Die letzte von vier Dänemark-Reportagen ist den 12 Millionen Minks gewidmet, die 2020 ihr Leben lassen mussten. Über die Mink-Bauern und den umstrittenen politischen Tötungsbefehl wird in Dänemark mindestens so emotional debattiert, wie über den Wolf im Alpenraum.
Minks, auch unter dem Begriff Nerze bekannt, sind kleine Pelztiere mit einem weichen, dichten Fell, das in den meisten Fällen braun gefärbt ist. Charakteristisch sind die weißen Flecken an Kinn, Kehle und am Bauch. Die Raubtiere gehören zur Familie der Marder, kommen ursprünglich aus Nordamerika und werden in Europa für Pelze gezüchtet.
Dänemark war bis November 2020 Exportweltmeister bei Pelzen, 40 % der weltweit produzierten Pelze kamen aus dem nordischen Land. Wie in anderen landwirtschaftlichen Sektoren auch haben dänische ‚Nerz-Bauern‘ ihre Produktion über Jahrzehnte professionalisiert und Wertschöpfungsketten automatisiert. Martin Merrild, der ehemalige Vorsitzende des Dänischen Landwirtschafts- und Ernährungsrates, war bis November 2020 ebenfalls Mink-Bauer in Westjütland und schilderte uns bei einem Besuch in Dänemark die Hintergründe rund um den 4. November 2020.
Tötungsbefehl
Auf einigen dänischen Nerzfarmen wurden Anfang November 2020 mit Covid-19 infizierte Tiere gefunden, auch auf der Farm von Merrild. Es handelte sich um Mutationen des Virus, die auch für Menschen eine Gefahr darstellten. In dänischen Regierungskreisen schrillten angesichts dieser Information die Alarmglocken. Sämtliche Interventionen und Informationen zu den betroffenen Beständen, auch seitens der landwirtschaftlichen Interessenvertretung, wurden überhört, schließlich auch überstimmt. Der Krisenstab der Regierung beschloss am 4. November 2020 gemeinsam mit dem dänischen Landwirtschaftsministerium die Tötung aller in Dänemark lebenden Minks – mit bis zu diesem Zeitpunkt wenig bekannten Folgen.
12 Millionen Tiere gekeult
Diese Entscheidung kostete über 12 Millionen Minks das Leben und darüber hinaus einem Großteil der dänischen Mink-Bauern die Existenz. So auch Merrild, der mit diesem Tag einen Teil seines Betriebes und seines Einkommens verlor. Die Zoonosen seien regional eingegrenzt und die infizierten Bestände rasch angefunden worden, erzählt er uns. Obwohl es nur einzelne Betriebe betroffen habe und eine gesetzliche Befugnis vorlag, ausschließlich infizierte Farmen und Farmen in der Nähe zu keulen, wurden alle Minks im ganzen Land binnen weniger Tage getötet. Das dänische Militär half, die getöteten Minks in Kisten und auf Laster zu verladen, um die Pelztiere anschließend in Verbrennungsanlagen zu veräschern. Schätzungen der Bauernvertreter zufolge hätte sich die Ausbreitung der mit Covid-19 infizierten Minks auf rund fünf Prozent der Bestände eingegrenzt. Aber wer hätte das zu diesem Zeitpunkt schon so genau wissen können.
War das Töten legal?
Es blieb bis zuletzt die Frage, ob die politischen Entscheidungsträger samt Beraterteams alle für die Entscheidung notwendigen Informationen berücksichtigt haben, als der Keulungs-Befehl erteilt wurde. Im Juli 2022 veröffentlichte dann die eingesetzte Untersuchungskommission ihren Bericht und übte heftige Kritik am Vorgehen der Regierung. Dem Tötungs-Befehl habe die Rechtsgrundlage gefehlt, was Ministerpräsidentin Frederiksen nicht gewusst haben soll. Absicht warf die Kommission der Regierungschefin aber nicht vor.
Mink-Ställe stehen leer
Alle Parteien haben sich auf eine Abgeltung für die Nerz-Bauern geeinigt. Diese hilft den Betroffenen jedoch wenig, denn aktuell stehen sämtliche Mink-Ställe komplett leer und dürfen nicht anderwertig benutzt werden, da eine von der Regierung beauftragte Kommission noch untersucht, welchen Wert die jeweiligen Bestände hatten, um den Wertverlust „fair“ abzugelten.
- Bildquellen -
- Mink Farm: Adobe Stock/Rokas