Drei Viertel aller in Tirol für die Produktion von Sonnenstrom geeigneten Dächer müssen bis zum Jahr 2050 mit PV-Modulen bestückt werden, damit Tirol sich unabhängig von fossiler Energie aus dem Ausland machen und sich unterm Strich selbst versorgen kann. In der Landwirtschaft stehen große Dachflächen zur Verfügung. Mit Unterstützung des Landeskulturfonds (LKF), einer Einrichtung zur Stärkung und Erhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe in Tirol, wird der PV-Ausbau in der Landwirtschaft forciert. Der LKF bietet interessierten Betrieben ein Kreditprogramm, das den Ausbau von PV in der Landwirtschaft ermöglichen und beschleunigen soll. Der Prangerhof in Gschnitz war einer der ersten landwirtschaftlichen Betriebe, die mit Hilfe des LKF eine PV-Anlage installiert haben.

„Ziel ist es, sowohl die Energiewende voranzutreiben als auch unsere bäuerlichen Betriebe wirtschaftlich zu stärken. Eigene Energie vom Dach soll die – auch in der Landwirtschaft erheblich gestiegenen Kosten – senken und neben anderen Standbeinen ein weiterer Betriebszweig und Einkommensbestandteil werden“, erklärt Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler, Vorsitzender des Kuratoriums des Landeskulturfonds. Seit vergangenem Jahr bietet der LKF Investitionskredite zur Finanzierung von gebäude- und dachintegrierten PV-Anlagen in der Landwirtschaft an. „Unsere Höfe können einen großen Beitrag zur Energieunabhängigkeit leisten, haben aber vielfach nicht die finanzielle Schlagkraft und infrastrukturellen Voraussetzungen“, weiß Energie- und Agrarreferent LHStv. Geisler.

Land unterstützt Netzzutritt

Der Realisierung von größeren PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden standen bislang vielfach hohe Kosten für den Anschluss und die notwendige Verstärkung der Netze im Wege. Damit Sonnenenergie in das Stromnetz eingespeist werden kann, müssen gerade auch im ländlichen Raum die Stromnetze ausgebaut werden. Die Kosten dafür müssen laut Bundesgesetz jene zahlen, die Strom einspeisen wollen. „Auch diese Hürde haben wir mit einer Landesförderung für den Netzzutritt landwirtschaftlicher Betriebe im Herbst letzten Jahres beseitigt. Wir unterstützen die Anschlusskosten für Anlagen von 20 bis 250 kWpeak, die mehrere Tausend Euro betragen können, mit 40 Prozent“, verweist LHStv. Geisler auf eine weitere Maßnahme zur Erreichung der Energieautonomie 2050.   

Lebensmittel und Energie

Für die Familie Pranger vom Prangerhof in Gschnitz ist die seit Ende September letzten Jahres geltende Landesförderung für den Netzzutritt leider zu spät gekommen. Sie hat sich bereits im Frühjahr 2021 zur Installation einer PV-Anlage entschlossen. Diese ist mit 20 kWpeak aufgrund der hohen Anschlusskosten aber kleiner ausgefallen als ursprünglich geplant. Die Anlage ist mit Unterstützung des LKF im Sommer 2021 in Betrieb gegangen. Rund die Hälfte der produzierten Energie wird am Hof selbst verbraucht. Der Rest wird eingespeist. „Die PV-Anlage hilft uns, Kosten zu sparen“, erklären Elke und Peter Pranger. Die Familie Pranger führt ihren Hof in Gschnitz im Vollerwerb. Vor einigen Jahren ist sie von der Grauviehzucht auf das Halten von Fleischrindern (Tiroler Grauvieh-Almochs) umgestiegen. Der Prangerhof steht unter Denkmalschutz. Dessen Erhaltung ist für die Familie ein großes Anliegen, gleichzeitig aber auch eine große Herausforderung und kostenintensiv.

„Obwohl die Richtlinie erst seit einem Jahr in Kraft ist, wurde die Finanzierungsmöglichkeit zur Errichtung von bäuerlichen PV-Anlagen mit bisher zwölf Fällen rege in Anspruch genommen. Aufgrund der aktuellen Situation und des steigenden Zinsniveaus erwarten wir eine verstärkte Nachfrage nach zinsgünstigen Darlehen für die Installation von PV-Anlagen“, berichtet LKF-Geschäftsführer Thomas Danzl.

Vorrang für Lebensmittel

„Auf die Unterstützung von Freiflächenanlagen – also großen PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen – verzichten wir in den Programmen von Land Tirol und LKF bewusst. Die Lebensmittelproduktion hat Vorrang. Bevor wir wertvolle landwirtschaftliche Flächen angreifen, sollte die Energiegewinnung auf bereits versiegelten Flächen wie Einkaufszentren oder Parkplätzen erfolgen“, so Geisler. Das bedeute aber nicht, dass Freiflächenanlagen generell abzulehnen sind. „Wir werden auch Freiflächenanlagen brauchen. Aber wir sollten hier sehr behutsam vorgehen.“

Neben den PV-Krediten konnten vom LKF im vergangenen Jahr aber auch 124 Agrarinvestitionskredite mit einer Summe von fast 14 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen bei Wirtschaftsgebäuden und den Ankauf von Bergbauernspezialmaschinen gegeben werden. „Damit stieg das Investitionsvolumen trotz gestiegener Baukosten gegenüber 2020 um vier Millionen Euro an“, zieht Danzl Bilanz über das Jahr 2021. Insgesamt sind aktuell rund 2.200 Kredite in der Höhe von 127 Millionen Euro an bäuerliche Betriebe in Tirol vergeben. Etwa jeder fünfte aktive Betrieb hat eine Finanzierung beim LKF. „Der Landeskulturfonds ist damit einer der wichtigsten Finanzierungspartner der Tiroler Landwirtschaft und unterstützt mit seinen Kreditprogrammen Investitionen in das Tierwohl durch Investitionskredite für Laufställe ebenso wie die Anpassung an den Klimawandel durch Bewässerungsanlagen oder die Energieunabhängigkeit Tirols“, unterstreicht LHStv. Josef Geisler die Bedeutung des LKF weit über die Landwirtschaft hinaus.

- Bildquellen -

  • Solar Panesl Or Photovoltaic Plant On The Roof Of A House: Adobe Stock
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