Im Abseits

Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.

Man muss Max Lercher nicht kennen. Der Steirer, 33, ist ehemaliger Kurzzeit-SPÖ-Bundesgeschäftsführer und seit wenigen Monaten Abgeordneter zum Nationalrat. Für seine roten Genossen war der gerne als „Parteirebell“ Gehandelte vorübergehend sogar mal ein Hoffnungsträger.
Neuerdings ist er ihr „Sprecher für den ländlichen Raum“. Und übt als solcher Kritik an den Plänen der türkis-grünen Bundesregierung, auf Bauernhöfen insbesondere die Kinderbetreuung oder Altenpflege zu forcieren. Bekannt sind solche Vorhaben unter dem Begriff „Green Care“. Ähnliche Projekte stoßen europaweit längst auf Anerkennung und Unterstützung.
Obwohl „Enkel zweier Landwirtinnen“, wie Lercher in einer parlamentarischen Anfrage an Landwirtschaftsministerin Köstinger eigens anführt, versteht er unter Green Care aber vermutlich nur Bahnhof, wenn er klassenkämpferisch höhnt: „Regionalentwicklung besteht nicht aus Bauernförderung.“
Dass Green Care nicht nur Chancen für bäuerliche Betriebe in meist strukturschwachen Ungunstlagen bietet, sondern auch Arbeitsplätze für bestens ausgebildete Kindergärtnerinnen, diplomierte Pfleger oder Jugendbetreuer bedeutet, davon hat Lercher offenbar mangels Recherche keine Ahnung. Lieber stößt er sich etwa an der Konzept-Überschrift „Bauernhof als Zentrum der Dörfer“ und will wissen, „wie man in der Umsetzung dem Problem begegnet, dass sich Bauernhöfe räumlich nicht im Zentrum der Dörfer befinden, sondern eher am Rande?“ Ob er merkt, wie sehr er damit nicht nur sach-, sondern auch sozialpolitisch im Abseits steht?

bernhard.weber@bauernzeitung.at

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