Das Ackerbaujahr begann hierzulande mit einem trockenen Herbst, im Winter fehlten dann jene Niederschlagsmengen, die im warmen Monat Mai annähernd nachgeholt wurden und im Frühjahr zu einer raschen Entwicklung der Kulturen führten. Das wirkte sich positiv auf die Kornfüllung aus, weshalb heuer außerordentlich hohe Hektoliter-Gewichte von Weichweizen sowie gute Korngrößensortierungen bei Braugerste geerntet wurden. Lediglich für viele Wintergerstenbestände kamen die Niederschläge im Mai und Juni zu spät. Hitze und Trockenheit im Juli begünstigten eine zügige Ernte ohne große Unterbrechungen.

Mehr Brotgetreide geerntet
Weichweizen – die bedeutendste Kultur auf Österreichs Äckern– wurde heuer mit einem Plus von fast 7.000 Hektar verstärkt angebaut. Die vergrößerte Anbaufläche in Verbindung mit durchschnittlichen Hektarerträgen von 5,7 t ergibt eine nationale Erntemenge von 1,5 Mio. t. Damit ernteten Österreichs Bauern um 8 % mehr als im ertragsschwachen Vorjahr und 7 % mehr als im Fünfjahresdurchschnitt. Durchwegs gut waren auch die Qualitäten: „90 % des Weizens sind Mahlweizen und haben hervorragende Qualität“, betont der Vorsitzende des Fachbeirates Getreide der AMA, Ernst Karpfinger. Stark zugenommen hat auch die Hartweizenproduktion. Mit einer Flächenausweitung von 19 % und überraschend guten Hektarerträgen von 4,8 t/ha wurden gesamt 110.000 t Hartweizen (+ 9,1 % zum Vorjahr) für die Teigwarenherstellung erzeugt.

„90 % des Weizens ist Mahlweizen und hat hervorragende Qualität“ – Ernst Karpfinger

Mit 170.000 t nach wie vor unterdurchschnittlich ist Österreichs Roggenernte. Trotz der überdurchschnittlichen Hektarerträge im Hauptanbaugebiet Waldviertel (10,6 % über dem Mittel) blieb die Gesamterntemenge für Österreichs zweitwichtigstes Brotgetreide hinter den Erwartungen. Der Grund, die Anbaufläche wurde nach dem 10-Jahrestief im Vorjahr nur geringfügig, also um 5 % angehoben. Unter den Bio- Getreiden fällt vor allem Bio- Dinkel mit einem Plus der Anbaufläche von 45,5 % auf, die gesamte Bio-Ackerfläche nahm mit 2.591 ha erneut um 1 % zu.

Erneut Einbruch bei Sommerungen
Nach den im Vorjahr durchwegs guten Gerstenerträgen, bilanzierte die AMA heuer mit einem Minus von 4,3 % und gesamt 695.000 t Gerste. Fortgesetzt hat sich auch in der heurigen Saison der Rückgang der Sommerungen zugunsten von Wintergetreide. 19 % weniger Sommergerste wurden im Vergleich zum Vorjahr angebaut. Auch Hafer verlor erneut um 16 %. Die unterdurchschnittlichen Sommergerstenerträge von lediglich 3,8 t/ha (-13,6 % im Vergleich zu 2021) konnten auch von der klimafitten Wintergerste nicht kompensiert werden, welche mit durchschnittlich 6,2 t/ha heuer wieder das ertragsstärkste aller im Sommer geernteten Getreide darstellt. Die kühle und regenreiche Kornfüllungsphase führte zu einer hervorragenden Korngrößensortierung bei Braugersten, der heimische Brau- und Malzsektor kann daher mit ausreichend Ware bedient werden.

Grafik Durchschnittserträge2022Quelle: BZ/MERL; Illustration: Mascha Tace - stock-adobe.com

Durchwachsen bei Raps und Erbse
Die Rapserträge sind auch heuer wieder knapp 15 % unter dem mehrjährigen Durchschnitt. Die Gesamternte von 90.000 t übertrifft das Vorjahr jedoch geringfügig. Die Trockenheit und der hohe Schädlingsdruck wurden der bedeutendsten unter den Ölsaaten auch 2022 wieder zum Verhängnis. Körnererbsen konnten, trotz Flächenzuwächsen von 6 %, ihr Ertragsniveau vom Vorjahr lediglich halten.

Reger Außenhandel
Der Außenhandel im Wirtschaftsjahr 2022/2023 wird inklusive Mais auf ein Exportvolumen von 1,8 Mio. t geschätzt, die Importe auf 3 Mio. t. Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der AMA, sieht eine gute Versorgungslage beim Grundnahrungsmittel Getreide, trotz Ernteausfällen und steigenden Produktionskosten. Christian Gessl, zuständiger Abteilungsleiter der AMA, weist auf einen Rückgang bei den europaweiten Lagerbeständen bei Getreide und zunehmende Probleme globaler Lieferketten hin. Während die EU-Hauptgetreideproduzenten im Gegensatz zum österreichischen Trend mit Ausnahme Deutschlands allesamt weniger ernten als im Vorjahr, weitet die EU ihre Weizenexporte um ein Viertel (+24,1%) aus. Vornehmlich nach Afrika und in den Nahen Osten wird verstärkt exportiert. Global sei mit einem Abbau der Lagerbestände zu rechnen, erklärt Gessl und belegt dies mit jüngsten Prognosen des internationalen Getreiderates (IGC). Demnach stehen einem Verbrauch von 2,28 Mrd. t eine Gesamtproduktion von rund 2,25 Mrd. t gegenüber.

Quelle: Mirjam Reither
Getreideernte-Bilanz der AMA mit Christian Gessl, Günter Griesmayr und Ernst Karpfinger

Ausblick auf den Herbst
Die Maisbestände wurden in der Blüte von Trockenheit und Hitze heimgesucht, was die Befruchtung zum Teil beeinträchtigt haben dürfte. Es sei daher mit einer gemäßigten Maisernte zu rechnen, so die Experten aus der AMA. Auch die Soja-, Sonnenblumen- und Rübenbestände wurden bisher unterschiedlich stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Sojabohnenfläche war im Vergleich zum Vorjahr 22,7 % und zu den vergangenen zehn Jahren um 151,6 % ausgedehnt worden – ein neuer Österreich-Rekord. Damit nimmt man im EU-27 Vergleich nun Platz 5 unter den Anbauländern ein. Hauptgrund für die massive Zunahme sind die enormen Düngemittel- und weiterhin hohen Sojapreise. Unterdessen stagniert die Körnermaisfläche, Sonnenblumen wurden – trotz des Ausbleibens von ukrainischen Importen – um 451 ha weniger als im Vorjahr angebaut. Auch die Rübenfläche fällt gut 10 % geringer aus, übertrifft jedoch nach wie vor das Niveau von 2018 bis 2020.

Getreide verdoppelt, Dünger verdreifacht
Die Vermarktungssaison der Ernte 2022 startete auf einem höheren Niveau als vor einem Jahr. Qualitätsweizen wird an der Wiener Produktenbörse (KW 31) um 61 % höher bewertet, Mahlweizen verteuerte sich um 59 %. Hartweizen ist aktuell um 14 % teurer als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr. Futtergerste ist mit einem Anstieg von 62 % zwar teurer, aber durch Erntedruck um 22 % unter dem Niveau der alten Ernte im März 2022. Karpfinger dazu: „Auch in Österreich sind neben dem Preisanstieg von Getreide auch die Betriebsmittel aufgrund der internationalen Entwicklungen deutlich gestiegen.“ Die Stickstoffdüngemittelpreise, Kalkammonsalpeter+262% und Harnstoff +195%, liegen aktuell auf dem dreifachen Niveau zum Vorjahreszeitpunkt. Unterdessen sinkt der globale Getreideverbrauch geringfügig ab, da 1,3 % weniger als Futtergetreide Verwendung findet und die industrielle Verarbeitung sinkt. Nach einem Covid-bedingten Rückgang ist die Vermahlung hingegen wieder leicht im Plus. www.ama.at

 

- Bildquellen -

  • Grafik Durchschnittserträge2022: BZ/MERL; Illustration: Mascha Tace - stock-adobe.com
  • Bildschirmfoto 2022 08 05 Um 14.36.39: Mirjam Reither
  • : Swetlana Wetuschinskaja - stock.adobe.com
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AUTORMartina Rieberer, Clemens Wieltsch
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