und führten zur Steigerung der Energieverfügbarkeit, erklärte Stürmer.

Weniger Investitionen

Durch das lange Hintanhalten der notwendigen gesetzlichen Änderungen sei es aber leider dazu gekommen, dass die Betreiber in den vergangenen Jahren kaum noch investierten und ihre Anlagen kaum noch weiterentwickelten. Die Betreiber hätten die Planungssicherheit bereits vor mindestens eineinhalb Jahren gebraucht, um sich auf die sich ändernden Rahmenbedingungen einstellen zu können, so der Arge-Geschäftsführer. Doch selbst wenn die Gesetzesnovelle umgesetzt werde, könne man noch nicht von Planungssicherheit sprechen. Das bedeutet für den Betreiber, dass er noch nicht entscheiden kann, welche der beiden Alternativen für ihn passen kann, die lauten: Weiterbetrieb mit einem Effizienz-gekoppelten Nachfolgetarif und Einschränkungen beim Substrateinsatz oder Abschalten der Anlage, um einen Teil der ausstehenden Kredite und Verbindlichkeiten zurückzubekommen, erklärte Stürmer die vorgesehene Novelle.

Biogas kommt den Anforderungen nach

Aufgrund der Effizienz sei eher davon auszugehen, dass mehr als drei Viertel der Anlagen im Vergleich zu fossilen oder atomaren Kraftwerken als hocheffizient bezeichnet werden können. Die österreichischen Haushalte hätten in den vergangenen 13 Jahren viel Geld dafür bezahlt, um Ökostromkapazitäten aufzubauen, welche mit zunehmendem Anteil an Wind und Photovoltaik dringend gebraucht würden, erklärte Stürmer weiter, denn Biogas sei jene Technologie, die den Anforderungen einer modernen, flexiblen Energiewirtschaft am besten nachkommen könne. “Biogas kann im Winter, wenn wenig Wasser und Sonne zur Verfügung stehen, die Stromproduktion erhöhen, im Sommer wieder drosseln. Biogas kann auf tageszeitliche Schwankungen aufgrund des sich ändernden Stromverbrauchs und des Sonnenstroms reagieren. Selbst kurzzeitigen Leistungsänderungen aufgrund von Windböen und -flauten kann mit Biogas entgegen- gewirkt werden”, hob Stürmer die Vorteile hervor. Die Biogastechnologie entwickele sich rasant in diese Richtung. Denn wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wo es keine Kohle- und Atomkraftwerke mehr gibt und die Leistung von Wind und Photovoltaik über die 100%-Schwelle steigt, wird es immer wichtiger, regelbare Kapazitäten nutzen zu können. “Und bei Biogas wird die Last verschoben und nicht die Energie vernichtet”, so Stürmer.

Wann die Novelle kommt, ist noch offen

Österreich verfügt traditionell über einen hohen Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung. 2015 lag dieser nach ersten Auswertungen bei insgesamt 74 % des energetischen Endverbrauchs bei Strom, besagt der jüngste Ökostrombericht. Der Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbands, Josef Plank, betonte dazu, dass 100 % Ökostrom nur mit Bioenergie möglich seien. “Der Ausbau der Ökostromproduktion aus Bioenergie ist in Österreich praktisch seit dem Jahr 2008 nicht mehr existent. Nun gilt es, die kleine Ökostromgesetz-Novelle noch heuer zu beschließen, damit die gesamte Branche der erneuerbaren Energien optimistisch in die Zukunft blicken kann.”
Welche Konsequenzen die Biogasbranche aus der Novelle ziehen wird, steht erst fest, wenn diese endgültig vorliegt und beschlossen wird. Ein konkreter Termin dafür ist bislang noch nicht bekannt.

Leistungen: 300 Biogasanlagen sorgen für …

• Strom für 160.000 autonome Haushalte
• genutzte Wärme im Gegenwert von 40 Mio. l Heizöl extra leicht (HEL)
• Biomethan im Gegenwert von 9,6 Mio. m³ Erdgas
• Dünger im Gegenwert von 40.000 t Handelsdünger
• CO2-Einsparung von mehr als 600.000 t
• regionale Wertschöpfung von jährlich 120 Mio. Euro
• 3300 volle Arbeitsplätze (u. a. Elektriker, Installateure, …) durch die Produktion
• Investitionstätigkeiten seit 2002 von rund 625 Mio. Euro (davon rund 80 % für österreichische Firmen)
• weitere 3300 volle heimische Arbeitsplätze, aufgrund der Investitionstätigkeiten.

Eva Zitz

 ©Quelle: ARGE kompost und biogas nach Koller, 2015
©Quelle: ARGE kompost und biogas nach Koller, 2015

- Werbung -
Vorheriger ArtikelJungbauernschaft sucht die innovativsten Jungbauern
Nächster ArtikelCopa-Cogeca: EU-Gesetz gegen unfairen Handel