Die Glanzzeit der Köhlerei, als Holzkohle aus der Region um den Schneeberg sogar am Kohlemarkt in Wien verkauft wurde, sind längst vorbei. Auf nur mehr rund zehn Betrieben österreichweit wird dieses alte Handwerk praktiziert. Einer davon ist der „Feichtnerhof“ von Gertrud und Peter Wieser in Rohr im Gebirge (NÖ), wo der für den Landstrich typische Langmeiler angeheizt wird.
Wechselvolle Geschichte des „Feichtnerhofs“
In der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte die Holzgewinnung in der Schneebergregion aufgrund der blühenden Eisenverarbeitung einen ungeheuren Aufschwung genommen. Mit einsetzender Industrialisierung und dem Bau der Eisenbahn kam auch die billigere Steinkohle. Das bedeutete einen herben Rückschlag in der wirtschaftlichen Entwicklung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, die oftmals von der Köhlerei gelebt hatten. Zahlreiche Bauernhöfe wurden aufgegeben – so auch der „Feichtnerhof“, rund um das Jahr 1900.
Es sollte bis zum Jahr 1980 dauern, bis der Vater von Peter Wieser den Betrieb ersteigerte. Peter, sein ältester Sohn, machte die Ausbildung zum Forstfacharbeiter und -meister und übersiedelte mit seiner Familie 1993 auf den „Feichtnerhof“ – mit all seinen baufälligen Gebäuden.
„Wir mussten mit dem Neubau des Wohnhauses beginnen und konnten nicht gleichzeitig die Stallgebäude erneuern“, erzählen Gertrud und Peter Wieser von den Anfängen. Daher sei man auf die Haltung von Hochlandrindern gekommen. Diese stellen weniger Ansprüche und können ganzjährig im Freien gehalten werden.
Staatspreis für vorbildliche Waldbewirtschaftung
Mittlerweile werden im Durchschnitt elf Tiere aller Altersklassen am Betrieb gehalten. Zweimal im Jahr wird ein Rind, im Alter von rund zweieinhalb Jahren, geschlachtet. Fleisch, das die Familie nicht selbst braucht wird in Mischpaketen verkauft. Das wichtigste Standbein des Familienbetriebs ist jedoch die Forstwirtschaft. Auf rund 75 Hektar Waldfläche wachsen Fichten, Buchen, Kiefern und Lärchen.
„Die Vorbesitzer haben vor dem Verkauf noch ziemlich viel Holz geschlägert. Diese Flächen wieder aufzuforsten, ist immer noch unsere größte Aufgabe“, berichtet Peter Wieser von seiner Arbeit im Wald. Der Einsatz, den Familie Wieser dabei zeigt, wurde 2010 mit dem Staatspreis für beispielhafte Waldbewirtschaftung, verliehen vom damaligen Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich, belohnt.
Neben der Vermarktung von Blochholz wird an die umliegenden Sägewerke Brennholz verkauft. Faserholz landet im Kohlemeiler und wird als Qualitätsgrillkohle direkt an Endverbraucher abgegeben.
Den Langmeiler mit Lösche „schwarz machen“
„Auf den meisten Betrieben unserer Region wurde in früherer Zeit Kohle hergestellt. Üblich waren hier die Langmeiler, weil damit längeres und stärkeres Holz verkohlt werden kann“, so Peter Wieser. Schon der Untergrund muss passen: Rund einen Meter dick ist der luftundurchlässige Lehmboden, auf dem Familie Wieser ihren Kohlemeiler abbrennt. Der Langmeiler hat üblicherweise eine Länge von dreizehn Metern und eine Breite von drei Metern. Die Höhe steigt nach von rund 1,7 Metern auf circa drei Meter an. Rundherum wird eine Wand aus Holzbrettern errichtet, die mit der Lösche – einem Gemisch aus Sand, Erde, Asche und Kohlestaub – hinterfüllt wird. Oben wird der Meiler mit Reisig und danach ebenfalls mit Lösche abgedeckt – „schwarz machen“ nennt das der Köhler. An den vorderen, niederen Enden werden zwei Schachte in der Größe von jeweils einem Quadratmeter – die „Feuerhäusl“ – freigelassen. An diesen „Feuerhäusln“ wird nun Feuer gemacht. Wenn nach rund zwei Stunden ein Glutstock entstanden ist, wird die Öffnung verschlossen und ein Schwelbrand entsteht. Es braucht viel Erfahrung, durch das Öffnen und Verschließen der Luftlöcher, in den Bretterwänden, diesem soweit Luft zu geben, dass nur so viel Holz verbrennt, wie für die Erzeugung der Verkohlungstemperatur von rund 400 Grad Celsius notwendig ist.
Die Farbe des Rauchs zeigt, ob Meiler richtig brennt
Zweimal täglich muss in den kommenden Wochen der Meiler kontrolliert werden. Bedingt durch die Hohlräume im Holz kann er einbrechen. Dadurch entstandene Risse an der Oberfläche müssen sofort wieder abgedeckt werden. „Ob alles passt, ist auch am Rauch erkennbar“, berichtet Peter Wieser aus der Praxis: Weißer Rauch bedeutet, dass nur Wasserdampf entweicht, der Verkohlungsprozess läuft gut. Bekommt er hingegen zuviel Sauerstoff, wird der Rauch blau. Hier muss der Köhler sofort Gegenmaßnahmen setzen.
Mit gezielter Luftzufuhr wird dafür gesorgt, dass sich das Feuer von den „Feuerhäusln“ aus in circa drei Tagen bis zum Boden des Meilers durchbrennt und danach vom vorderen Ende des Meilers zum hinteren. Nach etwa einer Woche ist im vorderen Bereich die Kohle fertig. Bis der gesamte Meiler fertig ist, dauert es im langjährigen Durchschnitt fünf bis sechs Wochen – abhängig von der Wetterlage und vom verwendeten Holz.
Familie Wieser produziert Kohle nach Bedarf. Das bedeutet, zwei- bis dreimal im Jahr – vom Frühjahr bis zum Herbst – wird ein Meiler aufgebaut und angeheizt. Die fertige Grillkohle – in möglichst großen Stücken – wird händisch mit der Kohlegabel in Säcken zu etwa 8 oder 17 Kilogramm verpackt. Das hat den Vorteil, dass sie fast staubfrei beim Kunden ankommt. Zu kleine Teile werden zu Kohlestaub vermahlen. „Holzkohlestaub kann zur Bodenverbesserung eingesetzt werden. Bedingt durch sein großes Porenvolumen dient er als Trägermittel für Pflanzennährstoffe und als Lebensraum für Mikroorganismen. Ein Gramm Kohlepulver besitzt eine Oberfläche von mehr als 300 Quadratmetern und kann die fünffache Menge seines Eigengewichts an Wasser und gelösten Nährstoffen aufnehmen“, gerät Getrud Wieser ins Schwärmen zu den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten des Naturprodukts. In der Tierfütterung kommt Kohlestaub bei Verdauungsproblemen zum Einsatz, und als Zusatz zu Mist und Gülle fördert er die Kompostierung und hemmt die Geruchsbildung.
Interessierten Besuchergruppen bringt Gertrud Wieser – sie hat den Zertifikationslehrgang „Forst und Kultur“ des BFW (Bundesforschungszentrum für Wald) erfolgreich abgeschlossen – die Themen Forstwirtschaft und Köhlerei bei einer Betriebsführung gerne näher.
Köhlerhandwerk ist immaterielles Kulturerbe
Damit das Wissen um das alte Handwerk der Köhlerei erhalten bleibt, setzt sich Peter Wieser als Sprecher der österreichischen Köhler und Vorstandsmitglied des Europäischen Köhlerverbands ein. In gemeinsamen Anstrengungen wurde errreicht, dass die traditionelle Handwerkstechnik der Köhlerei 2011 in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. „Ich habe das Handwerk bei meinem Vater gelernt. Der Arbeitsaufwand ist beträchtlich. Da kommt halt kein hoher Stundenlohn am Ende heraus“, weiß Peter Wieser. Ob seine Nachkommen die Köhlerei weiterführen, ist er sich nicht sicher. Es wäre aber schade, wenn dieses Wissen verloren ginge.
Betriebsspiegel: Familie Wieser, vulgo „Feichtnerhof“
Kontakt: Gertrud und Peter Wieser,
Langseite 1, 2663 Rohr im Gebirge
Telefon: 02667/8531;
E-Mail: peter.wieser64@gmail.com
Homepage: www.koehlerei-wieser.at
Flächenausstattung: 75 Hektar Wald,
5 Hektar Grünland und Biobetrieb
Arbeitskräfte: Gertrud und Peter Wieser, Tochter Katharina und die Söhne Peter und Jakob helfen neben ihrem Beruf mit
Betriebssparten:
• Forstwirtschaft
• Köhlerei
• Mutterkuhhaltung
• Direktvermarktung
Eva Riegler