Wiens Agrargebiet hat “Vorrang” – bis Baubedarf besteht

Der Agrarstrukturelle Entwicklungsplan für Wien wurde nach zehn Jahren neu aufgelegt. In Summe weist der Plan 4.878 Hektar als „Landwirtschaftliche Vorranggebiete“ aus. Trotz enormer Bautätigkeit wurde das „Vorranggebiet“ gegenüber dem vorausgehenden AgSTEP 2014 um 18 Hektar größer. "Vorrang" bedeutet aber nicht absoluten Schutz, denn nach wie vor wird auch Ackerland verbaut.

Landwirtschaft in Wien - "Biotopinseln" am Rande der wuchernden Verbauung.

Der Agrarstrukturelle Entwicklungsplan (AgSTEP) für Wien wirkt. Zu diesem Ergebnis kamen LK Wien-Präsident Norbert Walter und Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky bei der Präsentation des Agrarstrukturellen Entwicklungsplanes 2024 für Wien (AgSTEP), zu der sie am 13. Dezember in den Gutshof des Stiftes Schotten in Wien-Breitenlee geladen hatten.

Quelle: LK Wien / Theresa Wey
LK Wien-Präsident Norbert Walter und Wiens Klima-Stadtrat Jürgen Czernohorszky präsentierten am Gutshof des Stiftes Schotten in Wien Breitenlee den AgSTEP 2024.

Flächen sichern, Eigentum schützen

Als „Indiz für Bedeutung und Wirksamkeit des AgSTEP“ führten Czernohorszky und Walter an, dass trotz der wachsenden Stadt die landwirtschaftlichen Vorranggebiete sogar um 18 Hektar erweitert werden konnten auf nunmehr 4.878 Hektar. Czernohorszky:. „82 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen Wiens konnten im neuen AgSTEP wieder als landwirtschaftliches Vorranggebiet ausgewiesen werden. Damit ist gewährleistet, dass auf den Erhalt dieser Gebiete auch in den kommenden zehn Jahren besonderes Augenmerk gelegt wird.”

Seitens der LK Wien stellte Norbert Walter fest: “Regionalität und Frische lassen sich nicht importieren.“ Daher sei es den Wiener Landwirten ebenso wie der Verantwortlichen in der Stadtregierung ein Anliegen, die landwirtschaftlichen Produktionsflächen langfristig zu sichern. Das Instrument dazu sei der jeweils zehnjährige, agrarstrukturelle Entwicklungsplan, der erfreulicherweise seit 2004 darauf achte, dass der Stadtlandwirtschaft nicht der Boden unter den Füßen weggezogen werde. Wesentlich sei für ihn, so Walter, dass

  • Vorranggebiete für die Landwirtschaft definiert und gesichert sein,
  • gute Entwicklungsmöglichkeiten für die Betriebe bestehen und dass
  • Eigentumsschutz und Wertsicherung nicht untergraben werden.

Agrarfläche nahm ab

Ein Blick in den fachlichen Teil des Wiener AgSTEP zeigt, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche in Wien von 2012 bis 2020 laut Realnutzungskartierung von rund 6.000 auf 5.932 ha abgenommen hat. Dass die Vorrangflächen dennoch zugenommen haben, ist mit den verschiedenen Flächenkategorien des Plans zu erklären. Der Plan unterscheidet zwischen
•  „Vorranggebieten“ und
•  „Weiteren landwirtschaftlichen Flächen“.

Die Vorranggebiete sind wiederum in drei Kategorien unterteilt. Der AgSTEP 2024 weist in Summe 4.878 ha als Vorranggebiete aus. Davon fallen allerdings nur 3.949 ha bzw. 67 % der gesamten LN in die Kategorie 1 („Großflächige, zusammenhängende Flächen, die vorrangig der landwirtschaftlichen Produktion dienen). Der Kategorie 2 sind 378 ha zugeordnet (wie 1 aber „zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine endgültige Abwägung der zukünftigen Nutzung möglich“). Auf die Kategorie 3 entfallen schließlich 551 ha (kleinräumige agrarische Flächen mit besonderer örtlicher Bedeutung).

Die „Weiteren landwirtschaftlichen Flächen“ sind im AgSTEP 2024 mit beachtlichen 1.054 ha (18 % der LN) ausgewiesen. Zwar sind auch diese “Weiteren Flächen“ großteils wertvolles Ackerland, als Vorrangflächen wurden sie aber nicht ausgewiesen. Im Vergleich zum AgSTEP 2014 steht dem Plus von 18 ha bei den Vorranggebieten ein Minus von 86 ha bei den Weiteren Flächen gegenüber. Zur “Schutzwirkung” des AgSTEP ist anzumerken, dass diese Bauträger nicht hindert, auch in Vorranggebieten Ackerland zu hohen Preisen aufzukaufen.

Stadterweiterung Rothneusiedl auf 124 ha Bioflächen

Ein Beispiel für die Durchlässigkeit der Vorranggebiete ist das Stadterweiterungsprojekt Rothneusiedl in Wien-Favoriten, wo auf 124 ha großteils biobewirtschaftetem Ackerland ein neuer Stadtteil samt U Bahn-Anschluss für rund 9.000 Wohnungen entstehen soll. Diese Flächen wurde im AgSTEP aus dem Vorranggebeit (Kategorie 2) ausgeschieden.

Klimastadtrat Czernohorszky stellte dazu fest, dass der Verlust von Grünflächen auch für ihn „schmerzhaft“ sei. Man müsse der Stadt aber zugestehen, dass sie dem steigenden Wohnungsbedarf Rechnung trage und Bauentscheidungen treffe. Unter dem Aspekt des Klimaschutzes baue man in Wien deutlch vorteilhafter als etwa im Speckgürtel rund um die Stadt. Würde man die selbe Anzahl an Wohnungen dort bauen, so hätte das weit mehr Bodenversiegelung zur Folge. Wien wisse, was es an seinen Feldern, Gärten und Äckern habe – auch als Naherholungsgebiete und im Hinblick auf die Selbstversorgungsrate der Stadt.

- Bildquellen -

  • 231213 W AGSTEP 2024 (c) Theresa Wey: LK Wien / Theresa Wey
  • AgSTEP 2024 14: AgSTEP 2024
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AUTORHans Maad
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