Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Man muss nicht alle Forderungen gutheißen, um das Tierschutzvolksbegehren guten Gewissens unterschreiben zu können. Noch bis 25. Jänner ist dies auf Gemeindeämtern oder bequem per Handysignatur möglich.
Ich habe unterschrieben, gerade weil ich manches diskussionswürdig finde. Genau darum geht es: dass die Haltung von Nutztieren möglichst breit diskutiert wird. Dass Wünsche der Konsumenten mit der Produktionswirklichkeit abgeglichen werden, es im besten Fall zu einer Annäherung kommt.
Ausverhandelt wird die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft künftig mit Tieren umgehen ohnehin gerade. Ob wir uns der Diskussion stellen oder nicht. Bislang führt die bäuerliche Welt diskursive Rückzugsgefechte.
Ob ein Getränk Mandeldrink oder Mandelmilch genannt wird, ändert nichts daran, dass sich Konsumgewohnheiten wandeln. Rohwolle aus unseren Breiten wird bestenfalls noch als Dünger genutzt. Der Preis für Leder droht zu implodieren, weil sich robustes Pilz-Leder unschlagbar günstig kultivieren lässt. Sogenanntes „cultured meat“, also Laborfleisch, wird laut einer aktuellen Studie von AT Kearney bereits 2030 zehn Prozent des weltweiten Fleischbedarfs decken. 2040 würden nur noch 40 Prozent des gegessenen Fleischs von Tieren stammen.
Damit wird auch der Nutzen von Tieren komplett neu bewertet – unter den Geboten von Nachhaltigkeit und Notwendigkeit. Vieles deutet darauf hin, dass Billigfleisch bald aus dem Labor kommt. Unerheblich, ob ein Schweinestall bis dahin abbezahlt ist oder nicht. Und zum Erhalt der Kulturlandschaft tragen Vollspaltenböden ebenfalls nichts bei.
- Bildquellen -
- Weber Thomas: Michael Mickl