Alles was wir machen, hat sich irgendwie zufällig ergeben. Geplant haben wir nicht“, gibt Sandra Anderl unumwunden zu. Und dennoch – oder gerade deshalb – läuft der bäuerliche Familienbetrieb so erfolgreich, „weil wir das, was wir machen, gerne machen.“
„Gäste des Schaugartens werden oft zu treuen Kunden“
Bis ins Jahr 1780 lässt sich die Geschichte des Hofes „Anderl am Berg“ in Harmanschlag zurückverfolgen. Seit 1936, als sein Großvater die Landwirtschaft kaufte, sind Manfred Anderls Vorfahren in der kleinen Gemeinde ansässig. 1952 übernahm sein Vater Otto im Alter von 16 Jahren den Betrieb und spezialisierte sich auf die Milchproduktion. Als Ende der 1990er-Jahre die BSE-Krise die Rinderpreise in den Keller stürzen ließ, begann Familie Anderl aus der Not heraus mit der Direktvermarktung von Rindfleisch.
„Ich habe eine kaufmännische Ausbildung gemacht, mein Mann ist gelernter Maurer“, erzählt Sandra, die aus Linz stammend ins Waldviertel geheiratet hat, über ihren beruflichen Werdegang. Die Milchwirtschaft habe die beiden angehenden Jungbauern weniger interessiert und daher wurde der Betrieb auf Mutterkuhhaltung umgestellt, als Sandra und Manfred im Jahr 2000 übernahmen.
Im ursprünglich aus Schottland stammenden Angus-Rind sieht Familie Anderl viele Vorteile, auch wenn die Tageszunahmen etwas geringer als beim Fleckvieh, das früher am Hof gehalten wurde, sind. „Die Kühe sind sehr leichtkalbig, gutmütig und genetisch hornlos. Sie verfügen über einen ausgeprägten Mutterinstinkt und ihr Fleisch zeichnet sich durch besondere Feinfasrigkeit aus“, gerät Sandra ins Schwärmen, wenn sie von ihren Rindern berichtet.
18 Mutterkühe mit ihren Kälbern werden am Betrieb Anderl gehalten. Um die saisonale Abkalbung sicherzustellen, ist der Stier nur wenige Wochen bei der Herde. Die gesamte Nachzucht wird direkt vermarktet – die Stiere mit rund zwei Jahren fertig gemästet und die Kalbinnen mit einem Jahr als Jungrinder. „Auf die weiter entfernten Weiden bringen wir die Rinder auf einem Anhänger“, erklärt Sandra. Dadurch würden auch die Jungrinder zutraulich und können ohne zusätzliche Stressbelastung zum rund fünf Kilometer entfernten Schlachthof gebracht werden.
Bereits im Vorfeld informiert Sandra Anderl die Kunden über die Schlachtung und nimmt Vorbestellungen entgegen. Das Fleisch wird vakuumverpackt und kann so auch mit der Post zugestellt werden. Was übrig bleibt wird zu Schinken und Wurstwaren (Salami, Käsekrainer, Bergwurz‘n und vieles mehr) weiterverabeitet. Auch wenn Familie Anderl bereits einige Gastronomiebetriebe beliefert, wird der größte Teil der Ware an private Endkunden verkauft, um nicht von wenigen Großabnehmern abhängig zu sein.
„Viele Kunden haben wir unter den Besuchern unseres Schaugartens gewonnen“ zeigt sich Sandra Anderl über Synergien erfreut, die sich aus ihrem „Erlebnis: Stein & Garten“ ergeben haben. Auch dieses Projekt war nicht lange geplant worden, sondern hat„sich irgendwie ergeben“. Nach der Übergabe des Betriebs an seinen Sohn und der Umstellung auf Mutterkühe begann Otto Anderl in der nun für ihn freien Zeit mit der Anlage des Steingartens. Jahr für Jahr wurde – unter Mithilfe der ganzen Familie – ein Stück der steilen Böschungen rund um das Haus mit Steinmauern, Durchgängen, Stufen und Blumenbeeten liebevoll gestaltet. Entstanden ist dabei ein beeindruckendes blühendes Paradies, das im Rahmen der NÖ Schaugärten auch für Besucher geöffnet ist. In den Sommermonaten werden für Gruppen Führungen angeboten, einzelne Besucher können sicher gerne – gegen ein Eintrittsgeld – selber im Steingarten umsehen. Daneben wurde eine kleine Jausenstation eingerichtet, die zum Verweilen und Genießen der hofeigenen Spezialitäten einlädt.
„Unter den vielen Schaugärten in Niederösterreich sind wir der einzige mit landwirtschaftlichem Hintergrund“, weiß Sandra Anderl. Wichtig ist es ihr daher, den Gästen auch den Bezug zur Landwirtschaft zu bieten und über die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern zu informieren. Und auch auf Regionalität und Nachhaltigkeit wird bei Familie Anderl geschaut: Im Rahmen der Jausenstation werden möglichst nur Produkte aus der Region angeboten und bei den Getränken werden Glasflaschen anstatt Plastikflaschen bevorzugt.
Arbeit gibt es genug beim „Anderl am Berg“. Jeder hat seine Aufgabengebiete: Während Manfred hauptverantwortlich für die Grünland- und Forstwirtschaft ist, ist Sandra für die Direktvermarktung und den Schaugarten zuständig. „Aber wenn es notwendig ist, wird überall zusammengeholfen“, so Sandra, „weil es anders gar nicht gehen würde.“
Betriebsspiegel: Angushof Anderl
Kontakt:
Sandra und Manfred Anderl,
Harmanschlag 23, 3971 St. Martin
Telefon: 0664/1520356
E-Mail: anderl@angushof.at
Homepage: www.angushof.at
Betriebszweige:
Grünlandwirtschaft, Direktvermarktung (Rindfleisch), Waldwirtschaft, Schaugarten
Flächenausstattung:
29 Hektar Grünland (davon 11 Hektar Pachtflächen), 47 Hektar Wald
Arbeitskräfte:
2 Vollarbeitskräfte (Sandra und Manfred),
3 Kinder (13 bis 20 Jahre) helfen bei Bedarf ebenso mit wie Sandras Eltern,
1 Praktikantin während der Sommermonate
Eva Riegler