Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”.
„Wahlkampfzeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz“, grantelte vor Jahren der Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Der Vorwurf trifft alle Parteien, am meisten aber jene, die ständig „Skandal“ schreien. Und mit ihnen jene mehr oder weniger sozialen Medien, die gierig jeden behaupteten Skandal breittreten. Die Sache mit der geschredderten Druckerfestplatte, die wochenlang das politische Österreich bewegt hat, ist quasi ein Lehrbeispiel: Wie vom unparteiisch geführten Bundeskanzleramt diese Woche festgestellt wurde, ist nichts Illegales und auch nichts Ungewöhnliches daran, wenn man Festplatten schreddern lässt. Die Dummheit eines einzelnen Mitarbeiters, dies unter falschem Namen zu tun und auch noch die Rechnung offen zu lassen, gehört mit zu dem, was Häupl damals gesagt hat. Man kann auch darüber streiten, ob es besonders geschickt von der Schauspielerin Christiane Hörbiger war, das Verhalten der SPÖ rund um den Misstrauensantrag gegen die Regierung Kurz als „total verblödet“ zu bezeichnen – ganz sicher nicht gescheit und vor allem ungalant war es von der SPÖ, Hörbiger daraufhin als eine „senile alte Dame“ zu bezeichnen, die „irgendwelchen Schwachsinn daherplappert“. Im Wahlkampf muss man derlei ertragen – auch im Wissen, dass so etwas kaum Wählerstimmen bewegt. Die Gefahr ist eine andere: Es könnte bei vielen Wählern der Eindruck entstehen, dass Politiker an sich dumm, korrupt und konsensunfähig wären. Das sind sie nicht. Aber es wird immer schwieriger, das nach einer Wahl zu beweisen.
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