“Jedes Schaf, das durch einen Raubtierriss zu Schaden oder sogar zu Tode kommt, ist eines zu viel“, so Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler. Das Land Tirol könne inzwischen aber einen Lösungsansatz für die Wolfsproblematik vorweisen: Mit 22. August tritt die Änderung des Tiroler Almschutz- und Jagdgesetzes, die im Juli-Landtag beschlossen wurde, in Kraft.

Die Gesetzesänderung beinhaltet ein beschleunigtes Verfahren zur Entnahme eines verhaltensauffälligen Wolfes oder Bären. Darüber hinaus ermöglicht das neue Tiroler Wolfsmanagement bei Vorliegen eines Rissgeschehens erstmals eine möglichst rasche, fachlich kompetente Feststellung der Verhaltensauffälligkeit eines großen Beutegreifers durch ein fünfköpfiges Fachkuratorium. Dieses Gremium empfiehlt auch die zu treffende Maßnahme, die gerade in Weideschutzgebieten die Entnahme eines Problemtieres bedeuten wird.

„Damit haben wir alles, was auf Landesebene möglich ist, möglich gemacht. Nun ist Brüssel am Zug: Wir in Tirol werden die europaweite Wolfsproblematik nicht alleine lösen können“, fordert Geisler ein Umdenken auf EU-Ebene. Im Schulterschluss mit den Nachbarländern Bayern und Südtirol setze man sich für eine Änderung der FFH-Richtlinie, die Wölfe und Bären als streng schützenswert ausweisen, ein.

Ein Dialogforum für
den Alpenraum

An der traditionellen Europawanderung des Südtiroler Bauernbundes nahmen auch heuer wieder prominente Agrarvertreter aus mehreren Ländern teil. Im Zentrum der Gespräche standen die aktuelle EU-Agrarpolitik und die Frage, wie sich die Landwirtschaft im Alpenraum weiterentwickeln kann.

Die Europawanderung ist ein jährlicher Treffpunkt von hochrangigen Bauernverbands-Funktionären aus Deutschland, Österreich und Südtirol, die vom Südtiroler Bauernbund zusammen mit dem EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann organisiert wird. Mit dabei waren unter anderem der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, der Präsident des Österreichischen Bauernbundes, Georg Strasser, der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Walter Heidl, der Obmann der Tiroler Bauernbundes, Josef Geisler, und Bauernbunddirektor Bundesratspräsident Peter Raggl sowie Landwirtschafts-Landesrat Arnold Schuler, der Landtagsabgeordnete Franz Locher und Handelskammer-Präsident Michl Ebner. Die Teilnehmer wanderten vom Jochgrimm über bzw. um das Weißhorn bis zur Bletterbachschlucht.

Bauernbund-Landesobmann Leo Tiefenthaler unterstrich die Bedeutung solcher Treffen: „Gerade die letzten eineinhalb Jahre der Pandemie haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, sich abseits von Videokonferenzen und Online-Treffen auch wieder direkt miteinander reden zu können.“

Großraubwild: Arbeit
auf allen Ebenen

Landwirtschafts-Landesrat Arnold Schuler rief die Bauernvertreter dazu auf, aktiv die Leistungen der Landwirtschaft herauszustellen: „Unsere Bäuerinnen und Bauern können von der Gesellschaft durchaus Respekt verlangen, schließlich produzieren sie wertvolle Lebensmittel in hoher Qualität und pflegen auch unsere alpine Kulturlandschaft.“

Ein gemeinsames Problem der Landwirtschaft im Alpenraum sei das Großraubwild: „Wir arbeiten auf allen Ebenen daran, eine Lösung zu finden, mit der unsere Almwirtschaft eine Zukunft hat. Es ist aber schwierig, die Entscheidungen in unserem Sinne durchzusetzen“, räumte Schuler ein. In Sachen Agrarpolitik schwor Schuler die Bauernvertreter auf Zusammenhalt und aktive Mitarbeit ein, schließlich stehe gerade auf staatlicher Ebene hier ein „heißer Herbst bevor“.

Als besonderen Gast wie bei jeder Europawanderung begrüßte Tiefenthaler den ehemaligen EU-Agrarkommissar Franz Fischler. Dieser hob in seinen Grußworten den Klimawandel als großes Thema für die Landwirtschaft im Alpenraum hervor: „Die EU-Kommission gibt zurzeit viele Ziele vor, zu deren Umsetzbarkeit ich große Zweifel habe. Wir müssen den Leuten klar und konkret sagen, wie sie mit dem Klimawandel umgehen und wie sie sich daran anpassen können.“

Chancen der
Nachhaltigkeit nutzen

Auch EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann rief die Landwirtschaftsvertreter auf, die aktuellen Entwicklung zu nutzen. Als Beispiel dafür nannte er die CO2-Zertifikate: „Wenn jene Sektoren, die – wie die Landwirtschaft – CO2 binden, Geld von denen Sektoren erhalten, die CO2 verursachen, dann ist das nur gerecht und kann ein zusätzliches Einkommen für die Landwirte sein.“ Auch in den diversen Strategien der EU zum Thema Nachhaltigkeit gehe es für die Landwirtschaft darum, die Chancen zu erkennen und sich aktiv einzubringen. „Auch in der EU-Agrarpolitik ist in den vergangenen Jahrzehnten zwar vieles gut, aber längst nicht alles perfekt gelaufen – denken wir nur an die Sojaimporte aus Südamerika, die dann auf der anderen Seite zu massiven Fleischexporten nach China führen“, unterstrich Dorfmann.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, bedankte sich auch im Namen der deutschen Bäuerinnen und Bauern bei Dorfmann dafür, dass „die neue Agrarpolitik auf einen guten Weg gebracht wurde“. Jetzt gehe es darum, diese neuen Regeln in den einzelnen Mitgliedstaaten auch gut umzusetzen.

Für Georg Strasser brauche die Landwirtschaft gemeinsame Allianzen, um ihre Anliegen weiterzubringen: „Bei der Diskussion um die Biodiversität darf man nicht vergessen, dass die heutige Kulturlandschaft im Alpenraum das Werk jahrhundertlanger bäuerlicher Arbeit ist.“

- Bildquellen -

  • Europawanderung 2021 Südt. Bauernbund Region Bozen: christian Schmidt Hamkens
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AUTORred. AH
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