Futteranschieben bei Milchkühen: Es geht auch mit weniger Zeitaufwand

Silobewirtschaftung, Futterhygiene, Genauigkeit der Mischration, Häufigkeit der Futtervorlage und Futtertischmanagement sind zentrale Einflussgrößen auf die Futteraufnahme von Milchkühen.

Mit dem Futteranschieber kann gleichzeitig Kraftfutter ausgebracht werden. ©Bonsels
Mit dem Futteranschieber kann gleichzeitig Kraftfutter ausgebracht werden. ©Bonsels
Dass das natürliche Verhalten der Kühe hinsichtlich Futteraufnahmeintervall und -menge durch die Automatisierung des Nachschiebens unterstützt werden kann, zeigen einige Forschungsarbeiten. Eine höhere Futteraufnahme, in Kombination mit einer ggf. verbesserten Pansengesundheit aufgrund geringerer Pansen-pH-Wertschwankungen mit der Folge einer ebenfalls höheren Milchleistung dürfte die Folge sein.
Bei Untersuchungen in Tschechien (Mayer 2008) mit einer automatischen Futtervorlage (Nachschieben alle zwei Stunden = zwölfmal in 24 Stunden). wurde alle sieben Tage die Frequenz der Fahrten verändert. Es wurden jeweils sieben Tage lang je zwölf, zehn, acht, sechs und vier Fahrten in ab- steigender Reihenfolge durchgeführt. Danach wurde die Frequenz in umgekehrter Reihenfolge wieder erhöht. Dabei wurde mit häufigerem Futternachschieben eine höhere Gewichtszunahme der Tiere festgestellt. Dies führt bei Kühen, vor allem in der 1. Laktation, zu einer Stabilisierung und schnelleren Wiederherstellung der Körperkondition in der Frühlaktation und somit zu einer besseren Fruchtbarkeitsleistung. Die Milchleistung wurde bei den zwei Versuchsgruppen um 4,98 kg bzw. 4,12 Kilogramm gesteigert.
In der Schweiz (Nydegger et al., 2005) wurde viermaliges Anschieben des Futters per Hand mit zwölfmaligem automatisiertem Anschieben mit gleichzeitiger Kraftfutterzufütterung von 1,0 bzw. 1,5 kg pro Tier und Tag hinsichtlich der Futteraufnahme verglichen. Zwar konnte bei dieser Untersuchung im Gegensatz zu den Ergebnissen des Lehr- und Forschungszentrums Raumberg-Gumpensteinen keine positive Auswirkung auf die Futteraufnahme und Milchleistung festgestellt werden. Dennoch nahmen durch den mehrmaligen Effekt des Futtervorschiebens die Bewegungsaktivität und die Futtertischbesuche der gesamten Herde zu, ohne sich negativ auf die Gesamtliegezeiten der Tiere auszuwirken.
Vermutlich werden die positiven Auswirkungen des Futteranschiebens umso größer, je schlechter das bisherige “Anschiebe-Management” im Betrieb geregelt war. Gerade in Betrieben mit automatischen Melksystemen, die “rund um die Uhr” melken, muss die Futteraufnahme bzw. Erreichbarkeit des Futters für die Tiere auch in den Abend- und Nachtstunden sichergestellt sein.

Bei Anbaugeräten bleibt der Zeitaufwand

Anbaugeräte zum Abschieben ersetzen zwar die anstrengende körperliche Arbeit, eine Arbeitskraft ist aber dennoch mit der Tätigkeit gebunden. ©Bonsels
Anbaugeräte zum Abschieben ersetzen zwar die anstrengende körperliche Arbeit, eine Arbeitskraft ist aber dennoch mit der Tätigkeit gebunden. ©Bonsels
Anbaugeräte wie Schiebeschilder, Kehrreifen, Futterschnecken oder Radialbesen ersetzen zwar die körperlich anstrengende Arbeit des Futterschiebens, müssen aber trotzdem mehrfach am Tag zum Einsatz kommen, um den gewünschten Effekt einer höheren Aktivität der Herde und eine damit verbundene gleichmäßigere und somit pansenphysiologisch “harmonische” Futteraufnahme sicherzustellen.
Die Arbeitsbreiten dieser Varianten liegen zwischen 90 und 220 Zentimetern, die Kosten zwischen knapp 500 Euro (Radialbesen), 1300 bis 1700 Euro (Kehrbesen bzw. Schiebeschild) und 2300 Euro (Futterschnecke).

Anschieber auf Laufschienen

THOMAS BONSELS,Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen/LZ Eichhof ©ZVG
THOMAS BONSELS,Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen/LZ Eichhof ©ZVG
Der akkubetriebene Butler Silver der Firma Wasserbauer ist an einer oberhalb des Fressgitters angebrachten Laufschiene befestigt und fährt mittels Stützrad auf dem Boden. Für doppelreihige Ställe kann das System über eine U-Schiene auch für den zweiten Futtertisch genutzt werden. Möglich sind bis zu 30 Anschiebefahrten täglich, als “Lockfutter” lassen sich bis zu zwei Futtersorten füttern. Das rotierende Förderband schiebt das Futter zu den Kühen, der Anpressdruck wird über eine Feder reguliert, sodass das anzuschiebende Futter möglichst wenig verdichtet wird. Über eine Sicherheitsleine wird das System bei einer Kollision gestoppt.
Ein kontinuierliches Futternachschieben wird umso wichtiger, je glatter die Futtertischoberfläche, wie beispielsweise bei Kunstharzbeschichtungen, ausgelegt ist. Diese Ausführungen bieten hervorragende hygienische Eigenschaften und lassen ein schnelles Abschieben von Futterresten und Reinigen zu. Nachteilig können sich hier aber insbesondere Fehler in der Mischqualität und damit Homogenität der vorgelegten Trogration auswirken. Inhomogene Trogrationen führen zu “Tunnelfraß” und Selektion durch die Kühe, sodass die Tiere hierbei das Futter auseinanderschieben und damit das Futter nach kurzer Zeit nicht mehr in erreichbarer Nähe ist.

Schieber ohne Schiene

Flexible akkubetriebene Futteranschieber ohne Laufschiene gibt es inzwischen von mehreren Herstellern. ©Bonsels
Flexible akkubetriebene Futteranschieber ohne Laufschiene gibt es inzwischen von mehreren Herstellern. ©Bonsels
Automatische Futteranschieber sind in der Regel akkubetrieben. Hierzu zählen z. B. der Hetwin Stallboy Feed und der baugleiche FeedRover von Lemmer Fullwood. Als Zusatzausrüstung gibt es eine Vorrichtung zur Fütterung von Kraftfutter, das beim Anschieben der Trogration in geringen Mengen ausdosiert als “Lockfutter” die Kühe zum Besuch des Futtertisches animieren soll. Beide Systeme arbeiten schienen­los, die Referenzpunkte für die induktiven Sensoren werden in den Boden des Futtertisches eingelassen. Der auf zwei Rädern und zwei Drehrollen fahrende rotierende Anschiebekörper hat einen Durchmesser von 110 Zentimetern und wiegt knapp 600 Kilogramm.
Ähnlich arbeitet das System der Firma Lely. Den Juno gibt es in zwei Ausführungen, als Juno 100 und 150. Die beiden Roboter haben einen Durchmesser von 111 bzw. 156 Zentimetern und wiegen 575 Kilogramm. Der ebenfalls rotierende Anschiebekörper fährt auf drei Rädern und benötigt entweder Resetpunkte zur Richtungssteuerung im Boden (Juno 100) oder Metallstreifen auf dem Boden (Juno 150), die sowohl den Start als auch den Endpunkt markieren und den Einsatz im Freien zur Bewirtschaftung weiterer Futtertische ermöglicht. Die Höhe des Futterschwades darf maximal 65 Zentimeter betragen, die Mindestbreite des Futtertisches liegt zwischen 125 und 200 Zentimetern zuzüglich der Ablagebreite des Futterschwades. Insgesamt lassen sich 16 Routen programmieren. Nach einmalig festgelegten Routen schieben die Systeme mit jeder weiteren Fahrt das Futter näher zu den Kühen.
Die Firma Wasserbauer bietet in diesem Segment eine weitere Technik, den internetfähigen Butler Gold, an. Die knapp 700 Kilogramm schwere, 2,0 Meter lange und 1,10 Meter breite Maschine wird mit zwei wartungsfreien Gelbatterien betrieben und findet ihren Weg über alle zwei Meter im Boden eingelassene, ca. vier Millimeter große Magnete. Anders als die zuvor beschriebenen Systeme arbeitet der Butler Gold mit einer rotierenden Förderschnecke. Sie soll dafür sorgen, dass das Futter im Gegensatz zu den rotierenden Anschiebekörpern, die je nach vorgelegter Futtermenge unter Umständen den Futterschwad zusätzlich verdichten, das Futter aufgelockert nachgeschoben wird. Herstellerseitig sollen täglich bis zu 30 Anschiebefahrten möglich sein, auch in dezentralen Stallbereichen. Seit heuer ist der Butler Gold mit Lockfütterungsfunktion erhältlich.
Alle Systeme sind mit einem Kollisionsdetektor ausgerüstet, die den Anschieber bei Anfahren eines Hindernisses zum Anhalten bringen. Nach Abschluss der Anschiebearbeiten fahren die Roboter wieder zurück in ihre Ladestationen.

“Arbeit durch Technik” ersetzen

Durch die Automatisierung dieses Arbeitsganges kann eine Arbeitszeiteinsparung bei einem Kuhbestand von 60 Tieren von knapp 35 Minuten pro Tag bzw. ca. 3,5 Stunden pro Kuh und Jahr erreicht werden.
In der Tabelle ist eine Kalkulation zu den Kosten angeführt. Unterstellt man für einen 120-Kuh-Bestand eine Arbeitszeiteinsparung von knapp zwei Arbeitskraftstunden (Akh) je Kuh und Jahr, bewertet diese mit 17,50 Euro pro Akh und stellt die Jahreskosten der “Technik” denen der “Arbeit” gegenüber, amortisiert sich diese Investition relativ schnell.

Fressverhalten von Rindern: Das zeigen verschiedene aktuelle Studien

Kühe fressen knapp die Hälfte des Futters nachts und haben neben sogenannten “Zwischenfresszeiten” allgemein drei “Hauptfresszeiten” – zum einen tagsüber nach der Futtervorlage und in den Abendstunden bis etwa 22 Uhr. Diese letzte späte Hauptfresszeit ist besonders in der heißen Jahreszeit ausgeprägt. Dies spricht u. a. auch für eine Futtervorlage am Abend, sodass die Kühe “weitgehend satt über die Nacht” kommen und fehlende Futtermengen am Tag leichter nachgelegt werde können.Ergebnisse aus dem Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp (Mahlkow-Nerge, 2013) zum Fressverhalten von Milchkühen bei zweimaliger täglicher Futtervorlage (6 und 17 Uhr) zeigen diese drei Hauptfresszeiten bei den laktierenden Kühen sehr prägnant. Zwei deutlich erhöhte Peaks rund um die beiden Futtervorlagezeiten zwischen 6 und 10 Uhr und zwischen 17 und 20 Uhr konnten festgestellt werden, aber auch in der Mittagsphase zwischen 13 und 15 Uhr trat eine leicht erhöhte Fressaktivität auf. Die höchste Aktivität am Futtertisch und die damit verbundene höchste Futteraufnahme wurden in den Abendstunden ermittelt. In den späten Abendstunden und während der Nacht (3 bis 6 Uhr) war die Fressaktivität deutlich geringer.Untersuchungen zum Fressverhalten von Mastbullen bestätigen die drei “Hauptfresszeiten”. Die höchste “Fressintensität” und Futteraufnahme hatten die Tiere vormittags zwischen 9 und 11 Uhr, die beiden Intervalle am Nachmittag (16 bis 17 Uhr) und am Abend (20 bis 21 Uhr) waren hinsichtlich Fressaktivität und Futteraufnahme in etwa identisch. Hier gilt es, den Tagesrhythmus der Herde zu beobachten. Auswertungen der Besuchszeiten der Kühe im Automatischen Melksystem (AMS) am LZ Eichhof zeigten, dass rangniedere Kühe, vor allem der ersten Laktation, den Roboter in den “stressfreien” Nachtstunden aufsuchen. Eine vermehrte Aktivität der Herde war neben der Futtervorlagezeit (10 Uhr) auch zu den beiden Stallzeiten (5 und 16 Uhr) festzustellen.

Kostenvergleich Technik/Arbeit: Investitionskosten “Automatischer Futteranschieber” im Vergleich zu Jahreskosten “Arbeit”

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Fazit: Beim Nachschieben des Futters Zeit sparen

Der Fütterungserfolg ist von vielen Faktoren abhängig. Ein zentrales Glied in dieser Kette ist neben der Futtervorlage das An- bzw. Nachschieben des vorgelegten Futters. Diese täglich mehrmals anfallende Arbeit trägt maßgeblich zur Gesunderhaltung der Herde bei. Vor allem frisch laktierende Kühe und Kalbinnen werden durch das Anschieben zur Futteraufnahme animiert. Futteranschieben ist eine körperlich belastende und zeitintensive Arbeit, sofern sie nicht (teil-)technisiert wird. Vor allem muss sie unabhängig von Arbeitsspitzen kontinuierlich erledigt werden und das 365 Tage im Jahr. Um diese wichtige Arbeit zu erleichtern, bietet der Markt neben Anbaugeräten wie Radialbesen, Kehrreifen, Schiebeschildern oder Futterschnecken auch Futteranschiebesysteme an, die diese Arbeit automatisch und zeitunabhängig erledigen. Stellt man den Investitionskosten die eingesparte “Arbeit” gegenüber, amortisieren sich Futteranschiebesysteme relativ schnell.

Thomas Bonsels, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen/LZ Eichhof

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