Seit 1. Februar hat die EU nur noch 27 Mitgliedstaaten. Dreieinhalb Jahre nach dem Brexit-Votum ist Großbritannien nicht mehr Teil der Union. Doch der vollzogene Brexit ist im Prinzip nur der Start neuer Verhandlungen: Bis zum Jahresende wollen EU und Großbritannien ein Wirtschaftsabkommen vereinbaren, denn aktuell gehören die Briten noch dem EU-Binnenmarkt an.
Zwei getrennte Märkte, aber dieselben Standards
EU-Chefverhandler Michel Barnier betonte Anfang dieser Woche, dass der Wettbewerb offen und fair sein werde. Nach dem Ende der Übergangsfrist soll es getrennte Märkte geben. Zentral ist dabei, dass das Freihandelsabkommen ohne Quoten und Zölle auskommen soll. Um dieses einzigartige EU-Abkommen mit einem Drittstaat umzusetzen, fordert Barnier von den Briten, dieselben Standards und Regeln einzuhalten, die auch in der EU für Unternehmen und Produzenten gelten, berichtet u. a. die Tageszeitung „Die Presse“. Ein Beispiel aus der Landwirtschaft ist etwa das EU-Verbot für Wachstumshormone in der Fleischproduktion. Würden die Briten nun Hormone, etwa in der Geflügelmast, zulassen, läge ein klarer Wettbewerbsnachteil für EU-Landwirte vor.
Über den Vorschlag Barniers für ein Handelsabkommen werden die zuständigen Minister der EU-Mitgliedstaaten Ende Februar beraten. Der britische Premier Boris Johnson ließ unterdessen laut Medienberichten wissen, dass die EU kein Recht habe, auf ihren Standards zu bestehen. Mit März dieses Jahres starten also erneut schwierige Verhandlungen zwischen London und Brüssel.
Die britischen Landwirte sorgen sich indes um etwas anderes: Sie befürchten billige Agrarimporte aus Drittländern, mit denen die Regierung nun ebenso Freihandelsverträge abschließen möchte, wie das Agrarische Informationszentrum aiz.info berichtet. Zwar hat Großbritanniens Landwirtschaftsministerin Theresa Villiers zugesagt, sie werde in zukünftigen Handelsgesprächen auf die Einhaltung britischer Standards für Lebensmittel bestehen, doch die Landwirte und ihre Organisationen trauen der Regierung nicht recht. Die britische Landwirtschaft dürfe nicht auf dem Altar des Freihandels geopfert werden, betonte Minette Batters, Präsidentin des britischen Bauernverbandes (NFU), bei der Vorbereitung zu einer Bauern-Kundgebung in London am 25. März. Die Direktzahlungen erhalten die Landwirte bis Ende 2020 übrigens weiter. Danach will die britische Regierung die Einkommensstützen für Landwirte in Umweltprämien umbauen.
EU-Landwirteverband: „Den Binnenmarkt verteidigen“
Angesichts der Verhandlungen über das Wirtschaftsabkommen forderten auch die europäsichen Dachverbände für Landwirte und Genossenschaften, Copa-Cogeca, Großbritannien auf, die „eng verflochtenen Handelsbeziehungen“ mit der EU aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig sollen der Wert des EU-Binnenmarktes sowie die hohen Produktionsstandards des Landwirtschaftssystems gewahrt bleiben. Jegliche Abweichung von diesen Produktionsstandards würden die Möglichkeit eines Abkommens ohne Zölle untergraben. Der Generalsekretär von Copa-Cogeca, Pekka Pesonen, betonte: „Wir erwarten, dass die Verhandlungen über die künftige Beziehung zügig und gründlich geführt werden. Im Laufe dieses Prozesses muss die EU ihre Integrität sowie den Binnenmarkt verteidigen. Wir hoffen, weiterhin enge Beziehungen mit den britischen Landwirten zu unterhalten und, dass beide Seiten die Interessen der Landwirtschaft vertreten.“
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