Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Langsam schob sich der Koloss durch die kaum halbhohen Häuserzeilen, durch seinen Schatten verdunkelten sich wie früher die Plätze und Gassen: Nach genau 17 Monaten Stille kehrte in Venedig dieser Tage der erste Luxusliner, die MSC Orchestra, zurück, wenn auch vorerst nur mit gerade einmal 700 Gästen an Bord. Skandiert von den Buhrufen enttäuschter Demonstranten, umso mehr herbeigewünscht von den touristischen Geschäftemachern der Lagunenstadt. Das eher gespenstische Bild, bis vor Corona in der Serenissima mehrmals auf der Tagesordnung (und damals immer lauter kritisiert), ging um die Welt, wenn auch interpretiert als Fingerzeig für die ersehnte Normalisierung.
So sehr sich jetzt alle freuen, dass die Corona-Fallzahlen endlich sinken, die Impfraten steigen und die vielen Einschränkungen wieder zurückgenommen werden können: Die Rückkehr des ersten Mega-Kreuzfahrtschiffes direkt hinter dem Markusplatz ist aber vermutlich auch ein Sinnbild dafür, dass bald wieder die Devise „alles beim Alten“ gilt – vielleicht sogar mehr, als uns vor Pandemiebeginn und während der Lockdowns lieb war. Welche vermeintlichen Auswüchse hat uns das Corona-Virus anfangs nicht drastisch vor Augen geführt – im Massentourismus, im Verkehr, in ausgelagerten Produktionen von Waren, Medikamenten und Nahrungsmitteln aus aller Welt; wie sehr wurde mit einem Mal beteuert, was wir nicht alles aus der Misere lernen wollen, müssen und werden.
Die MSC Orchestra durfte wie früher andocken. Weitere Fehlentwicklungen werden ebenfalls wieder aufleben. Auch im Agrarbereich.