Ackerbauern im Weinviertel gehen in der Debatte um ein Verbot des Wirkstoffs Glyphosat in die Offensive. In einer Bürgerinformationsversammlung im Bezirk Korneuburg (NÖ) haben sie in der Vorwoche über die Gründe informiert, aus denen sie ein Glyphosatverbot für sachlich unsinnig halten und deshalb ablehnen. Einer der Betreiber der Initiative ist Lorenz Mayr aus Steinabrunn in der Marktgemeinde Großmugl. Der Junglandwirt führt auf seiner facebook-Seite die Argumente an, warum gerade aus Gründen des Erosionsschutzes dem Totalherbizid Glyphosat eine wichtige Rolle zukommt.
Hochwasserschutz beginnt auf dem Acker
Die Böden im Weinviertel sind durch Starkregen gefährdet. Immer häufiger kommt es auf den Feldern zu Abschwemmungen und zu Überflutungen ganzer Ortschaften. Lorenz Mayr stellt dazu fest, dass der Hochwasserschutz bereits beginnt, wenn die Regentropfen zu Boden fallen, dann aber nicht ungehindert abfließen, sondern durch die abgefrostete Begrünung gebremst werden und im belebten, durchwachsenen Boden versickern können. Um die gewünschte Mulchschicht ackerbaulich erhalten zu können, ist das Totalherbizid Glyphosat erforderlich. Bei der Mulch- und Direktsaat wird der Wirkstoff nur vor bzw. bis fünf Tage nach der Saat oder erst nach der Ernte eingesetzt und dies im Rahmen der Fruchtfolge auch nur alle vier bis fünf Jahre einmal. Mit den Erntefrüchten bzw. mit den auf den Feldern erzeugten Lebensmitteln kommt das Herbizid gar nicht in Berührung. Mayr wörtlich: “Diese Klarstellung fehlt mir in jeder der sehr emotional geführten Diskussionen und Berichterstattungen.”
Würde man den Wirkstoff Glyphosat in der EU bzw. in Österreich verbieten, dann würden die Begrünungen einen Großteil ihrer positiven Effekte verlieren, ist Mayr überzeugt. Denn die Landwirte müssten ihre Felder dann vor dem Anbau der Ackerfrüchte mechanisch bearbeiten, worunter die Erosionsfestigkeit leidet. Auch für Laien dürfte klar sein, dass abgestorbene Pflanzen, die mit dem Boden aktiv verwurzelt sind, jeder Erosion besser standhalten als oberflächlich eingearbeitete, meint Mayr.
Die positiven Eigenschaften der Mulchsaat gegenüber konventioneller Bestellung seien enorm; zudem ermögliche neueste Technik seit einigen Jahren eine perfekte Direktsaat ohne vorhergehende Bodenbearbeitung.
Sikkation ist in Österreich bereits verboten
Wichtig ist Mayr und seinen Weinviertler Bauernkollegen, dass sie mit Zulassungsbeschränkungen kein Problem haben. Die Sikkation, also das Totspritzen von erntereifen Pflanzen, sei in Österreich ohnehin bereits verboten. Das in bayerischem Bier angeblich gefundene Glyphosat könne also mit Sicherheit nicht aus österreichischer Gerste stammen. Wichtig ist den Bauern aber die Anwendungsmöglichkeit von Glyphosat im Rahmen der Mulch- und Direktsaat.
“Roundup Ready” wird weiterhin importiert
Als unaufrichtig und heuchlerisch empfinden die Landwirte, dass in der EU zwar der Wirkstoff Glyphosat verboten werden könnte, dass sich aber im gleichen Zug niemand darum kümmert, ob “Roundup Ready”-Sojabohnen, -Raps oder -Baumwolle weiterhin in die EU importiert werden. Die Bauern sind überzeugt, dass trotz eines Verbots des Wirkstoffs in der EU weiterhin mit Glyphosat behandelte Agrargüter importiert würden.
Die Ackerbauern im Weinviertel fordern dazu auf, die Sachlage mit klarem Verstand zu beurteilen und von Polemik Abstand zu nehmen. Direktsaat ist “passiver Hochwasserschutz”. Viele Bauern haben in moderne Technik für Mulch- und Direktsaat investiert, stimmen die Anbaupläne auf den Erosionsschutz ab und setzen weitere freiwillige Maßnahmen. Ein generelles Glyphosatverbot würde diese Bemühungen unterlaufen.
Hans Maad