Bei der Holzbringung von Laubbäumen am Hang kommt es immer wieder vor, dass der Baum beim Fällen, Absägen oder Wenden abrutscht oder abrollt. (Bild B). Wenn der gefällte Baum in der Fällschneise zudem auf ein Hindernis stößt (z. B. Kuppe, Blocküberlagerung usw.), dann besteht außerdem die Gefahr, dass der Baum am Stammfuß hoch oder zur Seite springt. Diese gefährlichen Situationen führen häufig zu schweren Unfällen. Durch eine genaue Beurteilung des Baumes und der Fällschneise lassen sich eventuelle Gefahren erkennen und ausschalten.
Fällrichtung bestimmen
Suchen Sie den zu fällenden Baum auf und legen Sie Ihr Werkzeug rechtwinklig zur groben Fällrichtung parallel zum Hang ab. Stellen Sie als Nächstes fest, welche Einflüsse bei der Fällung eine Rolle spielen.
Wichtig sind dabei:
• die Baumhöhe (Gefahrenbereich, Aufschlagpunkt),
• die Baumkrone (Gewichtsverteilung, Zwiesel),
• der Stammverlauf (Schwerpunkt außerhalb des Stammfußes),
• der Stammdurchmesser (gibt Aufschluss über die Fälltechnik, Motorsägenschienenlänge),
• die Äste (dürre Äste, die in der Krone hängen, können herunterfallen),
• die Nachbarbäume und die Umgebung (Fällschneise),
• genug Platz, damit der Baum gefahrlos fallen kann (zu beachten ist, ob der zu fällende Baum einen anderen Baum mitreißen könnte oder ob er in einem anderen Baum hängen bleiben könnte),
• der Gesundheitszustand (gibt es Hinweise auf Fäll- bzw. Rückeschäden, Spechtlöcher oder Faulstellen?).
Die genaue Fällrichtung sollte unter Beachtung dieser Punkte bestimmt werden. Im Laubholz sollte die Fällrichtung in der Regel immer hangabwärts in Richtung Rückegasse sein.
Wie diese Arbeitsschritte in der Praxis anzuwenden sind, sei nun anhand eines Beispiels erläutert, bei dem die Baumbeurteilung folgendes ergibt:
• Der Baum zeigt einen geraden Stammverlauf, allerdings ist die Krone einseitig ausgeformt.
• Der Baum hängt in Fällrichtung nach vorne aus der Senkrechten heraus.
• Weiters ist in der Fällschneise eine Hangkante feststellbar, der Hang verläuft in Fällrichtung gesehen schräg nach rechts abwärts.
Haltebandtechnik
Fällt man nun diesen Baum hangabwärts, dann könnte er vorzeitig ins Fallen kommen; noch bevor die Bruchleiste sauber ausgeformt ist, könnte der Baum plötzlich aufreißen, und während der laufenden Arbeit schon fallen.
Deshalb ist es in diesem Fall wichtig, den Baum mit der Haltebandtechnik zu fällen. Bild A) zeigt die Schnittfolge im Querschnitt.
Bei der Beurteilung der Fällschneise sind weiters die Hangkante und der Hangverlauf zu berücksichtigen. Aufgrund der Kante könnte der Baum hochschlagen, die Krone könnte abbrechen oder der Baum als ganzer abrutschen. Durch das Hanggefälle nach rechts könnte der Baum auf die rechte Seite ausschlagen. Wenn die Gefahr besteht, dass der Stamm bis auf eine Rückegasse bzw. einen Weg rutscht (Bild C), so sind diese abzusperren, auch wenn Sie mehr als die doppelte Baumlänge entfernt sind. Damit sich die Forstarbeiter am Hang schnell und trittsicher bewegen können, ist es sinnvoll, Schnittschutzschuhe zu tragen, die für schwieriges Gelände geeignet sind. Diese haben in der Regel eine stark profilierte Sohle mit Gehhilfen und sind für Steigeisen geeignet (Bild D zeigt einen Schuh an dem als Gehhilfe für hängiges Gelände ein Klappgriff der Fa. Pfanner montiert ist).
Arbeitsplatz freiräumen – wichtig für die Arbeitssicherheit ist es, den Arbeitsplatz und die Rückweiche so freizuräumen, dass ein stolperfreies Arbeiten gewährleistet ist. Im Beispielsfall wird die Rückweiche situationsbedingt schrägseitlich nach rechts oder rechtwinklig zur Fällrichtung parallel zum Hang angelegt. Die Rückweiche soll bis über die Kronenprojektion hinaus reichen – und bei Laubholz etwa sechs bis zehn Meter lang sein (bei Nadelholz vier bis sechs Meter). Um sich den Rückweicheplatz genau einzuprägen, ist es nach dem Räumen der Rückweiche sinnvoll, diese nochmals abzugehen.
Stamm säubern – vor Beginn der eigentlichen Fällarbeit ist zu empfehlen, den Stamm von Schmutz zu säubern, damit die Schärfe der Kette erhalten bleibt. Stamm beisägen – nun wird mittels einer Schiene die Fällrichtung anvisiert. Vorhandene Wurzelanläufe sollten in Fällrichtung stammeben beigesägt werden; dies ist besonders wichtig, um die Anlage des Fallkerbs zu vereinfachen. Die Stockhöhe ist durch die Oberseite des Hanges bestimmt. Bei starkem Gefälle müssen das Beisägen der Wurzelanläufe und der Fällschnitt häufig in Hüfthöhe ausgeführt werden.
Fallkerb anlegen – jetzt können Fällrichtung und Fallkerbtiefe mittels Meterstab genau festgelegt und angezeichnet werden. Die Fallkerbgröße sollte ein Viertel bis ein Drittel des Stammdurchmessers betragen. Nun ist der Fallkerbsohlenschnitt bis zur Markierung durchzuführen. Als Nächstes kommt der Fallkerbdachschnitt; mit Hilfe von Markierstöcken in der Sohle ist der Schnitt in einem Winkel von 60 ° herauszusägen. Der Dachschnitt sollte bereits etwas oberhalb der Markierstöcke enden, sodann kann der Fallkerb mit einer Spaltaxt herausgeschlagen werden. Dadurch wird der genaue Faserverlauf sichtbar. Ist dieser schräg, dann muss der Fallkerb nachgesägt werden, damit kommt man tiefer in die Stammwalze hinein und kann die Fallkerbsehne sauber ausformen. Nach der Anlage des Fallkerbs ist die Fällrichtung nochmals zu kontrollieren und gegebenenfalls zu korrigieren.
Bruchleiste und Fällschnitt – jetzt sind Bruchleiste und Fällschnitt anzuzeichnen (jeweils mit einem Zehntel des Stammdurchmessers). Vor Beginn des Fällschnittes erfolgen der erste Achtungsruf und ein Rundumblick. Der Fällschnitt wird im Abstand von einem Zehntel des Durchmessers über der Fallkerbsohle geführt. Je nach Baumstärke und Schwertlänge muss der Fällschnitt auf ein- bzw. zweimal gemacht werden. Wenn der Fällschnitt auf zweimal geführt werden muss, beginnt man damit am besten auf der rechten Seite mit einem Stechschnitt und formt Bruchleiste und Halteband aus. Dann wechselt man auf die linke Seite und macht die zweite Hälfte des Fällschnitts mit einlaufender Kette fertig; dabei sind auch Bruchleiste und Halteband auszuformen (Bildserie E). Sollten sich die zwei Schnitte nicht auf gleicher Ebene treffen, so ist dies nur ein Schönheitsfehler. Wichtig ist aber, dass sich die zwei Schnitte überlappen. Das Halteband sollte entgegen der Fällrichtung in ausreichender Stärke stehen gelassen werden. Nach fertig geführtem Fällschnitt und ausgeformtem Halteband darf der Forstarbeiter nicht mehr die Seite wechseln. Bei langem Schwert kann der Fällschnitt in einem Schritt ausgeführt werden (Bild F). Solange der Baum noch sicher steht, folgt der zweite Achtungsruf mit Rundumblick. Nach erfolgter Kontrolle kann das Halteband durchtrennt werden. Hierbei ist mit ausgestreckten Armen und einlaufender Kette schräg von oben zu arbeiten. Sobald sich der Baum in Fällrichtung neigt, geht der Forstarbeiter sofort auf der Rückweiche zurück bis zum Rückweicheplatz – dieser muss, wie oben gesagt, außerhalb der Kronenprojektion liegen. Gleichzeitig passiert das, was bei der Baumbeurteilung schon einkalkuliert wurde – der Baum schlägt nach oben und zur rechten Seite hin aus (Bildreihe G). Der Forstarbeiter bleibt nun solange auf dem Rückweicheplatz stehen, bis in der Fällschneise alle Kronen ausgeschwungen haben. Bevor man die Arbeit fortsetzt, ist es immer sinnvoll, die Fällschneise auf abgebrochene oder hängen gebliebene Äste abzusuchen.
Aufarbeitung – bei der Aufarbeitung und beim Rücken am Hang sollte man nie untereinander arbeiten, damit die Arbeitskräfte nicht durch abrollende oder abrutschenden Stammteile oder von Steinen getroffen werden können. Wenn der Baum nicht in Falllinie des Hanges gefällt wurde und die Gefahr besteht, dass der Stamm während der Entastung abrollt, dann sollte man immer von der Bergseite aus entasten. Laubholz wird in der Regel hangabwärts gefällt. In Fällen wo man nach oben fällen muss, sollte dies immer mit Seilwindenunterstützung erfolgen. Beim Abtrennen der Stämme am Hang ist weiters zu beachten, dass man immer von der “sicheren” Seite aus arbeitet, im Allgemeinen also von der Bergseite aus. Der Kasten oben auf dieser Seite zeigt die Vorgangsweise. Wenn das Laubholz in unbelaubtem Zustand gefällt wird, ermöglicht dies eine bessere Baumbeurteilung und lässt Gefahren besser erkennbar werden.
Die gefährliche Seite Meiden: Sicher Abtrennen in drei Schnitten
Vor dem Abtrennen eines gefällten Baumes ist es wichtig, auf die “sichere” Seite zu wechseln. Keinesfalls sollte man auf der “gefährlichen” Seite (Hangunterseite/Talseite) stehen, wenn der Stamm, sobald er abgesägt wird, abrollen könnte. Außerdem kann eine über die Hangkante hängende Krone beim Trennschnitt nach oben schlagen und dabei auf den Weg abrutschen, den man nicht einsehen kann.
Für ein sicheres Abtrennen ist wie folgt vorzugehen (siehe auch Bildserie):
• Zunächst wird auf der Hangunterseite (gefährliche Seite) mit einlaufender Kette ein Schmälerungsschnitt geführt.
• Jetzt wechselt man den Standplatz auf die obere Seite des Hanges (sichere Seite) und führt den zweiten Schnitt mit einlaufender Kette als Schmälerungsschnitt auf der Druckseite aus.
• Der dritte Schnitt wird von der Zugseite her mit ausgestreckten Armen bei einlaufender Kette als Trennschnitt geführt. Bei diesem Trennschnitt geht es dann ganz schnell, sodass ein Wegkommen auf der Hangunterseite unmöglich wäre. Wichtig ist, dass die drei Schnitte auch aufeinandertreffen. Bei der Fällung und Aufarbeitung ist es wichtig, dass man jede Situation immer wieder auf das Neue beurteilt.
Ralf Grießer, Ravensburg