Christina Huber, Bäuerin in Feldkirchen bei Mattighofen (OÖ), ist die jüngste Bezirksbäuerin Österreichs. In dieser Funktion will sie Sprachrohr für die Landwirtschaft sein sowie ein positives Bild der Bäuerinnen und Bauern nach außen hin vermitteln. Wir haben Christina auf ihrem Hof besucht.
Birgit Bratengeyer, LK Österreich
Wenn man sich etwas Eigenes schafft, dann ist das was ganz Besonderes.“ Mit dieser Feststellung, die auf eigener Erfahrung beruht, möchte Christina Huber ihren bäuerlichen Berufskolleginnen Mut machen, ihre Talente auf den Höfen ruhig auszuleben und sich auch in Politik und Gesellschaft zu engagieren.
Gelernte Floristin, Milchprodukte ab Hof
Aus einer bäuerlichen Familie stammend führte Christinas persönlicher Weg zunächst zu einer Lehre als Floristin. Vor rund zehn Jahren ist die heute 30-Jährige auf den Hof ihres Mannes in Feldkirchen bei Mattighofen (OÖ) an der Grenze zum Flachgau gekommen. Familiengründung mit nunmehr zwei Kindern, Arbeit am Hof und nach und nach auch die Verarbeitung eines Teiles der hofeigenen Milch zu Produkten für den Ab Hof-Verkauf wie Topfen, Butter, Joghurt und Würfelkäse sowie auch Topfenbällchen, die in Öl eingelegt werden, und Fruchtmolke. Für den Verkauf der Produkte wurde erst kürzlich ein Hofladen neu eingerichtet. All dies zeigt, wie wohl sich Christina in ihrer Rolle als Bäuerin fühlt. Dies strahlte so aus, dass sie Anfang 2016 zur stellvertretenden Ortsbäuerin gewählt wurde und ein Jahr später, am 10. Jänner 2017, auch zur Bezirksbäuerin von Braunau.
Mehr Frauen in die agrarischen Gremien
„Man darf bei einer Funktion nicht immer gleich Nein sagen, sondern muss offen und neugierig sein und sich auf etwas einlassen. Auch wenn das Ehrenamt einiges an Zeit kostet, bekommt man am Ende wieder ganz viel zurück und das ist schon klass“, berichtet die aufgeschlossene Bäuerin von ihren Erfahrungen als Funktionärin. Es sei wichtig, dass sich Frauen mehr zutrauen und sich in den verschiedenen Verbänden und Organisationen einbringen. Christina findet es gut, dass Frauen in den häufig von Männern dominierten landwirtschaftlichen Gremien vertreten sind. Frauen bringen ihrer Ansicht nach neue Perspektiven und Meinungen ein, und ihre anderen Blickwinkel würden zum Nachdenken anregen.
Unterstützung für mehr Erfolg bei der Nominierung von Frauen erhofft sich die Bäuerin durch die im April 2017 am Bundesbäuerinnentag in Alpbach ins Leben gerufenen „Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung in der Land- und Forstwirtschaft“, mit der eine Frauenquote von 30 Prozent in Führungsfunktionen in den heimischen Landwirtschaftskammern angestrebt wird. Die Charta soll aber auch von anderen landwirtschaftlichen Organisationen und Gremien des ländlichen Raumes übernommen werden. Christina selbst ist offen für ein weiteres Engagement in berufsständischen Organisationen: „Schauen wir, was die Zeit bringt und inwieweit man es dann zeitlich noch managen kann. Ich sage einmal: Ausgeschlossen ist nichts.“
Bei Christina steckt schon eine gute Einteilung dahinter, dass neben Familie mit den beiden Schulkindern Emily (11) und Janik (6) sowie Haushalt, Stallarbeit und Direktvermarktung noch ausreichend Zeit für den Einsatz als Bezirksbäuerin bleibt. Falls Christina zu einem Termin oder zu einer Veranstaltung muss, hilft ihr Mann aus. Auch auf ihre Schwiegereltern, die gleich nebenan wohnen, kann sie sich verlassen. Sonst ist das Melken der 35 Kühe aber ihre Aufgabe und bis zum Samstag jeder Woche müssen auch die Milchprodukte für den Verkauf fertig sein.
Christina: „Am Bäuerinnendasein schätze ich die Vielfältigkeit. Die Arbeit mit der Natur im Kreislauf der Jahreszeiten ist etwas ganz Besonderes.“ Entscheidend für sie sei auch, dass ausreichend Zeit für die Familie bleibe und vor allem auch für sie selbst.
Frauen opfern sich oftmals für alle anderen auf
„Frauen vergessen immer ganz gern auf sich“, so Christinas Erfahrung. Dabei sei es aber ganz, ganz wichtig, dass man Zeit nur für sich und zum Energietanken habe. „Da sind wir Frauen leider sehr gefährdet, dass wir uns zuerst für alle anderen aufopfern.“
Gemäß ihrem Lebensmotto „Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag“ will Christina auch ihre Berufskolleginnen zu einer positiven Lebenseinstellung motivieren. „Mit Optimismus und Freundlichkeit arbeitet und lebt es sich einfacher. Man kommt bei den Leuten besser an und bekommt das auch wieder retour“, so ihr Credo.
Ein Hofladen, der auch ein Gefühlserlebnis bietet
Das merken auch Christinas Kunden, die von den Produkten so angetan sind, dass sie für einen Besuch im Hofladen Wege von 20 Minuten bis zu einer halben Stunde in Kauf nehmen. „Einkaufen bei mir im Hofladen ist auch ein Gefühlserlebnis. Ich verkaufe sozusagen ein ganzes Paket“, sagt die Bäuerin, der der persönliche Kontakt ein wichtiges Anliegen ist. Die Kunden sehen, wie die Tiere am Betrieb leben, wie es am Hof ausschaut und sie können immer alles fragen. „Die Direktvermarktung ist mein kleiner Schatz und mein Reich. Das freut mich schon sehr“, ist Christina glücklich mit der Vermarktung ihrer Erzeugnisse, die sie nur auf Vorbestellung produziert.
Von den Konsumenten wünscht sich die Bäuerin mehr Verständnis für die Landwirtschaft, und dass sie Sachen verstärkt hinterfragen. „Es werden viele Themen auf emotionaler Ebene diskutiert, dabei kann doch jeder direkt bei den Landwirten nachfragen und erfahren, warum etwas auf eine bestimmte Art und Weise gemacht wird“, rät Christina. Passende Rahmenbedingungen für die landwirtschaftlichen Betriebe seien allerdings Voraussetzung, damit die Höfe lebenswert und vor allem auch wirtschaftlich bleiben.
Zertifikatslehrgang „ZAMm unterwegs“ als guter Grundstein
„Ein guter Grundstein für mein öffentliches Engagement“, das sagt Christina Huber über den Zertifikatslehrgang „ZAMm unterwegs“, den sie im Mai 2018 abgeschlossen hat. Diese Initiative der Arge Bäuerinnen, des Ländlichen Fortbildungsinstituts (LFI) und des Landwirtschaftsministeriums sieht Christina als „eine tolle Möglichkeit für Frauen, die bereits in leitenden, öffentlichen Funktionen tätig sind oder sich dafür interessieren, mehr über sich selbst zu erfahren und zu erkennen, wie man auf andere wirkt.“ Besonders in Erinnerung geblieben sind Christina die Lehrgangsinhalte über Kommunikation und wie man sich passend präsentiert oder zur richtigen Begrüßungsreihenfolge bei einer Veranstaltung. Auch das Üben von Interviewsituationen und die anschließende Videoanalyse haben ihr sehr viel gebracht, berichtet die Bäuerin. Christina: „Es war toll, in diese Richtung geschult zu werden und vermittelt zu bekommen, was man besser machen kann, weil einem das selbst ja gar nicht bewusst ist.“ Infos im Internet unter: www.zamm-unterwegs.at
- Bildquellen -
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