“Es mag sein, dass viele – vor allem in den Ballungsräumen – in der Rückkehr der großen Beutegreifer in den Alpenraum etwas Positives sehen. Weite Teile der direkt Betroffenen tun das nicht! Sie müssen mit den damit verbundenen Sorgen und Konsequenzen leben. Es kann nicht das Ziel sein, dass zwar der Wolf da, die Nutztiere und die Erholungssuchenden aber aus den Almgebieten verschwunden sind!“ Mit diesen eindringlichen Worten hat Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler die Petitionen und Schreiben aus Serfaus, Fiss und Matrei i. O. an die VertreterInnen der gesetzgebenden Körperschaften übermittelt und fordert, den Handlungsspielraum im Wolfsmanagement zu erhöhen und den Erhaltungszustand gesamteuropäisch zu betrachten.
Das Land Tirol ist aber auch in Sachen Herdenschutz nicht untätig und hat im vergangenen Jahr beim renommierten Schweizer Institut Agridea eine Machbarkeitsstudie Herdenschutz in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war ernüchternd: Herdenschutz ist auf den hochalpinen und touristisch teils stark frequentierten Tiroler Schafalmen nur sehr bedingt umsetzbar und mit erheblichen Kosten von elf bis 80 Euro pro Schaf verbunden. Erfahrungen aus der Schweiz belegen zudem, dass Herdenschutz Grenzen hat und nur in Kombination mit Regulierung und gezielten Abschüssen funktioniert.
„Müssen alles tun, um Almwirtschaft zu erhalten“
Aufgrund des Schutzstatus und der hohen Reproduktionsrate insbesondere des Wolfs ist mit einem vermehrten Auftreten großer Beugegreifer in Tirol zu rechnen. Die Wolfspopulation verzeichnet einen Zuwachs von bis zu 30 Prozent pro Jahr. Wölfe wandern bis zu 1.000 Kilometer.
„Wir können die Augen vor den Entwicklungen nicht verschließen und müssen alles tun, um die Beweidung der Almflächen und damit das Landschaftsbild, den Schutz vor Naturgefahren, die Biodiversität und die Attraktivität für den Tourismus zu erhalten. Das Land Tirol lässt die Schafbauern in dieser Situation nicht allein“, versichert Geisler. Die Tiroler Landesregierung hat bereits im Jahr 2012 Richtlinien für die die Abgeltung von Schäden durch große Beutegreifer beschlossen, die in der Zwischenzeit an die aktuellen Erfordernisse angepasst wurden. Doch mit der Abgeltung einzelner Schadereignisse ist es nicht mehr getan.
Zum Schutz der heimischen Weide- und Almwirtschaft vor Schäden durch große Beutegreifer beschloss die Tiroler Landesregierung am Dienstag daher die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen mit einem Fördervolumen bis zu 500.000 Euro jährlich in den Haushaltsjahren 2020 und 2021. Die Genehmigung durch den Tiroler Landtag muss noch erfolgen. Mit Herdenschutzmaßnahmen ist regelmäßig eine Umstellung der bislang gewohnten Bewirtschaftungspraktiken und ein entsprechender Mehraufwand verbunden. Von der Präsenz großer Beutegreifer betroffene Regionen sollen ebenso unterstützt werden wie freiwillige Betriebe und Pilotregionen, die auch ohne unmittelbaren Beutegreiferdruck zur Erarbeitung verallgemeinerungsfähiger Erfahrungswerte beitragen möchten.
Allein im heurigen Jahr sind in Tirol bereits 28 gerissene Schafe (Stand 16. Juni 2020) zu verzeichnen, bei denen DNA-Analysen die Beteiligung von Wölfen bestätigen. Weitere Untersuchungsergebnisse stehen noch aus. Im vergangenen Jahr hat das Land Tirol Entschädigungszahlungen für 58 Schafe geleistet.
Unterstützen kann man die Petition „Schutz der Bevölkerung, der Land- und Almwirtschaft, des Tourismus und des ländlichen Raumes vor gefährlichem Beutegreifer“ online unter www.tirol.gv.at/landtag/petitionen/.
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