Ja klar, die Wiener Leopoldstadt taugt nicht unbedingt als Versuchslabor, um von dort die politische Stimmung von ganz Österreich ableiten zu können. Denn es ging dort ja “nur” um Bezirkswahlen. Und dennoch, deren Ergebnisse werfen ein grelles Schlaglicht auf die politische Arena. Das eindrücklichste Faktum: Die mit Abstand stärkste Partei in der Leopoldstadt ist seit vergangenem Sonntag mit unglaublichen 65 Prozent die der Nichtwähler! Für die politische Klasse eine veritable Katastrophe. Wahlfrust und Politik(er)-Verdrossenheit sind diesmal so deutlich wie noch nie zutage getreten. Und das keineswegs in einem unbedeutenden “Kaff”, sondern in einem Wiener Bezirk, der – würde er mit seinen 101.000 Einwohnern (davon 71.845 Wahlberechtigte) eine eigenständige Gemeinde sein – im Ranking der grööten Städte Österreichs auf dem sechsten(!) Platz aufschiene. Nach Innsbruck (131.000) und vor Klagenfurt (99.100). Fazit: Dass nur gut ein Drittel der wahlberechtigten Leopoldstädter an ihrer Bezirkswahl teilnahm, ist ein nicht mehr zu beschönigendes Alarmzeichen. So eine Wahlverweigerung ist nichts anderes als der pure Misstrauensantrag gegenüber der politischen Klasse. In der Leopoldstadt deuteten sich bevorstehende Umbrüche vielleicht auch anderswo an, vor allem für die bislang staatstragenden ehemaligen Volksparteien: Michael Häupls einst so starke SPÖ taumelte ins Desaster (29 %) und Gernot Blümels ÖVP näherte sich mit blamablen 6 % bereits dem politischen Nichts. Wie gesagt, es war ja “nur” eine Bezirkswahl, von zwei Dritteln der Bürger schlicht ignoriert. Eine mehr als eindringliche Warnung für die “groöe” Politik …
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