Kommentar von Sabine Kronberger,
Chefredakteurin „Welt der Frauen“
„Ich meide jede Form von Spritzmitteln in meinem Essen, ich bin überhaupt dagegen, dass man das darf – etwas synthetisch zu bearbeiten,“ sagt sie und nippt an ihrem Cola-Light. Ihr Gegenüber stimmt zu, um rasch zu ergänzen: „Und auch das Tierleid in Österreich muss endlich abgeschafft werden, ich verstehe nicht, warum Massentierhaltung überhaupt erlaubt ist.“ Am Nebentisch lauschend, ist mein Einmischungsdrang enorm. Denn hier passiert, was in der Entwicklung der Sprache immer wieder geschieht: Menschen bedienen sich eines Vokabulars, das ihnen Medienkonsum schleichend in ihre Köpfe transferierte, ohne die exakte Definition der Begrifflichkeiten abschätzen zu können. Der Ärger darüber überkommt mich als Journalistin, wenn ich in der Medien-Kollegenschaft eine Rhetorik wahrnehme, deren Inhalt den Verwendern nicht bekannt ist. Wie könnte es sonst geschehen, dass „Massentierhaltung“, „Qualtransporte“ oder „Giftspritzer“ Einzug in Berichterstattung hielten und damit Fehlverwendung und Erklärungsdefizit herrscht.
Sprache ist ein bedeutendes, ja mächtiges Instrument. Wer Wortführer ist, führt eine Diskussion an. Wer sich mit Vokabular wie „Qualzuchten“, „pervertierte industrialisierte Landwirtschaft“ oder „Hochleistungszucht“ profiliert, bringt sein Gegenüber bewusst in Verteidigung und Unterlegenheit. Die Landwirtschaft muss hier vermehrt und vehement zum Wortführer werden. Dazu braucht sie Bereitschaft, Schulung, Medienwissen, Argumentationshilfe und einen ehrlichen, selbstreflektierten Blick auf den Status Quo.