Molkereien fordern dringend neue Preisrunden

Der Erzeugermilchpreis in Deutschland liegt derzeit deutlich über dem der heimischen Milchbauern.

Die Erlöse für Milchprodukte sind nicht mehr kostendeckend, wir brauchen dringend neue Preisrunden. Mit diesem Appell wandte sich der Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), Helmut Petschar, vor allem in Richtung des heimischen Lebensmittelhandels. Anlass war die VÖM-Jahrespressekonferenz am 7. April 2022 in der Bundeswirtschaftskammer in Wien.
 Die Notwendigkeit von Preisanpassungen ergibt sich laut Petschar aus den extremen Kostensteigerungen insbesondere bei Energie sowie bei Verpackungsmaterial. Bei der Energie macht den Molkereien vor allem der Gaspreis und die Gasversorgung Sorgen.

VÖM-Präsdient Helmut Petschar und VÖM-Geschäftsführer Johann Költringer machten auf die dringende Notwendigkeit von Preisanpassungen für Milchprodukte an die gestiegenen Produktionskosten aufmerksam.

Molkerei-Abgabepreise um 25 % anheben

Bei den Bauern schlagen ebenfalls die erhöhten Kosten für Energie zu Buche, vor allem aber die deutlich erhöhten Futterkosten. Beim aktuellen Niveau der Erzeugermilchpreise von etwa 42 bis 44 Cent/kg (netto) würden 10 bis 15 Cent fehlen, um die Kostensteigerungen abzufangen, so der VÖM-Präsident. Damit auch die Verarbeiter mit ihren Kalkulationen wieder auf pari kommen, brauche man in Summe eine Anhebung der Molkerei-Abgabepreise um etwa 25 %.
Man sei mit den Handelsketten bereits im Gespräch und es gebe auch Teilerfolge, so Petschar. In Anbetracht der im Vergleich zu Österreich bereits vorauseilenden Preise in Deutschland bestehe prompter Handlungsbedarf. Laut jüngster Marktberichte aus unserem Nachbarland liegt das Erzeugerpreisniveau dort bereits bei etwa 50 Cent/kg. Der kalkulierte Rohstoffwert des Kieler Instituts für Ernährungswirtschaft lag im März sogar bereits über 60 Cent/kg (Erzeugermilchpreis ab Hof, netto).

Appell an Ministerin Gewessler: Gasversorgung sicherstellen

Ein Stopp der Gasversorgung würde für den Großteil der heimischen Molkereien einen Produktionsstopp bedeuten. Seitens der Molkereien bat man Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bereits schriftlich, die verlautbarte einseitige Priorisierung der Privathaushalte zu überdenken und im Notfallplan auch die Versorgung mit Lebensmitteln zu berücksichtigen. Gegen Kälte könne man auch einen Pullover mehr anziehen, wichtige Lebensmittel wie Milchprodukte seien nicht so ohne weiteres zu beschaffen, meinte Petschar. Zum VÖM-Vorschlag, eine Arbeitsgruppe zum Notfallplan mit Beteiligung von Industrie und Gewerbe einzurichten, hat Ministerin bis dato noch nicht Stellung genommen.

Kaum Handelsbeziehungen mit Russland

Was die Handelsbeziehungen zu Russland bei Milchprodukten betrifft, so ist das Volumen bereits seit dem Embargo des Jahres 2014 praktisch auf Null gestellt, erläuterte Petschar. Die aktuellen Embargos aufgrund des Ukraine-Krieges haben deshalb auf den Absatz von Molkereiprodukten keine Auswirkungen mehr.
 Immerhin erfreulich haben sich laut Petschar die Außenhandelsbeziehungen zu anderen Ländern entwickelt. Laut noch vorläufiger Statistik Austria-Auswertung erreichten die heimischen Milchexporte im Jahr 2021 mit 1,359 Mrd. Euro (+3,6 %) einen neuen Höchstwert. Bei den Importen gab es mit 0,7 % einen geringen Zuwachs auf 842 Mio. Euro, was zu einem gestiegenen, positiven Außenhandelssaldo von 517,3 Mio. Euro (+8,8 %) führte. Die Exportquote bezogen auf den Umsatz betrug 44,6 %, die Importquote 27,6 %.
Wichtigstes Exportland mit einem Anteil von 52,4 % ist weiterhin Deutschland, gefolgt von Italien. Neu an dritter Stelle steht Griechenland, danach folgen China, die Niederlande und Slowenien.

Herkunftskennzeichnung dringend notwendig

Erneuern musste der VÖM-Präsident seine „dringende Forderung“ nach einer Herkunftskennzeichnung. Petschar begründete dies mit den auffallend rückläufigen Importen von Milchprodukten während der Corona-Lockdowns. Dies weise auf den hohen Importanteil von Milchprodukten in Tourismus und Gastronomie hin. „Gerade hier wäre eine Herkunftskennzeichnung dringend notwendig“, so Petschar. Gleichermaßen in Richtung Gastronomie und auch Lebensmittelhandel appellierte der VÖM-Präsident: „Wer mit Österreich wirbt, soll sich auch bei Milchprodukten dazu bekennen.“

Weniger Betriebe, höhere Anlieferung, knappe Ertragslage

Was die heimische Milchproduktion betrifft, so berichtete Petschar von einem leichten Anstieg der Milchanlieferung im Jahr 2021. Die insgesamt 3,4 Millionen Tonnen Milch liegen um 0,5 % über der Anlieferung des Jahres 2020. Der Bio-Anteil betrug 19,4 % und liegt damit am höchsten in der EU. Mit Heumilch und Bio-Wiesenmilch liefern Österreichs Bauern weitere höherwertige Milchsorten. Der etwas höheren Anlieferung stehen rückläufige Betriebszahlen gegenüber. Die Anzahl der Milchbauern verringerte sich von 2020 auf 2021 um 3,2 % auf nur noch 23.868 Betriebe. Im Schnitt hielt jeder Betrieb rund 22 Milchkühe, was in Summe rund 525.000 Tiere ergibt.
Sehr knapp blieb im Vorjahr die Ertragslage der heimischen Milchverarbeiter. Zwar konnten die Molkereien und Käserein ihren Umsatz um 3,3 % auf 3,05 Milliarden Euro steigern, das Ergebnis vor Steuern betrug aber nur 0,8 % des Umsatzes, womit sich die 1,5 % des Jahres 2020 fast halbierten. In der gesunkenen Marge komme zum Ausdruck, so Petschar, dass die erzielten Erlösverbesserungen nicht ausgereicht haben, um die angestiegenen Kosten zu decken. Umso dringlicher sei nun die Anhebung der Verkaufspreise für Milchprodukte.

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  • W220407 Milchpreis: VÖM
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AUTORH.M.
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