EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski

Nach einer konstruktiven Debatte im EU-Agrarrat in dieser Woche in Brüssel scheint eine gemeinsame Position über die zukünftige EU-Agrarpolitik im Oktober möglich zu sein. “Ein Kompromiss liegt denkbar nahe”, fasste EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski die dreistündige Aussprache über die grüne Architektur im EU-Agrarrat zusammen. “Wir gehen über die Vorstellungen der EU-Kommission hinaus”, betonte die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ihre Umweltambitionen zu Beginn des Rates. Die Europäische Kommission und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft setzen sich für verpflichtende Eco-Schemes ein. Für die einjährigen Umweltprämien soll zudem ein Mindestbudget aus dem nationalen Agrarplafond bereitgestellt werden. Noch besteht keine Mehrheit dafür. Österreich, Polen, Ungarn, Finnland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Kroatien, Malta und Slowenien lehnen Umweltprämien in der 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) als Pflichtprogramm in den nationalen Strategieplänen ab. Aber die Kritiker der Eco-Schemes könnten unter bestimmten Bedingungen doch noch einem Kompromiss zustimmen, das zeichnete sich während der Debatte ab.

Österreich hat mit einem Papier im EU-Agrarrat die Weichen für eine mögliche Einigung über ein Mindestbudget gestellt, nach dessen Vorschlag müssen EU-Mitgliedstaaten mit einer starken 2. Säule weniger Mittel für die Eco-Schemes reservieren. Bisherige Leistungen der EU-Mitgliedstaaten für die Umwelt sollten berücksichtigt werden, forderte Markus Hopfner aus dem Landwirtschaftsministerium in Wien und verwies darauf, dass in Österreich 80% der Bäuerinnen und Bauern an den ländlichen Förderprogramm teilnehmen. Luxemburg, Slowenien und Kroatien, mit ebenfalls starker 2. Säule, nahmen den Vorschlag auf und könnten unter diesen Umständen vielleicht auch verpflichtenden Eco-Schemes zustimmen.

Übergangsphase für Eco-Schemes



Klöckner bemühte sich ebenfalls mit einem Angebot um die bisherigen Kritiker. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten haben nämlich Sorge, die bereitgestellten Mittel für die Eco-Schemes zu verlieren, falls ihre Landwirte sich unzureichend an den Umweltprogrammen in der 1. Säule beteiligen. Die EU-Ratspräsidentschaft bietet nun an, nicht ausgeschöpfte Mittel aus den Jahren 2023 und 2024 für andere Direktzahlungen verwenden zu dürfen. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten stiegen darauf ein, baten aber darum, die Einstiegsperiode für die Eco-Schemes auf den gesamten Reformzeitraum bis 2027 zu verlängern. Nicht ausgeschöpfte Mittel könnten dann für die Basisprämie und für Zahlungen an Junglandwirte vergeben werden.



Ackerflächen für den Naturschutz reservieren



Größere Einigkeit legten die EU-Mitgliedstaaten bereits bei diesem Treffen bei den Umweltanforderungen an die Basisprämie (Konditionalität) an den Tag. Eine Mehrheit von ihnen lässt sich auf einen Anteil von 5% an nicht-produktiven Ackerflächen ein, zu der auch Zwischenfrüchte gehören sollen. Möchte ein EU-Mitgliedsland ausschließlich die Brache auf den nicht-produktiven Flächen zulassen, um etwas für den Artenschutz zu tun, soll der Anteil auf lediglich 3% der Ackerfläche vermindert werden. Wojciechowski wies darauf hin, dass nicht nur naturnahe Ackerflächen, sondern auch extensiv bewirtschaftetes Grünland wichtig für den Insekten- und Vogelschutz sei und in der Konditionalität deshalb berücksichtigt werden sollte. Deutschland hatte einen Satz von mindestens 5% für die nicht-produktive Ackerfläche vorgeschlagen. Über 5% hinausgehende Anteile für den Artenschutz wurden aber von keinem Minister aufgegriffen. Die EU-Kommission fordert in ihrer Strategie für den Artenschutz immerhin 10% der landwirtschaftlichen Nutzfläche als Brache.

Ein schwieriger Punkt im Oktober wird der Anteil der Direktzahlungen, der an eine bestimmte Produktion gekoppelt ist. Vor allem osteuropäische EU-Agrarminister möchten die Produktion von einzelnen Erzeugnissen fördern und die bisherigen Obergrenzen von 10% für die gekoppelten Zahlungen plus 2% für Eiweißpflanzen erhöhen. “Wir brauchen 15%”, betonte der rumänische Landwirtschaftsminister Nechita-Adrian Oros und möchte vor allem die Haltung von Schweinen und Geflügel fördern. Auch Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei setzten sich für mehr gekoppelte Direktzahlungen ein. Dagegen warnen Österreich, Luxemburg, die Niederlande und Deutschland vor drohenden Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten durch die gezielte Stützung.

Schmiedtbauer: Qualität geht vor Quantität



Die Qualität des Ergebnisses müsse vor der Geschwindigkeit der Verhandlungen stehen, betonte Simone Schmiedtbauer, Agrarsprecherin der ÖVP im Europaparlament. “Dafür müssen wir zuallererst die Übergangsfrist von zwei Jahren bis zur nächsten GAP-Periode auf Schiene bringen, damit es vorerst Planungs- und Rechtssicherheit für uns Landwirte gibt. Dann müssen wir die Übergangsfrist nutzen, damit wir eine neue GAP hinbekommen, bei der die entsprechenden Gelder auch bei den Bauern ankommen”, sagte Schmiedtbauer.

Reformen und Innovationen dürften keine Mehrbelastung für die Landwirte bedeuten, sondern müssten zu Verbesserungen der Situation der bäuerlichen Familienbetriebe führen sowie eine zuverlässige, qualitativ hochwertige, regionale – und daher klimafreundliche – Lebensmittelversorgung in Österreich und Europa sicherstellen. Hier spielen die Schlagwörter Entbürokratisierung und Vereinfachung eine große Rolle, sprach sich Schmiedtbauer für praktikable EU-Vorgaben aus. “Wir brauchen mehr Flexibilität bei der Zielerreichung und eine Erweiterung der Berichtspflicht auf mehrere Jahre. Denn die Erreichung von EU-Zielen in diesem Bereich hängt vielfach von Faktoren ab, die nicht von uns Landwirten beeinflusst werden können. Ein unverschuldetes Verfehlen dieser Ziele darf unter keinen Umständen bereits im Folgejahr zu Kürzungen der Unionsfinanzierung führen. Schließlich können der Erhalt der Umwelt, der Artenvielfalt und die Eindämmung des Klimawandels auch gar nicht seriös im Jahresabstand beurteilt werden. Hier soll es mehrjährige Beurteilungszeiträume geben, damit es für die Bauern auch nach der Reform volle Planungssicherheit statt neuer Unsicherheit gibt”, so Schmiedtbauer. AIZ

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  • 20191008 EP 092266 ADE 494: EU 2019/EP/Arnaud Devillers
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