Die Statistik Austria hat für 2022 ein voraussichtliches Einkommensplus für die Landwirtschaft von 25,6 Prozent errechnet. Das sei „umso bemerkenswerter, als schon im Vorjahr ungewöhnlich hohe Einkommenssteigerungen festgestellt wurden“, meint die agrarpolitische Referentin der AK, Maria Burgstaller. Die AK Wien verweist auch auf eine Ifo-Studie aus Deutschland, laut der „bestimmte Betriebe und Branchen – darunter auch die Landwirtschaft – die Teuerung für hohe Gewinnsteigerungen nutzen konnten“.
Burgstallers Schlussfolgerung daraus: „Wenn alle Daten darauf hinweisen, dass manche großen Agrarbetriebe in dieser Zeit der extremen Teuerung sehr gut verdient haben, sollten diese nicht auch noch mit zusätzlichen Zahlungen aus dem Steuertopf überfördert werden.“
Weil 80 Prozent des Steueraufkommens von Arbeitnehmern und Konsumenten geleistet würden, erwarte sich die AK, „dass diese Gelder treffsicherer eingesetzt werden“. Andernfalls drohe „eine Überförderung der Landwirtschaft“, etwa mit dem übermorgen von der AMA ausbezahlten „110 Millionen Euro Teuerungsausgleich“ an die Bauern oder den „120 Millionen Euro Stromkostenzuschuss für die Landwirtschaft“, der im kommenden Frühling ausbezahlt werden soll. Auch die „Temporäre Agrardieselvergütung“ in Höhe von 30 Millionen Euro ist der AK-Mitarbeiterin Burgstaller ein Dorn im Auge.
In der AK Wien herrscht also die Meinung vor, „die Konsumentinnen und Konsumenten zahlen doppelt: Zum einen durch die höheren Lebensmittelpreise, zum anderen durch die Steuern, mit denen die Agrarfördergelder bezahlt werden.“ Auch seien letztere nicht treffsicher: „Kleine Bäuerinnen und Bauern“, so Burgstaller, würden dafür wenig profitieren.
Höchst erzürnt über die Aussendung der Arbeiterkammer zeigte sich Landwirtschaftskammer Österreich-Präsident Josef Moosbrugger: Er sei „entsetzt und fassungslos, dass manche in der jetzigen weltweiten Krisensituation nicht davor zurückscheuen, aus politischem Kalkül gerade jene an den Pranger zu stellen, die für die Versorgung der heimischen Bevölkerung mit Lebensmitteln, Energie und Rohstoffen von größter Bedeutung sind“.
Laut Moosbrugger sei „das Einkommensplus im Jahr 2022 für unsere bäuerlichen Familienbetriebe angesichts der enormen Kostensteigerungen und höchst volatilen Märkte dringend notwendig“ – auch für die Gewährleistung der Ernährungssicherung und die Aufrechterhaltung weiterer Leistungen für die Gesamtgesellschaft. „Die Steigerung ist höchst an der Zeit, weil die Lebenshaltungskosten auch für Bauernfamilien enorm in die Höhe gegangen sind und deren Einkommen seit Jahren unter jenem anderer Erwerbsgruppen liegt. Zudem dürfte das kommende Jahr 2023 wegen der Auswirkungen des Ukraine-Russland-Krieges sehr herausfordernd werden“, so Moosbrugger.
Er wolle „mit Nachdruck darauf hinweisen, dass es die Landwirtschaft mit dem jüngsten Einkommensplus gerade einmal schafft, auf das Niveau von 2007 und 2011 zu kommen“, so Moosbrugger: Die Bäuerinnen und Bauern hätten sich in der Langfristbetrachtung schon lange eine bessere Abgeltung ihrer harten Arbeit verdient. Auch herrsche in der Landwirtschaft deshalb „keinerlei Goldgräberstimmung. Vielmehr geben alle ihr Bestes, um ihre Betriebe am Laufen zu halten, weiter zu produzieren und die Regale gefüllt zu halten.“
Für viele Betriebe sei die Situation derzeit besonders schwierig, verwies Moosbrugger auch auf Medienberichte über wegen der hohen Energiepreise kaltgestellte Gartenbaubetriebe, daher fehle heimisches Gemüse und anders mehr. Der LK-Präsident: “Sozialpartnerschaft stelle ich mir anders vor, als den Neid gegenüber Bevölkerungsgruppen zu schüren, deren harte Arbeit der gesamten Bevölkerung in zahlreichen Lebens- und Wirtschaftsbereichen nützt.“ Die Landwirtschaftskammer würde jedenfalls „nicht auf die Idee kommen, gegen Angestellte oder andere Berufsgruppen zu hetzen“. Die heutige Aussendung zeuge allein „von politischer Kleinkariertheit und schlechtem Stil“.
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