Wenn plötzlich Fremde nachts im Stall stehen

Ein Tierrechtsaktivist filmt nach einem verbotenen Stalleinstieg heimlich Schweine. Foto: ARiwa

In der Statistik mögen Stalleinbrüche oder das Eindringen von betriebsfremden Personen eine untergeordnete Rolle spielen, für die betroffenen Landwirte und deren Familien können sie aber gravierende Folgen haben. „Das Thema begleitet die Branche schon seit Jahren. Allerdings nimmt die Häufigkeit dieser Aktionen momentan massiv zu. Wohl auch in Zusammenhang mit der weiteren parlamentarischen Behandlung des Tierschutzvolksbegehrens im Herbst und der Wahl in Oberösterreich,“ erklärt Michael Klaffenböck, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Schweinebauern (VÖS).
Veröffentlichungen von Videomaterial und Aktionen von Tierschutzaktivisten fänden momentan fast wöchentlich statt. Zudem werde deren Vorgehen immer dreister und aggressiver. So komme es auch zu Stallbesetzungen und Tierdiebstählen. Aus den Aussendungen der Aktivisten gehe immer öfter klar heraus, um welche Betriebe es sich handle. „Die Verunsicherung in der Branche ist riesig, weil die Gefahr besteht, dass so von einem Tag auf den anderen der eigene Ruf und jener der ganzen Familie geschädigt wird und man als der ‚ärgste Tierquäler‘ in den Medien steht. Gleichzeitig gefährden betriebsfremde Personen im Stall die Biosicherheit des Betriebs“, warnt Klaffenböck. „Es ist unumstritten, dass Weiterentwicklungen in der Schweinehaltung notwendig sind. Wir Schweinehalter nehmen hier auch unsere Verantwortung wahr. Aber radikaler Aktivismus führt höchstens zu Betriebsaufgaben
und keiner echten Verbesserung für die Tiere.“

Wie kann man vorbeugen?
Grundsätzlich gilt auch beim Thema Stalleinbruch: Vorbeugen ist besser. Wie in einem erhellenden Artikel von Franz Strasser von der LK OÖ im VÖS-Magazin nachzulesen ist, wählen nach Erfahrungen der Kriminalisten die Einbrecher ihr Objekt nach folgenden Kriterien: dem Risiko, entdeckt zu werden, der Schwierigkeit, ins Objekt eindringen zu können, und nach dem Wert der möglichen Beute. Durch Zusperren, ausreichende Beleuchtung, Alarmanlangen, Überwachungskameras (aufs Datenschutzrecht achten) und andere Maßnahmen kann daher das Risiko für den eigenen Betrieb gesenkt werden. Teilweise sind damit Zusatznutzen lukrierbar: So macht es rechtlich und versicherungstechnisch generell einen großen Unterschied, ob die Tür versperrt ist oder nicht.

Was im Notfall zu tun ist
Klaffenböck empfiehlt, die Polizei zu informieren, nicht nur als Anzeige nach Einbrüchen, sondern auch, wenn es zu Besetzungen und Demonstrationen kommt. Jedenfalls solle man „Ruhe bewahren, sich nicht auf Provokationen einlassen und nicht den Helden spielen.“ Zudem seien die Betreuer von der Erzeugergemeinschaft und der Landwirtschaftskammer sofort zu informieren und sich nach deren Empfehlungen zu verhalten. Generell sollten Schäden mit Fotos und Beweismaterial dokumentiert werden. Zudem wird von Fachleuten nach Einbrüchen empfohlen: Rücksprache halten mit dem Betreuungstierarzt hinsichtlich Tiergesundheit und Tierschutz, bei Bedarf auch den zuständigen Amtstierarzt hinzuziehen, um die aktuelle Situation am Betrieb zu dokumentieren und alle betrieblichen Aufzeichnungen zu kontrollieren. Falls eine Einbruchsversicherung abgeschlossen wurde, sollten Schäden natürlich auch an die Versicherung gemeldet werden.

Justitia
Empfehlungen im Hinblick auf die Möglichkeiten, sein Recht nach Aktionen von Aktivisten durchzusetzen, will Klaffenböck nicht geben. „Wir sind dabei, den Sachverhalt juristisch prüfen zu lassen. Denn aus unserer Sicht ist die Rechtslage nicht geklärt und manch aktuelle Interpretation sollte nochmals überarbeitet werden“, so der VÖS-Geschäftsführer.
Der Bauernbund hat sich jedenfalls schon vor Jahren für eine Verschärfung beim Straftatbestand gegen Hausfriedensbruch eingesetzt.
Wer unter „Unbefugtes Eindringen fremder Personen in Stallgebäude“ googelt, findet Folder zu den Themen, insbesondere von den LK in diversen Bundesländern in Zusammenarbeit mit Partnern wie Gut Streitdorf oder dem LFI. Das unbefugte Eindringen in Stallgebäude kann demnach sowohl strafrechtliche, als auch zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen. In manchen Foldern wird auch darauf hingewiesen, dass das Betreten eines nicht verschlossenen Stalls nach geltender Rechtslage grundsätzlich keine Straftat ist. Anders verhält es sich im Hinblick auf Verwaltungsübertretungen – auf Bundesebene etwa in Zusammenhang mit der Schweinegesundheitsverordnung und dem § 15 Tiergesundheitsgesetz sind Geldstrafen bis zu 4.360 Euro vorgesehen. Zudem sehen Landesgesetze Verbote vor.

Strafrecht
Strafrechtliche Verfahren können durch eine Anzeige bei der Polizei in Gang gesetzt werden. Die Behörde untersucht dann selbstständig, inwieweit Bestimmungen des Strafgesetzbuches verletzt wurden. Für den Anzeiger besteht daher kein Kostenrisiko, wird in den Foldern betont. Als strafrechtliche Aspekte in Zusammenhang mit Aktivisten werden genannt: Sachbeschädigung, Diebstahl, üble Nachrede, Kreditschädigung, Verleumdung und teilweise auch Einbruch (Einbruchsdiebstahl) sowie Hausfriedensbruch.

Zivilrecht
Das zivilrechtliche Verfahren beginnt mit der Einbringung einer Klage beim zuständigen Gericht. Grundsätzlich kann jede Person vor Gericht selbst handeln. Von diesem Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen: etwa bei Verfahren vor den Bezirksgerichten mit einem Streitwert von mehr als 5.000 Euro (sofern keine sogenannte Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte vorliegt). Der Verlierer eines solchen Prozesses hat grundsätzlich sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten zu tragen. Insofern ist hier Vorsicht geboten. Zivilrechtliche Aspekte sollen Besitzstörungsklage, Schadenersatz und Rufschädigung im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches sein. 

Michael Stockinger

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AUTORRed. SN
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