Ist die Ausweisung von wolfsfreien Weidezonen möglich? Dieser und ähnlichen Fragen rund um die Großraubtiere in Tirol widmeten sich die Universitätsprofessoren Dr. Roland Norer und Dr. Walter Obwexer in zwei eigenständigen Rechtsgutachten.

Zonen-Einteilung unzulässig

„Eine Ausweisung allgemeiner wolfsfreier Zonen durch die Tiroler Landesregierung ist europarechtlich unzulässig“, erklärt Roland Norer in seinem Gutachten. Er und Walter Obwexer sind sich einig: „Möglich wäre die Ausweisung von Zonen, in denen der Wolf absoluten Schutz genießt. Das hätte aber keinen verminderten Schutzstatus außerhalb dieser Zonen zur Folge.“ 

Ebenfalls übereinstimmend zum Schluss kommen die beiden Gutachter: Die Ausweisung von Alpschutzgebieten – wie bereits im Tiroler Almschutzgesetz vorgesehen – ist möglich. In diesen Gebieten wird zur Beschleunigung und Vereinfachung von Verfahren vorab geprüft und festgestellt, ob Herdenschutzmaßnahmen zumutbar und faktisch machbar sind. Dies soll die nach der FFH-Richtlinie erforderliche Alternativenprüfung erleichtern.

Abschuss von Problemwölfen

Die Frage, ob auffällige Wölfe rechtlich legal als „Problem-“ oder „Risikowölfe“ definiert werden können, bejahen die Experten. Aber: „Diese Definition kann nicht automatisch zu Rechtsfolgen (z. B. Abschussgenehmigung) führen. Die Kriterien können allerdings als Grundlage für Einzelfall-entscheidungen herangezogen werden.“

Hervor heben die Experten in ihrem Gutachten, dass Entnahmen nicht auf ein Tier ausgerichtet sein müssen: „Die zeitliche und räumliche Nähe zu einem oder mehreren Rissereignissen ist ausreichend, um einen Wolf zum Abschuss freizugeben. Die Entnahmeerlaubnis muss nicht auf ein einzelnes, konkretes (genotypisiert spezifiziertes Individuum) Tier limitiert sein.“

Uneinigkeit bei Verfahrensfrage

Solange eine Einzelfallprüfung vorgenommen werde, könne das Land Tirol selbst über die Art des Verfahrens (Gesetz, Verordnung, Bescheid) zur Entnahme von Großraubtieren bestimmen, sind sich Norer und Obwexer einig. Unterschiedliche Rechtsmeinungen vertreten sie hinsichtlich Beschwerden und deren aufschiebender Wirkung. 

Prof. Norer hingegen ist der Auffassung, dass das Aarhus-Recht aufgrund der reflexartigen Einsprüche von Umweltorganisationen die Anwendung der Ausnahmen vom strengen Schutz von Wölfen in der FFH-Richtlinie blockiert. Deshalb wäre die Entnahme auf Basis einer Landesverordnung unter Ausschluss des Beschwerderechts geeignet, um die Umsetzung der FFH-Richtlinie durchzusetzen. Prof. Norer führt aber auch aus, dass die Entnahmepraxis per Verordnung auf dem Prüfstand steht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung dürften mehrere Jahre vergehen. Der Ausgang ist offen.

Prof. Obwexer vertritt die Ansicht, dass ein genereller Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden dem Unions- und Verfassungsrecht widerspricht. Laut Aarhus-Konvention darf Umweltorganisationen außerdem nicht die Möglichkeit genommen werden, aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangene Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen.

Einigkeit zeigen Norer und Obwexer beim Tierschutz und Artenschutz: Diese hätten diesselbe Priorität.

Schwedisches Modell 

Das schwedische Modell ist laut der Experten in Österreich nicht anwendbar. Grund sei, dass der günstige Erhaltungszustand der Großraubtiere in Österreich nicht gegeben ist.

- Bildquellen -

  • Gray Wolf In The Winter Forest. Wolf In The Nature Habitat: Adobe Stock
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AUTORRed. HP
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