BauernZeitung: Sie sind seit vier Jahren Bauernbundpräsident. Was hat Sie in dieser Funktion besonders gefordert?
Strasser: Es war bisher eine äußerst intensive Zeit, auch im Parlament, durch zwei Nationalratswahlen, gefolgt von Regierungsverhandlungen und generell der Notwendigkeit, immer wieder neue Projekte für die Landund Forstwirtschaft zu initiieren und umzusetzen. Unsere Leistungsbilanz zeigt, dass uns viel gelungen ist, aber es liegt auch noch einiges vor uns.
Was ist dem Bauernbund gelungen?
Wir haben einerseits zweimal sehr konsequent die Regierungsprogramme miterarbeitet, mit Entlastungsmaßnahmen und Abgabensenkung, begonnen mit den Blauen, später mit den Grünen finalisiert und zudem auch einige Investitionspakete auf den Weg gebracht. Mit dem Waldfondsgesetz als Antwort auf Borkenkäferplage, Schneedruck- und Sturmholz haben wir 350 Millionen Euro für die Forstwirte ausverhandelt. Und als Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erhalten Bäuerinnen und Bauern über das Covid-Investitionsprogramm sehr unbürokratisch Unterstützung mit Fokus auf Umwelt- und Klimaschutz oder Digitalisierung zur Effizienzsteigerung.
Was lief nur holprig?
Ganz klar: die Herkunftskennzeichnung. Seit Jahren versprochen, mit der FPÖ paktiert, war deren Ministerin säumig. Mit den Grünen kommt aber jetzt Schwung in die Sache: Elisabeth Köstinger und Gesundheitsminister Mückstein haben signalisiert, dass demnächst der Entwurf dazu nach Brüssel zur Notifizierung geschickt wird. Es ist höchst Zeit, dass wir über die Ziellinie kommen.
Was brauchen die Bäuerinnen und Bauern jetzt am dringendsten?
Wir haben zum Glück nach drei Jahren negativer Einkommensentwicklung 2020 wieder einen Aufwärtstrend. Den wollen wir fortschreiben. Dazu ist es notwendig, rund um die Gemeinsame Agrarpolitik auch neue Förderprogramme mit mittel- und langfristigen Perspektiven für unsere Bäuerinnen und Bauern zu entwicklen. Das, was uns dabei am meisten fordern wird, ist die Balance zwischen Produktion und Erwartungshaltung der Gesellschaft, ebenso wie die vielen Biodiversitäts- und Klimaschutzfragen, die beim Green Deal der EU angesprochen sind. Wir werden diese für unsere bäuerlichen Familienbetriebe betreffend Abgeltung ihrer Leistungen beantworten müssen. Schließlich können wir Bauern nicht von der Hand in den Mund leben.
Worauf muss die Landwirtschaft in nächster Zeit also pochen?
Dass ein bäuerlicher Betrieb auch ein ordentliches Einkommen braucht, um die von der Gesellschaft geforderten Klima- und Umweltleistungen oder auch mehr Tierwohl zu erbringen. Es braucht, wie schon gesagt, die richtige Balance zwischen Produktion und Ökologisierung. Das wird auch noch ein Stück harte Arbeit mit dem grünen Koalitionspartner.
Wie würden Sie Ihren politischen Stil beschreiben?
Bauernbunddirektor Norbert Totschnig und ich sehen uns als Brückenbauer. Unsere verbindliche Herangehensweise an Themen, die wir auch in unserem Büro pflegen, findet viel Anklang, auch, was die Zusammenarbeit und Abstimmung mit den einzelnen Landesbauernbünden betrifft. Das Brückenbauen mit den Ministerien, der Landwirtschaftskammer, auch zum politischen Mitbewerb und generell zu Andersdenkenden gehört zu unserem Tagesgeschäft und ist letztlich Garant dafür, dass die Ergebnisse stimmen. Wichtig ist mir auch, dass uns die Konsumenten gewogen bleiben, damit sie beim Einkauf den einen oder anderen Euro mehr bezahlen für ihre Lebensmittel von uns Bauern.
Wie sehr fordert Sie der politische Mitbewerb?
Eigentlich kaum, weil er durch Abwesenheit glänzt, wenn gerade keine Wahlen ins Haus stehen. Rund um die Kammerwahlen etwa überschlugen sich die Postings gegen uns in den Sozialen Medien. Kaum waren diese geschlagen, herrscht wieder Schweigen im Walde. Es gibt ja auch keine wirkliche Alternative zu einem starken Bauernbund, der, wenn es darauf ankommt, geeint auftritt.
Verschafft sich der Bauernbund gegenüber der Bundesregierung genügend Gehör?
Absolut. Wir sind sogar ein gewichtiger Teil davon, stellen sogar zwei Bundesministerinnen und haben einen Kanzler mit bäuerlichen Wurzeln, der Verständnis für unsere Anliegen zeigt. Der Bauernbund ist in der Parlamentsarbeit ein Bollwerk, an dem es kein Vorbei gibt, ebenso in der Volkspartei auch durch meine Person im Parteivorstand. Ja, wir werden gehört, und gerade die vergangenen zwei Jahre haben gezeigt, dass wir eine große Schlagkraft besitzen.
Sie stellen sich Ende Juni der Wiederwahl als Präsident. Womit wollen Sie bei den Delegierten aus ganz Österreich höchstmögliche Zustimmung erhalten?
Durch mein Engagement für die Gemeinsame Agrarpolitik und für die Entwicklung unserer Märkte. Meine Ansage ist und war stets: Wir können zwar als Agrarpolitiker trotz aller Bemühungen keine Preise machen, aber wir können und müssen die Märkte gestalten. So wird die Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels in verschiedenen Facetten, speziell bei den Schweinen, eine Nagelprobe dafür werden, ob die Landwirtschaft aus eigenem Antrieb in der Lage ist, ein etabliertes Qualitätssystem samt Siegel weiterzuentwickeln. Im Gegensatz zu den verschiedenen Labeln der Handelsketten haben wir beim AMA-Gütesiegel noch ein großes Mitbestimmungsrecht.
Agrarpolitik ist ein besonders hartes Geschäft. Es allen recht zu machen, ist kaum möglich. Wie gehen Sie damit um?
Stimmt, Kritik, die man erhält, geht oft sehr ins Persönliche. Der beste Ausgleich für mich, damit umzugehen, ist nach wie vor die Arbeit daheim am Hof, im Wald, auf der Wiese oder im Stall. Das erdet mich und gibt mir Kraft für die politischen Herausforderungen, denen ich mich nach wie vor sehr gerne stelle.
Interview: Bernhard Weber
Oberste Bauernbund-Riege
Strassers Stellvertreterinnen und Stellvertreter als oberster Chef des Bauernbundes waren bisher Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Ex-Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann, der Alt-Präsident der LK Oberösterreich Franz Reisecker und Stefan Kast, früherer Obmann der Jungbauernschaft. Am 26. Juni beim Bundesbauernrat am neuen RWA-Campus Korneuburg stellt sich Strasser der Wiederwahl. Als künftige Vize-Obleute des Bauernbundes nominiert sind weiterhin Elisabeth Köstinger sowie LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger, LK OÖ-Präsidentin Michaela Langer-Weninger sowie die neue Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger.