Die Klimawirkung der Nutztierhaltung war kürzlich – im Vorfeld der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer – ein Diskussionsthema auf der Linzer Gugl. Wie breit gefächert dieses ist, ist bekannt. Wie viele offene Fragen es dazu noch gibt, wurde im abschließenden Pressegespräch deutlich. Einen pragmatischen Zugang zur Thematik vertritt Peer Ederer, der in der Schweiz ein privates Forschungsinstitut betreibt und als Wissenschafter zur Diskussion geladen war: Der Klimawandel ist ein Faktum, aber die Tierhaltung ist nicht die Ursache dafür – so seine Botschaft.
Ederer: „Evolutionäre Realität“ nicht einfach verweigern
Ederer beginnt die Reise in der Jungsteinzeit, in welcher der Mensch begonnen hat, tierische Produkte in seine Ernährung zu integrieren. „Dieser evolutionären Realität müssen wird uns stellen“, so Ederer mit dem Verweis darauf, dass viele in tierischen Produkten enthaltene Mikronährstoffe durch pflanzliche Ernährung „nur schwer und mit viel zeitlichem und finanziellen Aufwand“ zu ersetzen seien. Neben diesem biologischen Aspekt gebe es einen ökologischen: Tiere erhalten auch Ökosysteme, vor allem dann, wenn sie auch als Weidetiere auftreten. Schweine und Hühner wiederum verwerten anfallende Biomasse und erzeugen Dünger, und das erhält den natürlichen Kreislauf. Diese drei Gründe – Lebensmittel, Flächen und Dünger – markierten jenen „Startpunkt“, von dem aus die Klimawirkung betrachtet werden müsse. „Ob tierische Emissionen eine Rolle spielen oder nicht, diese Frage ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend beantwortet“, sagt Ederer. Das Ausmaß der Tierhaltung auf die Wärmewirkung sei Gegenstand heftiger Debatten unter Wissenschaftern. „Da sind in der Atmosphärenchemie noch viele Fragen offen“, betont der Peer Ederer, der ganz klar für die Tierhaltung plädiert. „Weiden haben unverzichtbare Wirkungen auf Biodiversität, Wasserwirtschaft und Bodenhygiene. Sollten die Weidetiere wegen vermeintlich klimaschädlicher Methanemissionen abgeschafft werden, werden die Biosystemschäden unermesslich steigen“, resümiert er.
Heimische Landwirte nicht in den globalen Sammeltopf werfen
Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, legt Wert darauf, die Relationen richtig zu sehen. „Oft werden nur globale Zahlen dargestellt, die für Österreich nicht stimmen, weil unsere Landwirtschaft wesentlich darunter liegt. Im internationalen Vergleich ist die heimische Landwirtschaft in der Klimabilanz führend“, betont Waldenberger. Daher: „Wer Produkte aus Österreich kauft, tut dem Klima sicher etwas Gutes“, so der LK-Präsident. So wie überall müssen auch in der Landwirtschaft Emissionen eingespart werden. Dazu sei man auch bereit, „aber eine Landwirtschaft ohne Treibhausgasausstoß ist ganz einfach nicht möglich“, betont er. Landwirte würden oft zu unrecht als Schuldige hingestellt, „aber die Treibhausgase, die wirklich zu schaffen machen, kommen aus der fossilen Energiegewinnung“, so Waldenberger.
Er macht auch auf die sogenannten „Zielkonflikte“ aufmerksam, die es in der Landwirtschaft zusätzlich gebe: Klimaschutz, Tierschutz oder Biodiversitätsschutz seien nur drei Beispiele für Forderungen, die von mehreren Seiten auf eine Branche eintrudeln. Dabei gibt es für komplexe Systeme wie Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung, die neben hochwertigen Produkten Ressourcen schonen und eine adrett gepflegte Kulturlandschaft erhalten sollen, keine einfachen Lösungen oder konkrete Handlungsanleitungen, um alle Akteure zufriedenstellen zu können.
Die Landwirtschaft erzeugt die Nahrungsmittel für die gesamte Bevölkerung und verursacht dabei ein Zehntel der Gesamtmenge an den Treibhausgasen Österreichs (2022: 11,3 Prozent Anteil laut Umweltbundesamt). Zudem ist sie der einzige produzierende Wirtschaftssektor, der seine Emissionen senkt (siehe Grafik links unten).
Michael Wöckinger, Leiter der Abteilung Tierhaltung an der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, verweist auf die Verbesserungen in der Tierhaltung, die in Österreich in den vergangenen drei Jahrzehnten kontinuierlich stattgefunden haben. „Wir haben uns seit dem EU-Beitritt für den Qualitätsweg entschieden, haben eine flächengebundene Landwirtschaft. Aber all das ist zu wenig angekommen in der Gesellschaft.“
Landwirtschaftskammer fordert „Bauern-Bashing“ zu beenden
Die einhellige Forderung von Seiten der Landwirtschaftskammer lautet daher einmal mehr „Schluss mit dem Bauern-Bashing“. „Die Nutztierhaltung leistet einen wesentlichen Beitrag für die menschliche Ernährung. Nur Tiere können die für uns nicht verwertbare Rohstoffe veredeln“, sagt Waldenberger. Das von der Gesellschaft ebenso noch zu wenig beachtete Arbeiten in nachhaltigen Kreisläufen erhalte letztlich auch Ökosysteme, die wiederum dem Klimawandel zugute kommen.
- Bildquellen -
- Von links: Michael Wöckinger, Peer Ederer, Franz Waldenberger.: LK OÖ
- Fleckvieh auf Weide: LK OÖ