Seit Ende Dezember herrscht in den Ackerbauregionen ein ziemlich frostiges Wetter – der Jänner zählt zu den kältesten Monaten der vergangenen Jahrzehnte. In der pannonischen Region fiel die Temperatur bei geringem oder fehlendem Schneeschutz unter -14 °C. Im Alpenvorland, Mühl- und Waldviertel gab es vereinzelt Werte bis -19 °C, hier dürfte der Schnee die Saaten ausreichend isoliert haben. Im Kärntner Becken schneite es erst ab 13. Jänner, damit sind Schäden wahrscheinlicher.
Positive Effekte des Frostes
Eine strenge Kälte bringt für den Ackerbau auch einige Vorteile. Ein tief in den Boden eingedrungener Frost hilft beim Aufbrechen von Verdichtungen. Weiters werden manche Schädlinge durch die Kälte dezimiert. Der Gelbrost, welcher Triticale, Weizen und Dinkel seit 2013 beeinträchtigt, könnte dadurch zurückgedrängt werden. Das vollständige Abfrosten von Ölrettich, Phazelie oder Kresse in den Begrünungen und der krümelige Oberboden erleichtern bei den Frühjahrskulturen die Saatbettbereitung.
Ob die Bestände Schaden nehmen, hängt nicht nur von den tiefsten Temperaturen und der Sortenempfindlichkeit ab. Wesentlich sind überdies die Einwirkdauer des Frostes, das Entwicklungsstadium und der Abhärtungsgrad der Pflanzen. Weiters können sich Bodenfeuchte, Saatgutgesundheit, Ablagetiefe der Körner und die Versorgung mit Nährstoffen positiv oder negativ auswirken. Im Dezember hatte das Getreide genügend Zeit, sich auf die Kälteperiode im Jänner einzustellen. Obwohl die Pflanzen gut adaptiert waren, zeigen sich bei Wintergerste, Winterdurum, Winterhafer und vereinzelt auch bei Weizen entsprechende Symptome. Für eine genaue Schadensbeurteilung ist es noch zu früh. Aktuell erscheinen die Probleme geringer als in den Wintern 2002/03 und 2011/12.
Bestände großteils intakt
Bei Wintergerste ist vielfach das obere Drittel oder die Hälfte der Blattspreiten vergilbt, die Bestockungstriebe sind noch grün. In den schneefreien Sortenprüfungen des Weinviertels präsentierten sich weniger frostfeste Braugersten kaum anders als die Futtergersten. Im Marchfeld ist selbst der Winterhafer noch nicht abgestorben.
Bei Winterdurum und Winterweizen sind Erfrierungen der Blattspitzen zu sehen. Es gibt jedoch kaum zur Gänze graugelbe oder bräunlichgrau verfärbte Pflanzen, die sich am Bestockungsknoten leicht abtrennen lassen und demnach tot sind. Ob die Wurzelspitzen geschädigt sind, ist noch unklar. Bei Temperaturen von -1 bis -3 °C in 30 cm Bodentiefe dürfte dies kaum der Fall sein.
In Ostösterreich besteht die Gefahr von Frosttrocknis. Dazu kommt es, wenn die Pflanzen durch sonniges Wetter und Wind mehr verdunsten, die Wurzeln aus dem gefrorenen Boden aber kein Wasser nachliefern. Ausgangs des Winters können die Saaten zudem durch Wechselfröste und Abreißen der Wurzeln gestresst werden. Eine Auswinterung durch Schneeschimmel und Typhulafäule dürfte heuer wenig bedeutsam sein.
Bodenwürfel ausstechen
Für eine sichere Diagnose muss es wärmer werden und das Wachstum einsetzen. Um rascher Klarheit über die Lebensfähigkeit der Pflanzen zu erhalten, kann man mehrere 20 x 20 cm große Bodenwürfel anfeuchten und in einen mit 10 bis 15 °C temperierten Raum stellen. Vitale Pflanzen müssten innerhalb von sieben bis zehn Tagen neue, weißliche Wurzeln bilden.
Damit sich frostgeschädigte Pflanzen regenerieren können, ist ein mildes und feuchtes Wetter vorteilhaft. Ein frühzeitiges Einsetzen der Vegetation wäre heuer besonders positiv. Denn viele Getreidebestände sind wegen der kühlen Witterung im Oktober und November ungenügend entwickelt. Im November gesäte Weizen und Dinkel sind nicht durchgängig aufgelaufen. Geschwächte oder ausgedünnte Bestände profitieren von einer zeitigen Startgabe mit nitrathaltigen Stickstoffdüngern. Hochgefrorene Saaten müssen angewalzt werden.
Michael Oberforster, AGES Wien