Ein Bild von einer Alm! Die Almbilder in unseren Köpfen gleichen oft den Almbildern auf Kalendern und zeigen schöne Landschaften, pittoreske Hütten und knorrige Almtypen. Auch der bekannte steirische Alm- und Bergfotograf Herbert Raffalt fotografiert nach den Gesichtspunkten der Ästhetik. Seine Almbilder sind zum Staunen schön, dennoch hat er auch einen sehr genauen Blick für die harten Seiten des Almlebens und für Veränderungen der Almkultur im Laufe der Zeit, worüber er in diesem Interview erzählt.
Herbert Raffalt, geboren 1964 in Schladming, hat seine Leidenschaften zum Beruf gemacht: Er ist staatlich geprüfter Berg- und Skiführer sowie vielfach preisgekrönter Fotograf und zählt zu den gefragtesten Berg- und Naturfotografen Österreichs. Viele Reisen haben ihn rund um die Welt geführt, doch die heimischen Alpen sind sein bevorzugtes Thema geblieben. Mittlerweile sind mit seinen Fotos zahlreiche Kalender und 15 Bildbände erschienen, unter anderem kam im Frühjahr dieses Jahres die überarbeitete Neuauflage des Buches „Almen in Österreich“ (Tyrolia-Verlag) heraus, das in Zusammenarbeit mit der Reise-Journalistin Susanne Schaber entstand.
Herr Raffalt, Sie haben sich als Alm- und Bergfotograf einen internationalen Namen gemacht. Was mögen Sie speziell an Almen?
HERBERT RAFFALT: Für mich sind Almen ein ganz besonderer Grund und Boden. Das liegt auch daran, dass ich zwischen meinem achten und dreizehnten Lebensjahr in meiner Heimat Steiermark als Hüterbub auf Almen herumgesprungen bin. Ich bin ein sehr visueller Mensch, aber was mir aus dieser Zeit vor allem in Erinnerung geblieben ist, sind die Gerüche. Wenn ich zum Beispiel rieche, wenn es bei Schlechtwetter Rauch in eine Almküche drückt, weckt das bei mir sofort Heimatgefühle.
Welche wesentlichen Veränderungen zu damals springen Ihnen auf den Almen ins Auge?
Wir mussten damals noch zu Fuß auf die Alm hinauf marschieren, begleitet von lasttragenden Haflingern. Mittlerweile sind die meisten Almen mit Forststraßen erschlossen. Dabei ist viel Ursprünglichkeit verloren gegangen, aber das ist gerechtfertigt, weil man die Almen ja bewirtschaften muss. Man muss akzeptieren und respektieren, dass auch auf der Alm die Zeit nicht stehen bleibt. Auf der sehenswerten Osttiroler Jagdhausalm habe ich eine Almfamilie getroffen, da hat der Großvater noch die alten Zeiten mit Pferdefuhrwerk erlebt, und der Enkel hatte immer sein Handy dabei. Aber das hat nicht gestört, das Alte und das Neue kommen auf dieser Alm gut miteinander aus und diese Alm ist mir auch in besonders schöner Erinnerung geblieben. Womit ich allerdings nicht umgehen kann: Wenn mich auf der Alm schon von Weitem Musikbeschallung empfängt. Neulich habe ich auf einer Alm sogar einen Whirlpool gesehen. Da frage ich mich schon: Muss das unbedingt sein? Brauche ich das auf der Alm?
Auf den Almen hat sich nicht nur infrastrukturell viel geändert, es haben auch neue Ideen Einzug gehalten. Welche sind Ihnen bei Ihrer Arbeit besonders aufgefallen?
Ich registriere mit Freude, dass sich so viele junge Menschen trotz aller damit verbundenen Mühen bereitfinden, eine Alm zu bewirtschaften. Sie machen das mit großer Begeisterung und viele verstehen es gut, neue Ideen mit alten Traditionen zu verknüpfen. Zum Beispiel kennen sie sich sehr gut mit Almkräutern aus, die sie zum Kochen verwenden. Ich liebe traditionelle Almkost, zum Beispiel ein Muas. Ohne diese traditionelle Kost verliert meiner Meinung nach eine Alm an Flair, aber ein bisschen frische Würze darf ruhig sein. Mir gefallen auch die vielen originellen und engagierten Initiativen rund um die Alm von umtriebigen Leuten wie zum Beispiel von der Ennstaler Bäuerin Marianne Gruber. Bei ihr auf der Viehbergalm kann man ein „Almdiplom“ erwerben, wobei man viel Interessantes über das Almwesen und die verschiedenen Formen der Almbewirtschaftung lernt, zum Beispiel wie man Butter macht.
Ihre Fotos von der Alm sind schön, erzählen von Idyllen und landschaftlicher Schönheit. Ist es eine Schönheit, der sie professionell begegnen oder berührt Sie diese Schönheit auch emotional?
Ich werde von Alm- und Berglandschaften immer zutiefst emotional berührt, das hängt sicher mit meiner Kindheit zusammen und auch mit meinem Beruf als Bergführer, den ich seit über dreißig Jahren ausübe. Ja, es stimmt schon: Meine Almfotos zeigen auch Idyllen, weil ich nach dem Gesichtspunkt der Ästhetik fotografiere. Wenn ein Telegrafenmast in der Gegend steht, rücke ich ihn nicht in den Blickpunkt, sondern wähle eine andere Perspektive. Aber ich verfälsche die Fotos nicht durch Bearbeitung, ich stemple den Masten nicht mit Photoshop weg. Ich bin auch kein typischer Schönwetterfotograf, sondern liebe die Stimmungen, die sich oft bei Regenwetter auf Almen und Bergen ergeben. Als Kalenderbilder werden diese Fotos dann aber meist nicht ausgesucht, auf Kalenderbildern scheint meistens die Sonne.
Wenn Sie zum ersten Mal auf eine Alm kommen, worauf achten Sie dann?
Was ich bei meinen Fotoarbeiten und Reportagen immer wieder auf den ersten Blick feststelle: Wie sauber und gepflegt unsere Almen in Österreich sind. Daran erkennt man den Stolz der Besitzer und Bewirtschafter. Denn man kümmert sich nur derart liebevoll um die Alm, die Tiere und die Hütte, wenn man Freude damit hat. Wo diese Freude verloren geht, wird das sofort augenscheinlich!
Vielen Dank für das Gespräch!
- Bildquellen -
- Almfotograf Herbert Raffalt: Herbert Raffalt
- I.Prugger 2sp: Privat
- Tirol Jagdhausalm Raffalt: Herbert Raffalt