Wiederaufforstung, Wolf und Superwahljahr: Das erwartet uns im neuen Jahr

Im Neujahrsinterview spricht Bauernbundobmann LH-Stv. Josef Geisler über die Herausforderungen des Jahres 2023 und gibt einen Ausblick auf die politische Arbeit sowie die anstehenden Wahlen im Jahr 2024.

Bauernbundobmann LH-Stv. Josef Geisler im Neujahrsinterview.

Ein kurzer Rückblick: Welchen Herausforderungen stand die Landesregierung in der Land- und Forstwirtschaft 2023 gegenüber? 

GEISLER: Die Teuerung hat uns alle getroffen. Für die Land- und Forstwirtschaft hat unser Minister Norbert Totschnig viele Maßnahmen zur Entlastung auf den Weg gebracht. In Tirol haben wir zielgerichtet jene Menschen unterstützt, die von der Teuerung am meisten betroffen sind. Die Gießkanne hat ausgedient. 

Die Folgen der heurigen Sommerstürme im Wald sind dramatisch. Wir mobilisieren alle Kräfte und Finanzmittel, um die Situation in den Griff zu bekommen. Wichtig ist, dass die Wiederaufforstung rasch in Angriff genommen wird und die jungen Forstpflanzen auch aufkommen. Dabei brauchen wir auch die aktive Mithilfe der Jägerschaft und sind da auch in einem guten Austausch.

Der Wolf ist in Tirol. Durch den mutigen Weg der Tiroler Landesregierung ist es gelungen, im vergangenen Jahr 18 Abschussbescheide zu erlassen und zumindest vier Schad- bzw. Risikowölfe zu entnehmen. Mittlerweile gibt es in allen betroffenen Bundesländern Verordnungslösungen. Diese werden von Umweltorganisationen aber auf allen Ebenen und mit allen Mitteln bekämpft. Die Landesregierung wird weiterhin alles unternehmen, um die Almwirtschaft zu schützen und zu unterstützen.

„Es ist für Tirol nicht egal, wer in Brüssel und Wien das Sagen hat.“

Die EU hat angekündigt, den Schutzstatus des Wolfes in der Berner Konvention senken zu wollen. Was heißt das für Tirol? 

Positiv ist: Es bewegt sich etwas. Aber die Berner Konvention von 1979 ist ein völkerrechtlicher Vertrag von 51 Staaten und neben der FFH-Richtlinie nur eine von zwei bedeutenden Rechtsmaterien. Selbst wenn es gelingt, den Schutzstatus in der Berner Konvention zu senken, bleibt immer noch die FFH-Richtlinie. Das bedeutet, wir dürfen nicht lockerlassen und müssen als starke Kraft des Alpenraums weiterhin in Brüssel Druck machen.

Das Jahr 2024 könnte man als Superwahljahr bezeichnen.

Heuer finden Wahlen zum Europäischen Parlament und Nationalratswahlen statt. Beide Wahlgänge bestimmen darüber, wie die Landwirtschaft und der ländliche Raum in den kommenden Jahren in Europa und vor allem in Österreich gesehen werden. Im Rahmen des Green Deal werden in den kommenden Jahren viele für die Tiroler Landwirtschaft relevante Beschlüsse gefasst werden. Es ist für Tirol nicht egal, wer in Brüssel und Wien das Sagen hat. 

Welche Schwerpunkte setzt die Landesregierung im Jahr 2024? 

Trotz angespannter Budgetlage ist Tirol in der Lage, klare Akzente etwa in der Kinderbildung und -betreuung und in der Gesundheitsversorgung zu setzen. 

Es ist auch nicht selbstverständlich, dass wir die notwendigen Kofinanzierungsmittel für die Erhöhung von ÖPUL und AZ bereitstellen können. 

Für die Sicherung der tierärztlichen Versorgung in unterversorgten Gebieten werden wir Anreize für Tierärztinnen und Tierärzte bieten, eine Praxis zu übernehmen, zu eröffnen oder Kollegen anzustellen. 

Ein wichtiger Schwerpunkt sind die Absicherung der Kombinationshaltung und Investitionen in das Tierwohl. Das Land stellt heuer 2,7 Millionen Euro – um ein Drittel mehr als 2023 – an Zuschüssen für die Auslaufgestaltungen und Stallumbauten sowie für Laufställe zur Verfügung. 

Es ist aber unsere gemeinsame Aufgabe, den Lebensmittelketten und der Bevölkerung die Bedeutung der Kombinationshaltung für das Berggebiet zu erklären. 

Grund und Boden sind in Tirol ein knappes Gut. Wie geht es hier weiter?

Wir haben es von der Österreichischen Raumordnungskonferenz und sogar von Greenpeace schwarz auf weiß: Tirol geht äußerst sorgsam und sparsam mit Grund und Boden um. Weniger als zwei Prozent der Landesfläche sind versiegelt. Als einziges Bundesland haben wir landwirtschaftliche Vorsorgeflächen zur Sicherung der produzierenden Landwirtschaft und der Lebensmittelversorgung. Die überörtlichen Freihaltegebiete sind ein Schutzschirm, aber keine Käseglocke. Jeder Einzelfall wird genauestens unter die Lupe genommen. 

Bei der im Regierungsprogramm verankerten Einführung der Baulandmobilisierungsabgabe werden wir auf Verhältnismäßigkeit und vor allem Bedarf achten. Wer glaubt, mit einer Abgabe auf bereits gewidmetes Bauland würde Bauland günstiger, irrt. Leistbares Wohnen müssen wir mit anderen Mitteln bewerkstelligen.

„Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, den Lebensmittelketten und der Bevölkerung die Bedeutung der Kombinationshaltung für das Berggebiet zu erklären.“ 

Was gibt Ihnen ganz persönlich zu denken?

Ich sehe Tag für Tag Bauernfamilien, die rund um die Uhr arbeiten, sich ehrenamtlich engagieren und damit Tirol zu dem gemacht haben und machen, was es ist: ein schönes, ein starkes und ein lebenswertes Land. Und dann die Diskussion um Work-Life-Balance, weniger Arbeit bei vollem Lohn. Junge Menschen, die vor Kraft strotzen, diese aber lieber in der Freizeit als in der Arbeit und zum Wohle des Landes einsetzen – das stimmt mich für die Zukunft wirklich nachdenklich. 

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  • 230418 FISCHLER 27 Bearb: Fischler
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AUTORRed. HP
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