Landwirt ist ein harter Beruf. Überall auf der Welt. Doch die südafrikanischen Farmer werden nicht müde zu betonen, wie hart es ist, ein Landwirt in Südafrika zu sein. „Südafrika ist ein raues Land zum Arbeiten. Hier ist kein Platz für Weicheier“, erklärt Omri van Zyl, Geschäftsführer von Agri Südafrika, dem dortigen Bauernverband.
Nicht warten, sondern selbst etwas bewirken
So steht Südafrika einer der schwersten Dürren der vergangenen hundert Jahre gegenüber. In manchen Gegenden hat es seit drei Jahren nicht geregnet. Auch die Gewalt und Kriminalität, mit der viele Großbauern konfrontiert werden, ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. „Die Menschen werden aus Armut in die Kriminalität getrieben“, erklärt Farmer Iazak aus der Region Gauteng, nahe Johannesburg. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent. Hinzu kommt die politische Instabilität, die den Bauern zu schaffen macht. Immer wieder kommt es auch zu Korruptionsvorwürfen gegen südafrikanische Politiker.
Und so bemühen sich die Farmer, zu richtigen „Machern“ zu werden. „Wir haben keine Lust zu warten, bis die Politik etwas ändert. Wir machen das lieber selbst“, betont Bernard Kotze. Er ist Produktmanager der Du Toitskloof Fairtrade Initiative – aus Leidenschaft.
Bereits 1962 haben sich sechs Winzer in der Region Westkap zur Kooperation Du Toitskloof Kellerei zusammengeschlossen. Diese besteht heute bereits aus elf Familien. Im Rahmen der Fairtrade-Initiative fließt für jede Flasche verkauften Du Toitskloof-Wein ein Südafrikanischer Rand (etwa sieben Cent) in die verschiedenen sozialen Projekte. Dazu zählen Tagesstätten für Kinder, eine Klinik, eine Volksschule, ein Schulbus-Service, Stipendien für weiterführende Schulen und tertiäre Bildung sowie Erwachsenenbildungsprojekte und Gesundheits- und Sicherheitsschulungen.
„Diese Kinder wären sonst vielleicht nie in einer Schule gewesen“, erklärt Bernard, weshalb er und das Projektteam sowie die Winzerfamilien selbst etwas bewirken wollen, ohne auf die Hilfe vom Staat zu warten. Zurzeit sind 200 Kinder in Betreuung, 50 Computer konnten angeschafft werden, und 1800 Menschen aus der Region haben direkt vom Fairtrade-Projekt profitiert.
Winzer sein in einem Biertrinker-Markt
Neben dem sozialen Engagement sind die Winzer der Du Toitskloof Kellerei sehr exportorientiert. Als südafrikanischer Winzer muss man das sein, denn die einheimische Bevölkerung trinkt lieber Bier. Die südafrikanischen Winzer beneiden Österreich, weil dort der eigene Wein getrunken würde, erzählt einer der Kellermeister.
Tatsächlich liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Wein in Südafrika bei nur 6,9 Litern pro Jahr. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Österreicher trank 2015 etwa 27 Liter Wein. Die einheimische Bevölkerung, die etwa zu 80 Prozent aus Schwarzen besteht, trinkt lieber Bier als Wein.
Bewässerungssystem half über Dürre hinweg
Einen starken lokalen Markt konnte sich dennoch das Weingut Van Loveren im Gebiet Robertson Valley, 175 km nordöstlich von Kapstadt, aufbauen. Hier werden auf 2150 Hektar 18 Mio. Liter Wein produziert. Trotz der Dürre konnte im vergangenen Jahr eine Rekordernte eingebracht werden, dank des Bewässerungssystems. Kellermeister Bussell Retief erklärt: „Wir haben uns selbst, gemeinsam mit dem Wasser-Ausschuss, dafür entschieden, die Mengen freiwillig zu begrenzen.“ So wurde zu Beginn der Saison zu 100 Prozent bewässert, nachdem die Pflanzen ausgewachsen waren, wurde nur noch mit zwei Dritteln der Wassermenge bewässert und die letzten 40 Tage vor der Ernte nur noch zur Hälfte. Jene Betriebe, die über keine Bewässerungsanlage verfügen, hatten Probleme mit der Dürre, erzählt Bussell. Ernteversicherungen haben die Winzer hier nicht. Dank des Bewässerungssystems und des guten Klimas würde es jedoch kaum zu Schäden kommen, so der Kellermeister. In den vergangenen 50 Jahren habe es nur einmal Frost gegeben. Auch Hagelstürme seien in dieser Gegend selten. Der Ernteausfall bei Van Loveren beträgt durchschnittlich etwa ein Prozent, das würde man akzeptieren, erklärt Bussell.
Mehr Freihandel und Inlandskonsum
Von der produzierten Menge gehen etwa 20 Prozent in den Export. Der größte Exportmarkt dafür ist Afrika selbst, insbesondere Ghana und Sambia. In Europa sind die Niederlande und Deutschland die größten Abnehmer, in Asien China und Japan. Vor allem der chinesische Markt zeige noch Wachstumspotenzial, erklärt Bussell. Größter internationaler Konkurrent ist Chile. Auf den chilenischen Wein fallen im Vergleich zum südafrikanischen Wein 30 Prozent weniger Steuern an, so Bussell. Damit habe Chile einen Preisvorteil auf dem Weltmarkt.
Bussells Wünsche für die Zukunft der südafrikanischen Weinwirtschaft wären mehr Freihandelsabkommen und den Inlandsverbrauch etwas anzukurbeln. Auch Bussell macht die politische Situation, die Instabilität und die Korruption im eigenen Land zu schaffen. Dennoch ist er für die Zukunft positiv gestimmt: „Wenn du negativ eingestellt bist, wirst du hier nicht überleben. Ich glaube an Südafrika. Aber wir bräuchten noch mehr Menschen, die an unser Land glauben.“
Wein in Südafrika: Zahlen zur Weinindustrie
• 1,7 Prozent der weltweiten Weinproduktionsflächen liegen in Südafrika.
• Südafrika hält 4,1 Prozent der weltweiten Weinproduktion und ist damit achtgrößter Weinproduzent nach Italien, Frankreich, Spanien, USA, Argentinien, Chile und Australien.
• Die südafrikanische Weinindustrie macht 1,2 Prozent des BIP aus.
• Insgesamt gibt es 3314 Produzenten in Südafrika und 559 Kellereien.
• 289.151 Menschen sind in der Weinindustrie beschäftigt.
• 45,4 Prozent der angebauten Trauben sind weiß.
• Die Top-6-Sorten sind Chenin blanc, Cabernet Sauvignon, Colombar, Shiraz, Sauvignon blanc und Chardonnay.
Eva Zitz