Jetzt ist Führung gefragt

Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”

Ein kurzer Rückblick auf die Ära Kurz sei noch gestattet: Seine stärkste Zeit hatte Sebastian Kurz während des ersten Lockdowns, seine zweitstärkste war die Regierungskrise am Ende der türkis-blauen Koalition – und das brachte der ÖVP seinerzeit auch die besten Umfrage- und schließlich Wahlergebnisse.
Die Führungsstärke von Sebastian Kurz gerade in schwierigen Zeiten war das Erfolgsrezept für die Partei.
Das wiederum erklärt die Logik der Oppositionspolitik der letzten Monate: Die Opposition hat alles darangesetzt, die Autorität des ÖVP-Chefs und Kanzlers Kurz zu untergraben. Sie hat dabei in Kauf genommen, dass die Gegner der strikten Corona-Politik der Regierung Oberwasser gewonnen haben – mit üblen Folgen für die gesamte Republik.
Das Spiel wird auch gegenüber dem neuen ÖVP-Chef Karl Nehammer weiterbetrieben: Der war noch gar nicht als Kanzler angelobt, da wurde schon von Opposition und von regierungskritischen Journalisten analysiert, dass Nehammer ein Gefangener der unterschiedlichen Interessen von Landesparteien und Bünden wäre. Er wäre, wie in den schlechtesten Zeiten der ÖVP, ein schwacher Kanzler, der an Föderalismus und Parteistruktur scheitern müsse. Nehammer wird das genau beobachtet haben. Er ist gelernter Offizier und weiß durch diese Ausbildung, dass Autorität nur hat, wer die Einheitlichkeit der Führung herstellen kann. Es ist schon richtig, andere Meinungen einzuholen – aber dann muss der Parteichef und Kanzler mit harter Hand führen und klarstellen, dass Dreinreden der Partei und dem Land schadet.

conrad.seidl@gmx.at

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