Schon Albert Einstein habe gewarnt: „Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben; keine Bienen mehr, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen mehr.“ Dass er das tatsächlich gesagt hat, wurde in der Zwischenzeit oft widerlegt. Trotzdem wird es immer wieder gerne als Beleg eines Genies verwendet, um dem sogenannten Bienensterben und seinen Folgen die notwendige Dramatik zu verleihen.
Ähnlich diesem Phänomen gerät jedes Jahr erneut die Landwirtschaft als Feind der Bienen ins Visier, wenn im Frühling Daten zu den überwinterten Bienenstöcken bekannt werden und gleichzeitig Bauern ihre Felder bestellen und Pflanzenschutzmittel anwenden. Da sind die Schuldigen für schwindende Bestände schnell gefunden und politische Parteien wie Umweltorganisationen überschlagen sich in Schreckensmeldungen.
So führt Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober in einer Pressekonferenz vergangene Woche als Auslöser die „Intensivierung der Landwirtschaft, Verbauung von Lebensräumen, Versiegelung von Böden und den Pestizid-Einsatz“ an, ohne andere Gründe zu nennen. Agrarlandesrat und Bauernbund-Landesobmann Max Hiegelsberger kritisiert das: “Rudi Anschober ist sich nicht zu schade und übernimmt unreflektiert sämliche Positionen von Global 2000.” Die Landes-SPÖ verlangt wiederum in einem Antrag an den Landtag ein „Bienen-Monitoring“, das ebenso besonders die Landwirtschaft im Blick hat. Nicht zuletzt die unzähligen Diskussion der vergangenen Jahre zeigen vor allem eines: Mit den geschäftigen Bestäubern lässt sich gut Politik machen. Fachlich oft einseitig beleuchtet wird das Thema als Mittel zum Zweck eingesetzt, um einer Vielzahl unterschiedlichster Interessen zu dienen. Ein Blick auf die Fakten soll das Bienenleben versachlichen:
Wer ist schuld an den Bienenverlusten?
Dass auch im heurigen Frühjahr die Bienenvölker weniger wurden, ist richtig. Johann Gaisberger, Präsident des oberösterreichischen Landesverbands für Bienenzucht geht von mindestens einem Drittel Verluste nach dem Winter aus. Bei 90.000 Bienenvölkern in Oberösterreich sind das also etwa 30.000 Bienenvölker. Die Ursachen dafür sind aber vielschichtig.
Zuerst müsse einmal zwischen den „Winterverlusten“, die jetzt im Frühjahr sichtbar werden und den „Saisonverlusten“, die in der Flugzeit der Bienen auftreten, unterschieden werden, sagt Robert Brodschneider, der für die Uni Graz Erhebungen zu Bienenverlusten durchführt. Die Winterverluste der vergangenen Jahren sind vor allem auf die Varroa-Milbe zurückzuführen. Laut dem Leistungsbericht des Landesverbands für Bienenzucht war die Varroa-Milbe im Winter 2014/15 zu 64,4 Prozent und im Winter 2015/16 zu 90,8 Prozent hauptverantwortlich für die Bienenverluste (siehe auch Grafik).
Mitverantwortlich waren laut Gaisbauer auch Viren, die die Biene schwächten. Auch die Witterungsverhältnisse mit milden Wintern würden die Varroa-Vermehrung begünstigen und deren Bekämpfung schwieriger machen. Im heurigen Winter war die Krankheit „Nosema“ zusätzlich ein Thema, sagt Peter Frühwirth, Bienenexperte der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Diese Darmkrankheit trete in größeren Abständen auf und sei vor allem auf zuviel Winterfutter durch eine honigreiche Waldtracht zurückzuführen. Frühwirth schätzt, dass diese Krankheit zu einem größeren Teil als die Varroa-Milbe zu den Ausfällen beigetragen habe. Genaue Zahlen dazu gibt es derzeit noch nicht.
Im Gegensatz zu den Winterverlusten sind „die Saisonverluste neben etwa bakteriellen Bruterkrankungen auf Pestizidschädigungen zurückzuführen“, sagt Brodschneider: „Die Saisonverluste machen aber viel weniger als die Winterverluste aus.“ Während der Saison komme es außerdem oft nicht zum Absterben des Volkes, sondern zum Verlust der Flugbienen, d.h. dass die Bienen kehren nicht mehr zum Stock zurück.
Werden die Bienenvölker weniger?
Dass die Bienenvölker dramatisch weniger werden, wie vielfach behauptet, kann mit einem Blick in die Statistik versachlicht werden. So hat die Zahl an Völkern von 1990 bis 2006 zwar stetig abgenommen, danach ist aber wieder ein deutlicher Zuwachs zu erkennen (siehe Grafik). Gaisberger sieht im Zuwachs eine positive Auswirkung der umfangreichen medialen Berichterstattung der vergangenen Jahre: „Das Interesse an der Hobbyimkerei ist enorm.“ Alleine im Jahr 2016 habe es 800 Neuzugänge bei den Imkern gegeben. Wenn diese die Imkerei „ernst nehmen“, könne das durchaus positiv für die zukünftige Bienenhaltung in Österreich sein. Mit Aus- und Weiterbildungskursen versuche man, den Imkern die entsprechenden Fähigkeiten mitzugeben.
Um der Bienenproblematik zu begegnen, seien zum einen „biotechnische Maßnahmen“ wie das Ausschneiden der Drohnenbrut in ein Varroa-Behandlungskonzept zu integrieren, sagt Gaisbauer. Zum anderen gelte es, die Biodiversität in der Landwirtschaft zu fördern und „sowenig Pflanzenschutzmittel wie möglich“ einzusetzen.
Was wird für den Bienenschutz gemacht?
Einen „ganzheitlichen Ansatz für den Bienenschutz“ will Agrarlandesrat und Bauernbund-Landesobmann Max Hiegelsberger forcieren – weil „der Schutz der Honig- und Wildbienen sowohl im Interesse des Landes, seiner Bürger und vor allem seiner Landwirtschaft“ liege.
Zahlreiche Maßnahmen wurden dafür bereits in der Vergangenheit umgesetzt: Neben gezielter finanzieller Unterstützung von verschiedenen Initiativen, der Beteiligung an Forschungsprojekten und laufenden Maßnahmen der Landwirtschaftskammer wie etwa einem Warndienst für Krankheiten wurde auch auf die Sensibilisierung der Bevölkerung gesetzt – wie alsoselbst etwas zum Bienenschutz beitragen kann.
Neu eingerichtet wird heuer noch auf Initiative von Hiegelsberger das „Bienenzentrum Oberösterreich“. Dieses hat zum einen eine unabhängige Beratung und Bildung zum Ziel und soll zudem der besseren Vernetzung von Landwirtschaft, Imkerei, Behörden, Gesellschaft und der Pädagogik dienen. Außerdem soll damit neues Wissen zu den Themen Bienen und Biodiversität erschlossen werden.
Nicht zuletzt sind es aber viele Landwirte selbst, die mit ihrer Bewirtschaftungsart und zusätzlichen Maßnahmen wie dem Anpflanzen von Bienenweiden ihren Beitrag zum Bienenschutz leisten. Denn eines ist sicher: „Bienen und Bauern brauchen einander. Sie sind unersetzbare Partner“, so Hiegelsberger.
- Bildquellen -
- Bienen: Agrarfoto.com