Aufgrund der ungünstigen Witterung zum Anbau im Herbst ging die Anbaufläche von Brotgetreide zurück. Da auch die Hektarerträge bestenfalls durchschnittlich ausfielen, blieb die Erntemenge deutlich unter dem Vorjahresergebnis. Der Inlandsbedarf ist aber jedenfalls gesichert.
Österreich ist wieder ausreichend mit Brotgetreide versorgt. Allerdings ist die heurige Getreideproduktion (ohne Mais) auf rund 2,9 Mio. t gesunken und liegt damit unter dem Niveau des Vorjahres sowie unter dem langjährigen Mittel. So lautet zusammengefasst die Erntebilanz, die der Vorstandsvorsitzende der Agrarmarkt Austria, Günter Griesmayr, bei einer Pressekonferenz am 11. August bekannt gegeben hat. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Fachbeirates Getreide, Ölsaaten, Zucker und Stärke der AMA, Ernst Karpfinger, und Christian Gessl, dem AMA-Abteilungsleiter für Marktordnungen, Markt- und Preisberichte, hat Griesmayr die Eckpunkte der diesjährigen Getreideernte präsentiert.
Einschließlich Mais beträgt die prognostizierte Gesamtproduktion laut dem AMA-Chef rund 5,1 Mio. t. Die derzeitige Aussicht auf eine gute Maisernte hebt die eher bescheidene Getreidebilanz auf ein durchschnittliches Niveau.
Seriös einschätzbar ist die Gesamternte allerdings erst, wenn die Mähdrescher stillstehen. Noch ist die Ernte in Regionen wie dem Wald- und Mühlviertel sowie weiter im Westen des Bundesgebietes im Gange.
Viel weniger Weizen und Roggen
Ausschlaggebend für die gedrückten Erntemengen bei Weizen (–9,2 % gegenüber dem Vorjahr) und Roggen (–33,8 %) waren auf „historische Tiefs“ reduzierte Anbauflächen sowie die Trockenheit in den ertragsbildenden Wachstumsstadien im Frühjahr. Laut Ernst Karpfinger habe dies zu „großen Ähren mit kleinen Körnern“ geführt. Ein schwacher Trost für die Getreidebauern sind die gute Qualität und voraussichtlich höhere Preise. Auch die Fläche für Ölraps setzte den Abwärtstrend fort, obwohl die Ware am Markt gefragt wäre. Hier gelten Einschränkungen beim Pflanzenschutz als Ursache.
Ausgeweitet wurde der Anbau von Dinkel, Hartweizen und Sojabohne. Auch Zuckerrüben und Ölkürbis haben an Fläche zugelegt. Als verlässlicher Ertragsbringer, selbst unter heißen Bedingungen, gilt bei den Landwirten der Körnermais, der ebenfalls ein Flächenplus verzeichnete. Zunehmende Probleme bereiten den Landwirten Wetterextreme. Hagel, Sturm und
Starkregen haben die Landwirtschaft in den vergangenen Wochen regional schwer getroffen. In Summe beziffert die Hagelversicherung die bisher ermittelten Schäden durch Hagel, Trockenheit und Frost auf etwa 215 Millionen Euro. Trotz einer geringeren Getreideernte kann der Bedarf der heimischen Mühlenindustrie sowie des Bäckereisektors zur Gänze aus der qualitativ hochwertigen Getreideernte gedeckt werden. Auch während der von vermehrten Haushaltseinkäufen geprägten Corona-Lockdowns gab es bei Mehl keine Versorgungsengpässe. Ausschlaggebend für die Versorgung waren und sind die offenen Grenzen für Importe sowie Exporte am EU-Binnenmarkt, weiß Karpfinger.
„Nur Ein Cent je Semmel“: Getreidepreis hat keinen Einfluss auf Brot und Backwaren
Großen Stellenwert hatte in der Pressekonferenz die Frage, ob durch die starken Preisanstiege bei Getreide und Ölsaaten auch die Konsumenten mit höheren Preisen für Brot und Gebäck rechnen müssten. So hatte etwa der Obmann der Vereinigung der Backbranche, Michael Bruckner, gegenüber Medien erklärt, dass Brot und Gebäck ab Herbst um 10 % Prozent teurer würden. Grund dafür seien höhere Getreidepreise, teurere Ersatzteile für Backmaschinen, die höhere Normverbrauchsabgabe für Klein-LKW sowie eine Lohn- und Gehaltsrunde im Herbst. Allerdings relativierte der Branchenvertreter die Bedeutung der Getreidepreise mit der Feststellung, dass das Mehl nur selten mehr als 4 % der Kosten ausmache. Etwa die Hälfte der Kosten der Bäcker entfielen auf das Personal, so Bruckner.
Dabei sei der Rohwareneinsatz bei Backwaren laut Ernt Karpfinger sehr gering. Hier die Getreidepreise für die Verteuerung von Brot und Gebäck verantwortlich zu machen, sei unseriös. Ein Getreide-Erzeugerpreis von beispielsweise 200 Euro je Tonne sei für die Bauern unbedingt erforderlich. Denn auch deren Kosten für Dünger und Betriebsmittel seien gestiegen. Auf die Konsumentenpreise hätte das „Null Einfluss“.
Laut Günter Griesmayr liegt der Rohstoff-
einsatz bei einer Semmel bei etwa 2 bis 3 %. Zu beachten sei auch, dass die Spanne der Verkaufspreise einer Semmel sich von 10 Cent bis über 1 Euro je Stück erstreckt. Nimmt man beispielsweise 50 Cent für eine Semmel an und 2 % Rohstoffanteil, dann ergebe das einen Anteil von gerade einmal 1 Cent für das Getreide. Stiege der Getreidepreis um 10 % , dann würde das Mehrkosten für den Getreideanteil von 0,1 Cent (!) bedeuten. Aufgrund des Rohstoffes seien Preissteigerungen bei Mehl und Brot nicht zu rechtfertigen. Viel mehr ins Gewicht bei der Kalkulation fallen Faktoren wie Personal, Energie, Logistik und Verpackung, meint Griesmayer.
- Bildquellen -
- Getreide: Foto: AMA-Marketing/APA-Fotoservice/Mirjam Reither