Der Ansturm von (Neo-)Wanderern auf die heimischen Almen war im besonderen Jahr 2020 oftmals Thema in den Medien. Für die Almbewirtschafter viel gravierender ist jedoch die Wolfsproblematik: Dass in den nächsten Jahren mit zunehmender Wolfspräsenz zu rechnen ist, bereitet ihnen und auch allen anderen Weidehaltern wirkliche Sorgen.
„Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich fordert Weideschutzzonen, in denen Wölfe bejagt werden können“, sagt LK-Präsidentin Michaela Langer Weninger. Schließlich werde von der Gesellschaft nicht nur eine artgerechte Weidehaltung sowie eine Almbewirtschaftung gefordert – sie möchte zugleich auch den Wolf haben. „Das spürt man vor allem aus dem städtischen Bereich, die mit einem Wolf nicht in Berührung kommt“, so Langer-Weninger.
In der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) ist der Schutz des Wolfes festgeschrieben. „Von einer bedrohten Tierart kann aber keine Rede mehr sein, es gibt in Europa eine gesicherte Population von mehr als 20.000 Exemplaren“, so Langer-Weninger. Daher müsse die Richtlinie angepasst werden und künftig ein aktives Wolfsmanagement ermöglichen. Die Forderung richtet sich an das Bundesministerium für Klimaschutz, das sich bei der Europäischen Kommission dafür einsetzen müsste.
Almbauern befürchten vermehrte Rudelbildungen
Im heurigen Jahr gibt es bislang sechs bestätigte Wolfsrisse mit acht getöteten Tieren. Für die zwei jüngsten Fälle, je ein gerissenes Kalb in St. Ulrich im Mühlkreis und in Oberhofen am Irrsee, ist das DNA-Ergebnis noch ausständig. Die Dunkelziffer sei jedoch deutlich höher, sagt Wolf-Dietrich Schlemper, der Wildschadensberater, und auch Wolfsbeauftragter der LK OÖ.
Johann Feßl, Obmann der oberösterreichischen Almbauern, warnt: „Sobald es zu Rudelbildungen bei den Wölfen kommt und diese sich hier etablieren, geht das Problem erst richtig los.“ Die Zahl der Wölfe werde in Österreich derzeit auf einige Dutzend geschätzt, „tatsächlich werden es aber viel mehr sein“, so Feßl.
Für Langer-Weninger unumgänglich ist ein Nachdenken, wie ein konfliktfreies Miteinander ermöglicht werden kann. Ein Herdenschutz mittels Zaun sei ein Ding der Unmöglichkeit, betont Feßl. 1400 Kilometer Alm-Außengrenzen in Oberösterreich würden Investitionskosten von etwa acht Millionen Euro ergeben – vom Arbeitsaufwand ganz zu schweigen. Daher sollten sogenannte „Weideschutzzonen“ eingerichtet werden, in denen Problemwölfe auch bejagt werden dürfen.
„Niemand spricht sich für ein Ausrotten des Wolfes aus“, betont Langer-Weninger. Der Erhalt von Almen und Gründland sowie Biodiversität stelle ein gesellschaftliches und volkswirtschaftliches Interesse dar, das dem Wolfsschutz nicht untergeordnet werden dürfe. Es brauche also einen integrativen Ansatz, um Landwirtschaft, Jagd, Tourismus und den Wolf zu vereinen.
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