„Beten ist immer möglich“

Ostern kann heuer wegen der Kontaktsperre nicht wie üblich gefeiert werden. Österreichs Bischöfe ermutigen daher alle Gläubigen, aus dem Fest der Auferstehung vor allem Mut und Hoffnung zu schöpfen. So auch Alois Schwarz, der Bischof von St. Pölten.

Bischof Alois Schwarz: „Sorgen wir daheim für spirituelle, feierliche Oster-Stimmung.“ Foto: Moritz schell

BauernZeitung: Exzellenz, wir alle leben derzeit in einer Ausnahmesituation, mit Einschränkungen, die bis vor kurzem kaum vorstellbar waren. Auch das Osterfest müssen wir heuer anders feiern. Aber ist Ostern ohne kirchliche Feiern überhaupt vorstellbar?

Alois Schwarz: Ostern ist ein Termin für kirchliche Feiern und es finden auch viele solche statt: in ganz kleinem Kreis in den Kirchen und die anderen in den Häusern. Ich glaube, dass viele Menschen heuer Ostern anders, weil zuhause, und dennoch christlich feiern werden. Meine Bitte ist nicht zu Vergessen, dass zu Ostern die Auferstehung gefeiert wird. Durch Auferstehung blüht die Hoffnung. Es werden sich jene freuen, die wieder gesund geworden sind. Wo jemand stirbt, kann die  Auferstehung angenommen werden für neues Leben. Was ich damit ausdrücken will: Ostern als Auferstehung geschieht oft, als Fest im Kirchenjahr ist es ein Datum im Kalender.

Gerade ältere Menschen gelten als besonders gefährdet. Viele wollen aber in diesen Tagen beichten oder zumindest in die Kirche gehen, um dort zu beten. Ist das möglich und sinnvoll oder gibt es Alternativen?

Grundsätzlich sage ich den älteren Menschen: Bleiben Sie zuhause! Beten Sie jetzt in Ihrem Haus, Ihrer Wohnung, im Zimmer. Suchen Sie Kontakt zu anderen über das Telefon und nutzen Sie die Übertragung von Gottesdiensten im Fernsehen oder auch im Internet. Und zur Beichte: Wer jetzt das Gefühl oder Bedürfnis hat auf Rückschau auf sein Leben oder die jüngste Zeit und vielleicht entdeckt, dass manches nicht in Ordnung war und er darüber Reue empfindet, dann hat gleichsam die Beichte schon begonnen. Die Lossprechung davon holt man sich später, wenn man wieder einen Pfarrer aufsuchen darf. Mein Rat lautet daher: Sich selbst Vergebung schenken und zur Beichte gehen, wenn es wieder möglich ist.

Viele Menschen sind verunsichert, haben Angst um ihre Gesundheit oder um ihre Existenz. Wie kann ihnen die Kirche Beistand leisten?

Wir haben in unseren Pfarren unzählige Initiativen, wo Menschen einander helfen. Beten ist immer möglich. Und segnen wir unsere Osterjause nach dem Gottesdienst via Fernsehen, zünden wir eine Osterkerze an, sorgen wir daheim für feierliche Stimmung. Kirche ist nicht nur in den Gotteshäusern bei den Menschen, sondern ist auch bei virtuellen Begegnungen möglich.

Auch Sakramente wie Erstkommunion, Firmung und Eheschließungen sind derzeit aufgeschoben. Wie und wann erwarten Sie, dass die ausgefallenen Termine nachgeholt werden können?

Ich ersuche um Geduld. Sobald es die Bundesregierung freigibt, werden wir uns bemühen, alles so rasch wie möglich wieder nachzuholen. Aber nun gelten für uns alle diese Vorgaben, die ich für absolut angemessen und auch heilsam halte.

Was sagen Sie jenen, die sich derzeit bei Todesfällen wegen der Ausgangsbeschränkungen nicht von ihren Liebsten verabschieden können?

Das ist eine ganz, ganz traurige Situation. Eine solche Herausforderung haben wir so niemals erwartet. Betroffene sollten jetzt telefonisch mit anderen in Kontakt treten, über ihre Trauer offen sprechen, sich erinnern, einander Trost spenden. Wenn jemand stirbt, gehört er nicht nur der engsten Familie, sondern wieder allen Verwandten und Freunden. Wenn die Krise vorbei ist wird es wieder Gottesdienste in der Kirche geben, wo alle in Gemeinschaft und in gegenseitiger Verbundenheit miteinander trauern können.

Auch die Landwirtschaft ist von der Corona-Krise massiv betroffen. Wie kann und soll man jetzt die bäuerlichen Betriebe unterstützen?

Indem wir sie bewusst wahrnehmen. Ich möchte den Bäuerinnen und Bauern danken und meinen Respekt ausdrücken, für ihre Arbeit, die sie auf den Höfen leisten. Das gilt auch für die Mitarbeiter der Molkereien und Mühlen, die LKW-Fahrer, die Traktor-Fahrer. Einfach für alle, die nun die Versorgung aufrecht erhalten, von den Höfen bis zur Haustür. Sie alle sind jetzt Schüsselkräfte in der Erzeugung regionaler Lebensmittel in unserem Land. Ich wünsche mir und hoffe, dass ihre Arbeit auch mit fairen Preisen abgegolten wird, als große Wertschätzung für jene, die unsere Lebensmittel sichern.

Sehen Sie in der Krise auch eine Chance?

Wir müssen sie zunächst erkennen und alles versuchen, die damit verbundene Not zu lindern. Was es jetzt braucht ist auch volle Aufmerksamkeit für einander. Es gibt nun viele Menschen im und am Land, die in ihrer Existenz gefährdet sind. Denen müssen wir gemeinsam helfen und Zusammenstehen.

Was gibt Ihnen derzeit Hoffnung?

Ich spüre in den vielen Initiativen, welche die Menschen einander jetzt schenken, viel Zusammenhalt, Fairness, auch Gerechtigkeit. Das Wort „Miteinander“ ist zum Lebensprogramm geworden.

Welche Bibel-Stelle sollte man sich aktuell besonders zu Herzen nehmen?

Den 23. Psalm „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.“ Da heißt es: „Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil, denn Du bist bei mir.“ Das ist das Gebet eines Menschen, der den Hirtendienst kennt, der die Gefahren kennt, aber er weiß,  beim Stock und beim Stab findet er Zuversicht. Ich glaube, die Osterbotschaft wird heuer ganz neu gehört werden, wenn der Auferstandene im Garten Maria von Magdala begegnet und er zu ihr sagt „Rühr mich nicht an“ – weil er als Auferstandener gleichsam unberührbar und doch nahe ist. Für mich ist das ein sehr bewegendes Bild. Gott schenkt uns Hoffnung.

Wie werden Sie Ostern verbringen?

Indem ich die Heilige Ostermesse im Dom von St. Pölten feiere. Sie wird am Sonntag um 9 Uhr von „ServusTV“ übertragen. Das ist mein persönliches Ostern mit allen, die über das Fernsehen mitfeiern möchten. Nicht möglich ist mir, heuer mit meiner Familie in der Buckligen Welt im Süden von Niederösterreich zu feiern und mit meinen Geschwistern rund um das Osterfeuer zu stehen. Das wird mir sicher sehr abgehen.

Interview: Bernhard Weber

Der Besuch von Gottesdiensten ist derzeit untersagt. Deshalb bringt ServusTV die Heilige Messe mit Bischof Alois Schwarz zu Ostern nach Hause ins Wohnzimmer. www.servustv.com

ZUR PERSON

Dr. Alois Schwarz, (67), Bauernsohn aus Hollenthon (NÖ) und seit Mai 2018 Bischof der Diözese St. Pölten. In der Österreichischen Bischofskonferenz ist er Referatsbischof für Umwelt, Wirtschaft und Landwirtschaft.

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