BauernZeitung: „Bringt die Reform nicht eine Be- statt Entlastung?“
Wöginger: Das ist so nicht korrekt. Mit der Steuerreform schaffen wir bis 2025 eine konsequente Entlastung in Höhe von 18 Milliarden Euro durch Senkung der Einkommensstufen und Reduktion der Krankenversicherungsbeiträge, mit Einführung des Regionalen Klimabonus bis hin zur KÖSt-Senkung von 25 auf 23 Prozent bis 2024. Zusätzlich wird der Familienbonus von 1500 auf 2000 Euro pro Jahr erhöht.
Aber wurde nicht auf die Pensionen vergessen?
Wöginger: Nein. Bereits im Vorfeld der Steuerreform wurden kleine Pensionen über der Inflation abgegolten. Ab 2022 werden die Bruttopensionen bis 1.000 Euro um 3 Prozent erhöht und alle Pensionen ab 1.300 Euro inflationsangepasst um 1,8 Prozent. Pensionen mit 1.000 Euro pro Monat wurden somit um 420 Euro pro Jahr erhöht, jene mit 2.000 Euro pro Monat um 504 Euro. Und für kleine Einkommen reduziert sich ab Juli 2022 der Krankenversicherungs-Beitrag, beginnend mit 1,7 Prozent. Damit entlasten wir insbesondere einkommensschwache Personen, Familien und Pensionisten.
Und wann wird wie angekündigt die kalte Progression abgeschafft?
Wöginger: Wir werden die kalte Progression bis zum Ende der Legislaturperiode abschaffen. Da geht es um rund 500 Millionen im Jahr. Das ist, gemessen an der Gesamtsumme der Entlastungen, nur ein kleiner Teil. Somit frisst die kalte Progression auch nicht die Entlastungen auf.
Wie sehr trägt die ökosoziale Steuerreform zum Klimaschutz bei?
Strasser: Mit der Steuerreform haben wir einige Maßnahmen umgesetzt, um klimaschädliches Verhalten unattraktiv zu machen, allen voran die CO2-Bepreisung mit 30 Euro pro Tonne ab 2022. Bis zum Jahr 2025 wird der Preis auf 55 Euro pro Tonne steigen. Zudem wird es ein Bepreisungsmodell geben, um regionale Lebensmittel zu fördern. Dadurch werden kurze Transportwege sichergestellt, was in weiterer Folge unser Klima entlastet. Die Sauber-Heizen-Offensive mit in Summe 500 Millionen Euro wird einerseits den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen vorantreiben, andererseits auch die thermische Sanierung. Darüber hinaus berücksichtigen wir mit dem regionalen Klimabonus gerade die unterschiedliche Anbindung an den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum. Je nach Lage ihres Wohnortes erhalten die Menschen so zwischen 100 und 200 Euro pro Person und pro Jahr an Bonus retour. Zusätzlich gibt es für jedes Kind einen Aufschlag von 50 % auf den regionalen Klimabonus.
Für wie groß halten Sie konkret den Lenkungseffekt?
Strasser: Grundsätzlich können wir annehmen, dass Menschen auf die CO2-Bepreisung reagieren werden, dass viele etwa bei Autos CO2-sparsame Varianten bevorzugen werden oder, wo schon jetzt leicht möglich, auch auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Und je stärker solche Alternativen gefördert werden, werden sie wie auch aufgrund des technischen Fortschritts günstiger. Es nimmt auch der Druck auf die öffentliche Hand zu, solche Alternativen bereitzustellen. Wichtig dabei: Es bleibt bei Anreizen ohne Zwang. Aber es braucht diesen Lenkungseffekt der CO2-Bepreisung, um die Paris-Klimaziele zu erreichen.
Warum ist Klimaschutz überhaupt notwendig?
Strasser: Auch wenn die CO2-Emissionen in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern sehr viel geringer sind, müssen wir hier auch in Österreich sicherstellen, dass wir nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten überlassen können, Lebensgrundlage für viele Bereiche, nicht nur für Landwirtschaft oder den Tourismus.
Wovon profitiert konkret die Landwirtschaft?
Strasser: Der Anteil für die höhere CO2-Bepreisung auf Diesel, ein nach wie vor unersetzliches Betriebsmittel für Traktoren, wird den Bauern vergütet. Die genauen Details sind noch offen. Darüber hinaus entlasten wir im Ausmaß von rund 25 Millionen Euro jene Bauernhöfe, die energieautark sind und noch werden wollen. Und auch von der Senkung der KV-Beiträge profitieren unsere heimischen Bäuerinnen und Bauern.
Wird der Familienbonus für über 18-Jährige auch erhöht?
Wöginger: Dieser ist an die Familienbeihilfe gekoppelt. Für Studierende kann der Familienbonus grundsätzlich bis zum 24. Lebensjahr gewährt werden, wobei etwa die Ableistung des Präsenzdienstes den Bezug um ein weiteres Jahr verlängert.
Derzeit steigen die Energiekosten rasant. Wie bleibt das Heizen auch weiterhin leistbar?
Wöginger: Als Ausgleich für die CO2-Bepreisung kommt, wie erwähnt, der regionale Klimabonus. Weiters fördern wir den Umstieg auf klimafreundliche Technologien durch die Sauber-Heizen-Offensive mit insgesamt 500 Millionen Euro. Konkret bedeutet das: je 180 Millionen Euro für Investition, um aus Öl- und Gasheizungen herauszukommen, 80 Millionen Euro für den Tausch und die Sanierung von Heizkesseln bei einkommensschwachen Haushalten. Und 60 Millionen Euro für die thermische Sanierung von mehrgeschossigen Wohnbauten.
Werden Städter von der Steuerreform benachteiligt?
Wöginger: Mit dem gestaffelten Klimabonus wird sichergestellt, dass jene, bei denen der Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel schwerer fällt, nicht benachteiligt werden. In Wien ist es einfacher auf die Öffis umzusteigen, als im Waldviertel. Das wird mit dem Klimabonus ausgeglichen.
Kritik gibt es auch an der KÖSt-Senkung. Profitieren davon nur Konzerne?
Wöginger: Von der Senkung der Körperschaftssteuer profitieren alle Unternehmen. Sie bewirkt eine Entlastung von insgesamt 700 Millionen Euro. Die Senkung ist etwa ein Standortfaktor für Neuansiedlungen. Auch wird ein 350 Mio. Euro schwerer Investitionsfreibetrag für Anschaffungen geschaffen, die zu einer Senkung der Emissionen beitragen.
Ist die Reform nur Klientelpolitik, allen voran für Bauern, wie die SPÖ besonders heftig beanstandet?
Strasser: Von der Steuerreform profitieren alle. Mittleren und kleineren Einkommensbeziehern bleibt mehr Geld vom Gehalt. Die Kritik der Roten stimmt einfach nicht.
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