So wie sich die Land- und Forstwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt und verändert hat, war auch die Rolle der Bäuerin am Betrieb einem starken Wandel unterworfen. Doch eines blieb unverändert: Es sind zumeist die Frauen, die neben ihrer betrieblichen Arbeit einen Großteil der Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung übernehmen.
Rollenverteilung – traditionell oder modern
Mit einer vielfältigen und unentbehrlichen Arbeitsleistung tragen Frauen entscheidend zur landwirtschaftlichen Produktion sowie zum Familieneinkommen bei. Doch auch das soziale Leben in den Dörfern und Regionen wird stark von ihnen geprägt. Dennoch werden diese Leistungen in der Öffentlichkeit oft nicht entsprechend wahrgenommen.
Lange Zeit gab es im bäuerlichen Familienbetrieb die klassische Rollenverteilung: Der Bauer ist im produktiven Bereich beschäftigt, mit Entscheidungsmacht ausgestattet, und als Repräsentant des Betriebs nach außen auftretend, während die Bäuerin die alltäglichen Versorgungsarbeiten übernimmt und als flexible Arbeitskraft am Hof überall mitanzupacken in der Lage – und auch bereit – ist. Diese traditionellen Rollenbilder in Reinform gibt es heute fast nicht mehr und die Gründe dafür sind vielschichtig: Neben dem nicht aufhaltbaren Strukturwandel mag die lange Tradition der Nebenerwerbslandwirtschaft in Österreich ausschlaggebend sein. Doch noch mehr tragen geänderte Ausrichtungen des Betriebs und vor allem die Ansprüche an die persönliche Lebensplanung dazu bei.
Wie zahlreiche Studien belegen, übernehmen Frauen vermehrt betriebliche Verantwortung und sind damit in Bereichen tätig, die bisher eher männlich besetzt waren. Um einer Arbeitsüberlastung entgegenzusteuern – auch das geht aus diesen Studien hervor – ist es daher notwendig, dass sich Männer gerade in der Kindererziehung oder in der Pflege von Angehörigen verstärkt einbringen.
Im Vergleich zu ihren Großmüttern haben junge Frauen heute wesentlich bessere Gestaltungsmöglichkeiten für eine eigenständige Lebensführung – nicht zuletzt durch eine bessere Ausbildung. Durch ihre oft außerbetriebliche Sozialisation (bäuerlich und nichtbäuerlich) und außerbetrieblichen Tätigkeiten bringen sie Wissen und Erfahrung in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Sei es in der Betreuung eines eigenen Betriebszweiges, in der Ausübung (agrar-)pädagogischer Tätigkeiten oder aber auch bei der Umsetzung einer ausgeglichenen Work-Life-Balance – der eigene Betrieb kann auf vielfältige Art und Weise davon profitieren. Inwieweit sie allerdings diese Kenntnisse entfalten können, hängt von ihrem Umfeld – den familiären, betrieblichen und sozialen Verhältnissen – ab.
Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten von Frauen haben sich erweitert. Um alle sich daraus entwickelnde Chancen auch nutzen zu können, ist eine bestmögliche Unterstützung vonseiten der Verbände, der Politik und der Verwaltung auch zukünftig erforderlich.
Zahlen/Fakten: Stichprobenerhebung – Agrarstatistik 2013
Im Jahr 2013 gab es in Österreich 167.500 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Das ist ein Rückgang von 30 Prozent seit 1995 und eine Fortsetzung des Trends zu größeren Betrieben.
95 Prozent werden von bäuerlichen Familien bewirtschaftet.
Betriebsleiterinnen: 36 Prozent, weibliche Familienarbeitskräfte: 41 Prozent.
Eva Riegler