Der Wolf kommt – als Problem

Der Rückgang von Pflanzen- und Tierarten wird heute weithin beklagt. Er ist nicht neu, wird meist unbewusst gefördert oder auch gezielt verfolgt. Gegenläufig treten aber durch den globalen Handel, durch Klimaänderung oder durch zielstrebige Renaissancemaßnahmen neue oder wieder entdeckte Erscheinungen – gefürchtet bis gefeiert – auf. Der Wolf gehört zu diesen Phänomenen.

Knapp 150 Jahre lang war der Wolf in Österreich ausgerottet, jetzt kehrt er wieder zurück. Copyright: agrarfoto.com

Vor mehr als 100 Jahren wurde der Wolf in Österreich und noch früher in Deutschland praktisch ausgerottet. Von Polen, den Karpaten und vom Wolfsparadies Russland wandert jedoch Nachwuchs zu, der ganzjährig voll geschützt ist, ausreichend Nahrung findet, sich auch entsprechend vermehrt und damit zur Ge-
fahr weit über den Wildbereich hinaus wird. Vorerst besonders in Deutschland.
Den Veranstaltern der „agra“, der größten Agrarmesse Mitteldeutschlands, in Leipzig, war das Thema Wolf heuer ein spezifisches Forum wert. Verständlich, denn der „Beutegreifer“, wie der Wolf von seinen Anhängern verharmlosend bezeichnet wird,
greift nicht allein nach schwachem Wild, sondern auch nach wehrlosen Nutztieren, insbesondere Schafen, fallweise auch Ziegen und Kälbern. Hauptbetroffene sind Schäfer, die in verschiedenen Gebieten Deutschlands eine wichtige landschaftspflegende Bedeutung haben. Auch die Gatter-Tierhaltung bietet dem Wolf einen gedeckten Tisch.

Schafherden und Gatterwild bieten dem Wolf Nahrung

Wölfe brauchen in normalen Wildgegenden große Einzugsgebiete, umgekehrt bieten aber Schafherden und Gatterwild dem Wolf eine ideale Ernährungs- und damit Vermehrungsmöglichkeit, wie Landrat Michael Harig aus Bautzen aus leidvoller Erfahrung berichtete. Der Raum um Bautzen im östlichen Teil Sachsens, an Polen und Tschechien grenzend, soll derzeit die weltweit größte Wolfdichte aufweisen. In Deutschland mit Schwerpunkt Sachsen sind 47 Rudel, 15 Paare und vier Einzelgänger evident (2015). Diese Zahlen gelten aber als Dunkelziffern. Gesprochen wird schon von mehr als 50 Rudeln und insgesamt von 400 bis 500 Exemplaren.

Schutzmaßnahmen sind sehr zeit- und kostenintensiv

Über Schäden gibt es Schätzungen oder Echtzahlen aus Entschädigungen. Bei letzteren gibt es aber deutliche Schranken, denn vorweg müssen umfangreiche Herdenschutzmaßnahmen insbesondere mit kräftigen Netz- oder E-Zäunen erfüllt werden. Das kostet Zeit und Geld, die weithin nicht erwirtschaftet werden können.
Als relativ wirksam gelten Herdenschutzhunde (HSH), die aber trotz Förderung ebenfalls die Wirtschaftlichkeit in Frage stellen, da die reinen Betreuungskosten für einen HSH zwischen 1700 bis 2000 Euro pro Jahr betragen. Sie zwingen Schäfer, die jeweils mehrere HSH brauchen, zunehmend zur Berufsaufgabe.
Ganz unbewältigt ist die Herdenstörung durch den Wolf: Weiderinder und die besonders sensiblen Pferde, die in der Nacht aufgeschreckt ausbrechen und mühsam gesucht werden müssen oder gar in den Straßenverkehr getrieben werden. In Berg- und Almgebieten können aufgescheuchte Tiere auch abstürzen.

Wolf auch wieder in Österreich

Seit Juni 2015 ist der erste Wolf in Österreich wieder bestätigt: am Truppenübungsplatz in Allentsteig; (TÜPl A) mit 15.500 Hektar und einmaliger Biotopgestaltung auch ein Optimalgebiet für Großraubwild. Illegale Abschüsse widerlegend wird dort ein Wolfsrudel von sieben Stück bestätigt, aus dem heuer oder 2018 Wolf-Abwanderungen in andere Gebiete erwartet werden. Das Rudel wird heuer sieben bis zehn Tonnen Futter brauchen – nach fünf bis sieben Tonnen 2016. Im Westteil des TÜPl A rissen im November 2015 drei Wölfe ein Kalb, und der Muffelbestand wurde dort bereits dezimiert. Im nördlichen Mühlviertel gab es im Vorjahr schon drei Wolf-Einbrüche in Dammwildgatter mit fünf gerissenen Tieren.
Durch den totalen Wolfschutz ist eine starke Ausbreitung der Wolf-population auch in Österreich zu erwarten. Nutztierhalter, insbesondere Grünlandbauern, fürchten neben direkten Tierverlusten, die bald nicht mehr voll abgegolten werden könnten, auch steigende Vorsorgekosten durch Zäune und HSH und sie fragen nach dem Sinn der Wolfsrenaissance. Wenn der Wolf über hundert Jahre nicht wirklich gefehlt hat, dann wird die jüngste WWF-Aussage „Allentsteig ist erst der Anfang“ mehr als Drohung denn als hoffnungsvolle Werbung für Wolfpatenschaften des WWF empfunden werden.
Am Anfang steht wohl die Diskussion um den Wolf in Österreich, wie sie in Deutschland bereits voll entbrannt ist. Dem viel zitierten „Wolfsmanagement“ als Ausweg dürfte der Wolf vorerst mit seinem Vollschutz-Schild die lange Zunge zeigen.

Aktuelle Wolfbestände ausgewählter Länder

Russland: 15.000
Rumänische Karpaten: 2500
Spanien: 1500
Italien: 700
Polen: 600
Tschechien/Slowakei: 400

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AUTORFranz Hofer
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23. Mai 2017
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