Die Vorträge der traditionellen „Boden.Wasser.Schutz.“-Tagung, die dieses Jahr bereits zum 20. Mal stattfand, wurden via Internet-Stream aus der Landwirtschaftskammer Oberösterreich abgehalten.
Den Anfang machte Hatto Käfer, Leiter des Wirtschaftsteams der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, der Einblicke ins Herz des europäischen Grünen Deals gab – nämlich die Farm-to-Fork-Strategie, die in enger Verbindung mit der Biodiversitätsstrategie steht und eine Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist.
Vom Hof auf den Tisch: Ganze Wertschöpfungskette betroffen
„Der Hintergrund ist ernst: Experten sprechen vom sechsten Massensterben in der Geschichte des Lebens auf der Erde, denn von etwa acht Millionen Tier- und Pflanzenarten sind circa eine Million vom Aussterben bedroht“, so Käfer. „Der Verlust der Biodiversität bedeutet aufgrund der Verknappung von Ressourcen gleichermaßen Verlust für die Wirtschaft“, betont er. Es gebe also gute Gründe für den Erhalt dieser Vielfalt. Auf EU-Ebene möchte man demnach ein Netz an Schutzgebieten schaffen, das mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresgebiete umfasst. Durch praktikable Bestandsaufnahmen möchte man beispielweise den Erhalt von Vogel- und Insektenarten garantieren. Weiters gehe es darum, bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen und die ausreichende Versorung mit frischen und sicheren Lebensmitteln zu gewährleisten.
Ziel sei außerdem, die ökologische Landwirtschaft in der europäischen Union bis 2030 auf 25 Prozent, bezogen auf die landwirtschaftliche Nutzfläche, anzuheben: „In Österreich ist diese Schwelle schon jetzt erreicht“, so der Experte. Darüber hinaus möchte man eine deutliche Senkung des Pestizideinsatzes erreichen. Ein vollkommenes „Aus“ für Glyphosat könne sich Käfer nicht vorstellen: „Es braucht Anwendungsformen für eine sichere Ausbringung, doch solange kein Substitut vorhanden ist, wird es schwierig, gänzlich darauf zu verzichten.“
Etwa ein Drittel der weltweiten Treibhausgase werden vom Lebensmittelsystem verursacht, weswegen dieses nachhaltig ausgestaltet werden soll. Auch der Handel sei bei dieser Aufgabe ein wichtiger Akteur, weshalb der Experte auf die Notwendigkeit der Lebensmittelherkunftskennzeichnung verweist. Dafür brauche es neue Regeln und eine konstruktive Zusammenarbeit aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette. Denn letztendlich entscheidet der Konsument, der in seiner Entscheidung durch nachvollziehbare Lebensmittelangaben unterstützt werden müsse, so Käfer. „Die Existenzgrundlage der Landwirtschaft muss jedenfalls gesichert sein“, so der Experte, der betont, dass finanzielle Hilfestellungen durch die neue GAP gegeben seien. Darüber hinaus weist er auf neue Geschäftsfelder im Agrarsektor hin, da die Aufgabe CO² zu binden ein Zukunftsthema sein werde.
Qualitätsproduktion mit hohen Umwelt- und Klimaambitionen
Über die umweltrelevanten Maßnahmen im GAP-Strategieplan 2023+ informierte Thomas Neudorfer vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. „Bereits in den letzten Jahren wurde das Thema Nachhaltigkeit in den GAP-Reformen immer wichtiger und auch in dieser Periode wird es uns intensiv beschäftigen“, so Neudorfer. Im internationalen Vergleich sei der Anteil an Direktzahlungen hierzulande relativ gering, da Österreich bereits eine sehr leistungsbezogene Abwicklung der GAP verfolge – diese Vorgehensweise sei jedoch ein Rollenmodell, wie es sich die Kommission für die zukünftige GAP für ganz Europa vorstelle. „Dahingehend haben wir schon umfangreiche Vorleistungen gemacht“, betont der Experte. „Es wird eine Herausforderung werden, die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie zu erreichen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, so Neudorfer. Österreich könne aber mit bereits erledigten Mehrleistungen argumentieren. Nichtsdestototz würden durch die Direktzahlungen neue Anforderungen auf die Landwirte zukommen, da erhöhte Umweltambitionen gefordert werden. „Das Prämienvolumen von 445,5 Millionen Euro pro Jahr wurde auf 574 Millionen Euro pro Jahr deutlich erhöht, wobei die Umweltleistungen klar ersichtlich sein müssen“, so Neudorfer.
Umweltleistungen müssen sich im Bauernpreis widerspiegeln
Intensiv bewirtschaftete Betriebe sollen ebenso im Agrarumweltprogramm mitberücksichtigt werden, wobei auch hier die Genehmigung der Kommission nur erfolgt, wenn eine erhöhte Umweltwirkung ersichtlich ist. „Daher werde es auch hier Auflagen geben, um überhaupt Prämien zahlen zu können“, ergänzt der Experte. Darüber hinaus ersuchte Neudorfer, sich zu überlegen, ob eine Teilnahme an der umweltgerechten und biodiversitätsfördernden Bewirtschaftung (UBB) möglich ist. Im Rahmen dieser Bestimmung sei es im Ackerbau notwendig, sieben Prozent Biodiversitätsflächen anzulegen,
wodurch man pro Hektar 70 Euro auf die gesamte Fläche bekomme. Dies sei ein sehr gutes Angebot. Bei der Prämie für den vorbeugenden Grundwasserschutz gebe es neben der Basisprämie sowie diversen Zuschlägen einen zusätzlichen Zuschuss vom Land Oberösterreich. Abschließend betonte Neudorfer, dass man mit hohen Anforderungen zur Reduktion der Umweltauswirkungen seitens der Gesellschaft konfrontiert sei. „Diese erhöhten Anforderungen müssten aber auch im Produktpreis sowie Bauernpreis untergebracht werden“, so der Experte. Dahingehend sei es also wichtig, den Umweltleistungen der Bäuerinnen und Bauern Sichtbarkeit zu geben, um die Akzeptanz der Zahlungen zu erhalten und diese zu erhöhen.
Quelle: Bauernzeitung/zivkovic; BMLT; imagination13 - stock.adobe.com
Praxiseinblick – Teilnahme am Agrarumweltprogramm
Zum Thema „Mein landwirtschaftlicher Betrieb im ÖPUL“ sprachen zwei Landwirte. Nikolaus Stiebitzhofer aus St. Florian gab einen Einblick in die Gestaltung von Diversitätsflächen, mit denen er versucht, der Erosionsgefahr entgegenzuwirken. Aus praktischen Gründen lege er diese in Form von Streifen als Schlagteilung sowie als Verbindungsflächen für Tiere und Insekten an. Durch die Nützlingsstreifen sollen so die Schädlinge durch die Nützlinge unterdrückt werden. Die höheren Produktionskosten werden durch eine eigene, regionale Vermarktungsschiene getragen – das Projekt „Blumenkorn“. „Mit der Anlage von Biodiversitätsflächen wird die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit für Qualitätsweizen aus der Region gefördert“, so Stiebitzhofer. Mit dem Projekt „Wir schauen auf unsere Äcker“ nimmt der Landwirt weiters am freiwilligen Monitoring der Biodiversitätsflächen teil, um die Entwicklung dieser zu beobachten.
Im Anschluss berichtete Alexander Aitzetmüller aus Pettenbach über seinen 63 ha großen Betrieb, wovon ungefähr 55 ha Ackerfläche sind. Auch er nimmt am Agrarumweltprogramm teil, setzt Maßnahmen, wie zum Beispiel den vorbeugenden Grundwasserschutz und führt weiters Maissortenversuche durch. Auf seinen Betrieb befindet sich einer von vier Lysimeterstandorten Oberösterreichs, mit dem diverse Düngerversuche am Feld in Zusammenarbeit mit der Boden.Wasser.Schutz.-Beratung (BWSB) durchgeführt werden. Die Daten des Lysimeters liefern relevante Erkenntnisse, insbesondere über das Nährstoffverhalten im Boden. Die praxisnahe Auswertung und die Ergebnisse, welche auf der Webseite der BWSB einsehbar sind, schätzt der Bauer sehr.
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- Es stehen circa 574 Millionen Euro pro Jahr für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen zur Verfügung; Einige positive Budget-Veränderungen des Agrarumweltprogramms.: Bauernzeitung/zivkovic; BMLT; imagination13 - stock.adobe.com
- Ein Überblick, für welche Bereiche die GAP Vorteile bringt sowie die Entwicklung der flächenbezogenen GAP-Maßnahmen vom Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2023.: Bauernzeitung/zivkovic; BMLT; imagination13 - stock.adobe.com