„Mit dem finanziellen Schaden sinkt auch die Motivation“

Die Ferkelerzeuger stehen mit dem Rücken zur Wand: Die Ferkelpreise können die steigenden Produktionskosten nicht mehr abdecken. Dazu stockt der Absatz besonders für kleinere Partien.

Josef Brandstätter (EZG), BBK Horn-Obmann Herbert Hofer, LK NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner, Familie Dundler, LAbg. Franz Linsbauer und Robert Krapf (EZG)

Die heimischen Ferkelerzeuger haben derzeit große Sorgenfalten im Gesicht: Der Absatz gestaltet sich schwierig, die Preise sind wenig zufriedenstellend. Besonders betroffen sind kleine Ferkelpartien, die am freien Markt gehandelt werden. Bei einem Betriebsbesuch im Waldviertel haben sich LK NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner und LAbg. Franz Linsbauer selbst ein Bild von den Sorgen der Ferkelproduzenten gemacht und gleichzeitig nach Lösungsansätzen gesucht.

Beratungsangebot der LK für den eigenen Betrieb nutzen

Lokalaugenschein in Theras im Bezirk Horn: Michaela und Erich Dundler bewirtschaften hier ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau und rund 55 Zuchtsauen zur Ferkelproduktion. Vermarktet werden diese über die Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf. Doch derzeit stockt der Absatz. „Die Mäster stellen aufgrund der explodierenden Futterkosten derzeit nur schleppend ein“, berichten Michaela und Erich aus der Praxis. Das bringe deutliche Überhänge im Ferkel­angebot mit sich. Die Tiere stehen länger am Betrieb und werden schwerer. „Bezahlt wird aber bis maximal 31 Kilogramm pro Ferkel“, zeigen die Dundlers auf, dass sie im heurigen Jahr damit so bereits mehr als zwei Tonnen an Lebendgewicht praktisch verschenken mussten. „Abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden sinkt damit auch die Motivation für unsere tägliche Arbeit“, so Familie Dundler.

„Wir von der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf setzen bereits seit dem vorigen Herbst Maßnahmen zur Entlastung des Ferkelmarktes“, berichtet Josef Brandstätter. Mastbetriebe erhielten im Herbst 2021 eine Ferkelankaufunterstützung, Ferkelexporte ins Ausland (Spanien, Bulgarien) wurden durchgeführt. Zusätzlich wurden vereinzelt auch Ferkel in die Lohnmast gestellt, wenn die Rahmenbedingungen dies zuließen. „Doch all diese Maßnahmen können nur temporär in einer Extremsituation, wie wir sie jetzt monatelang erlebt haben, zur Anwendung kommen“, stellt Brandstätter klar.

Kleinere Betriebe, die ihre Ferkel über den Ferkelring am freien Markt verkaufen, sollten sich laut Robert Krapf von der EZG mittelfristig überlegen, ob eine Umstellung des Betriebes oder eine betriebliche Weiterentwicklung möglich ist, um das Einkommen abzusichern. Dazu bietet sich der Einstieg in ein geschlossenes System ebenso an wie die Umstellung auf andere Produktionsrhythmen, damit gleichmäßigere, größere Partien erzeugt werden können. Potential sieht er auch in der Bioschweinehaltung sowie in der Teilnahme an Tierwohlprogrammen der EZG.

Wer Versorgungssicherheit möchte, der muss “bewusst” statt “billig” einkaufen.

Für LK NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner sind Genossenschaften wie die Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf starke Partner für die österreichische Schweinewirtschaft. Die EZG Gut Streitdorf zeige sich dazu auch als Solidargemeinschaft, als Genossenschaft, die sich für alle Mitglieder, auch bei unterschiedlicher Interessenlage, einsetze.

„Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich bietet kompetente und unabhängige Beratung“, lädt die Vizepräsidentin betroffene Betriebe ein, die Angebote der Interessensvertretung zu nutzen. Damit könnten Möglichkeiten für den einzelnen Betrieb aufgezeigt und Grundlagen für die Entscheidungsfindung erarbeitet werden. Längerfristig unterstütze die Zusammenarbeit in den Arbeitskreisen, laufende Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Wirtschaftlichkeit im Blick zu behalten.
Die Politik sieht LAbg. Franz Linsbauer gefordert, mit der Umsetzung der Herkunftskennzeichnung zu einer raschen Problemlösung beizutragen.

Die klare Erkennbarkeit der Herkunft von Lebensmitteln diene den Konsumentinnen und Konsumenten als Grundlage für ihre Kaufentscheidungen, gerade bei Verarbeitungsware oder in der Gastronomie. „Es wäre fatal, wenn die weitere Abstockung der Tierbestände die Zukunft unserer Betriebe und die Produktion wichtiger Lebensgrundlagen gefährden. Zunehmende Importabhängigkeit und weiter steigende Inflation wären die Folge“, zeigt Linsbauer mögliche Konsequenzen der Krise auf.

 

- Bildquellen -

  • Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand: LK NÖ/Pomassl
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AUTOREva Riegler/red. AR
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