Das knappste Wahlergebnis der Zweiten Republik, ein neuer Briefwahl-Rekord und die Angst vor einer “Spaltung des Landes”. All das kennzeichnete die Bundespräsidentenwahl 2016. Mit nur 0,6 Prozent Vorsprung entschied bekanntlich der Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen die Wahl für sich. Die beiden Politikwissenschaftler Fritz Plasser und Franz Sommer erklärten heute Dienstag, im Rahmen ihrer Wahlanalyse, wie es zu diesem außergewöhnlichen Ergebnis kam. Zu den zentralen Einflussfaktoren zählten, wie auch schon im ersten Wahlgang, die “tiefreichende politische Vertrauenskrise” und die Flüchtlingsdebatte. Die konträren Positionen der Kandidaten in der Flüchtlingsfrage widerspiegelten sich auch in den Einstellungen der Wählerschaften. Für 85 % der Hofer-Wähler sind die Möglichkeiten, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, bereits erschöpft. Von den Van der Bellen-Wählern glaubten hingegen 59 %, dass Österreich noch weitere Flüchtlinge aufnehmen könne. Auch die Einstellung zur EU polarisierte. EU-Skeptiker wählten Hofer. 73 % der Wähler, die eher Vorteile in der EU sehen, wählten Van der Bellen. Hofer als Bundespräsidenten zu verhindern, war ein besonders ausgeprägtes Wahlmotiv der Van der Bellen-Wähler. Das gaben 52 % seiner Wählerschaft an. Das Hauptargument gegen Hofer war dabei seine Zugehörigkeit zur FPÖ. Was Hofer Stimmen brachte, waren die sozialen Abstiegsängste der Bevölkerung. So wählten rund 70 % der Wähler, die von finanziellen und sozialen Abstiegsängsten geplagt werden, den freiheitlichen Kandidaten, während 70 % derer, die eine Verbesserung ihres Lebensstandards konstatierten, ihre Stimme Van der Bellen gaben. Für Van der Bellen argumentierten die Wähler außerdem, er könne Konflikte im Hintergrund entschärfen, Österreich repräsentieren und für politische Stabilität sorgen. Am 8. Juli 2016 wird Van der Bellen im Parlament von der Bundesvollversammlung als Bundespräsident angelobt und kann diese Fähigkeiten in den kommenden sechs Jahren unter Beweis stellen.
BP-Wahl 2016: Motive und Beweggründe der Wähler
Wahlanalyse von Fritz Plasser und Franz Sommer
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